Die Schweizer Wirtschaft hat in den vergangenen eineinhalb Jahren eine schwere Prüfung hinter sich. Sie ist gerade dabei, sich zu erholen und wieder Tritt zu fassen. Man könnte meinen, die 99%-Initiative der Juso kommt wie gerufen…
Die Konjunkturindikatoren kündigen gottseidank in den nächsten Monaten eine substantielle Erholung an. Dabei hat der Bund in einem noch nie dagewesenen Ausmass bis dato rund 40 Milliarden Franken zur Milderung der Folgen der Pandemie ausgegeben. Diese Ausgaben sind grösstenteils Staatsschulden und müssen wieder abgetragen werden. Aber wie?
Man könnte meinen, die 99%-Initiative der Juso, welche nach den Sommerferien am 26. September 2021 zur Abstimmung gelangt, kommt wie gerufen und gibt auf viele schwierige Fragen eine einfache Antwort: Eine neue Steuer auf Erträge und Wertsteigerungen von Vermögen. Gemäss den Initianten wird dank eines Schwellenwertes damit nur das reichste Prozent der Bevölkerung höher besteuert. Doch aufgepasst, die Konsequenzen der Annahme der Initiative greifen viel weiter als ins Portemonnaie der Superreichen. Betroffen wären auch KMU, Start-ups, Kleinanleger und Wohneigentümer. Kurz gesagt: der Mittelstand.
Hauptbetroffen von der Steuererhöhung sind jedoch die KMU und Familienbetriebe. Die Initiative erschwert die Nachfolgeregelungen, schwächt die Entwicklungs- und Innovationsfähigkeit, senkt die finanzielle Widerstandskraft und zerstört den attraktiven Standort für Start-ups. Kurzum: der Wirtschaftsstandort Schweiz würde durch eine Annahme der Initiative massiv Schaden nehmen.
Gerade nach eineinhalb Jahren Pandemie braucht die Schweizer Wirtschaft zu aller Letzt eine höhere steuerliche Gesamtbelastung. Dem Initiativkomitee kann wenigstens zu Gute gehalten werden, dass, als das Volksbegehren 2019 eingereicht wurde, Corona noch ein Getränk war. Die Initiative ist aber vor allem eines: klassenkämpferische Polemik.
Marc Widler ist Geschäftsführer des Thurgauer Gewerbeverbandes.
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