Im Deutschunterricht haben wir vor geraumer Zeit die Klassik-Epoche der deutschen Literatur behandelt. Es gibt dort einen besonderen Begriff, der essentiell für diese Epoche ist; der klassische Konflikt.
Hierbei geht es um den Zwiespalt zwischen Herz und Kopf. Dieses Gefühl, wenn man sich nicht entscheiden kann. Wenn das logische Denken gegen das Verlangen kämpft.
Es ist mir im Alltag begegnet in einer Situation, in der ich es nicht erwartet habe. Wie jeder Teenager verbringe ich sehr gerne Zeit mit meinen Freunden und mein engster Freundeskreis fühlt sich an wie Familie. Eine meiner besten Freundinnen, nennen wir sie hier einfach einmal Laura, hat bereits seit über einem Jahr einen Freund – und die zwei passen gut zusammen.
Das einzige, was nicht zusammenpasst, ist meine Einstellung zu ihm. So sehr ich sie auch mag, kann ich ihren Freund nicht ausstehen. Ich mag es nicht, wie er mit ihr spricht oder er es sich erlaubt frech zu ihr oder uns – ihren Freunden – zu sein, bis sie sich für ihn schämt und sich bei uns entschuldigen muss.
Ich mag es nicht, wenn er sich aufführt wie ein kleines Kind und so unselbstständig wie eine Banane. Er hat selbst nicht so viele Freunde, also verbringt er sehr viel Zeit mit uns. Dagegen habe ich per se nichts einzuwenden. Ich will schliesslich, dass sie glücklich ist.
Nur hat er sich kürzlich dazu geäussert, dass es ihn stört, dass sie so viel Zeit mit uns verbringt und sie zu wenig Zeit zu zweit haben. Wohlbemerkt, klebt er fast die ganze Woche an ihr, wenn sie nicht gerade in der Schule ist – aber das ist nur meine Sicht.
Nun zu meinem klassischen Konflikt: Bin ich die gute Freundin und spreche sie darauf an, ob sie merkt, wie er sie von uns wegzerrt und versucht, sie für sich allein zu behalten, laufe aber Gefahr, dass sie vor Liebe es nicht sieht und sich gegen mich stellt oder halte ich mich aus ihrer Beziehung heraus?
Natürlich geht mich ihre Beziehung nichts an, doch ich will sie nicht an ihn verlieren. Es ist schon Monate her, seit wir etwas ohne ihren Freund gemacht haben und ich vermisse es.
Für was entscheide ich mich? Für mein Herz, das mir sagt, dass ich sie verlieren werde, wenn ich es ihr nicht klar mache oder für meinen Kopf, der mir sagt, dass es nicht mein Problem sein sollte, auch wenn es wehtut, wenn ich sie deswegen verliere?
Lea Müller (*2001) aus dem Kanton Thurgau ist Studentin in Fribourg. Sie interessiert sich für Sport und schreibt seit ihrem 12. Lebensjahr Geschichten.
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