logo

Fachbeitrag

Kompetenz versus Fähigkeit: Jobprofile für die Arbeitswelt von morgen

Um trotz Fachkräftemangel offene Stellen mit geeigneten Kandidaten zu besetzen, engagieren Unternehmen gezielt Personalberater oder betreiben Active Sourcing.

Nicole Schmidt am 21. Juni 2023

Den Bewerbern bieten sie mobiles Arbeiten, Sabbaticals und eine attraktive Weiterbildung, damit sie im derzeitigen Arbeitnehmermarkt überzeugen. Mitunter scheitern Unternehmen jedoch an ihren überzogenen Erwartungen und Anforderungen. Führungskräfte diktieren der Personalabteilung lange Listen und skizzieren damit einen Idealkandidaten, die berühmte „Eier legende Wollmilchsau“. Kennen selbstbewusste Bewerber ihren Marktwert, scrollen sie bei solchen Stellenanzeigen häufig weiter. Sie vermissen den Dialog auf Augenhöhe.

Legt der potenzielle Arbeitgeber seinen Fokus stärker auf Kompetenzen als Fähigkeiten, erreicht er damit die gesuchten Fachkräfte möglicherweise besser. Wie das beliebte Zitat „hire for attitude, train for skills“ knackig zusammenfasst, ist es wenig hilfreich, zu starr auf spezifische Fähigkeiten zu setzen. Das zukunftsorientierte Kompetenzmanagement stellt das Verhalten sowie Technikverständnis und Führungskompetenz in den Mittelpunkt.

Was bedeutet das im Klartext? Wer technikaffin ist und eine gute Auffassungsgabe hat, findet sich schnell in neue Softwarelösungen ein. Ein solcher Mitarbeiter kann sich für das Team als wertvoller erweisen als ein technisch unbegabter Kollege, der eine Software beherrscht, aber ihre Anwendung mühevoll erlernt hat.

Können Soft Skills die Branchenerfahrung ersetzen?

Wer empathisch und kundenorientiert tickt, findet sich schnell in eine neue Branche ein. Umgekehrt nützt die beste Branchenerfahrung wenig, wenn der Bewerber kein glückliches Händchen im Umgang mit Menschen hat. Das Beispiel zeigt die Bedeutung von Soft Skills, also der Verhaltenskompetenz.

Im Schweizer Arbeitsmarkt zeigt sich ein Mangel an Kandidaten mit den in Inseraten geforderten Fähigkeiten wie Sozialkompetenz, Engagement und Gewissenhaftigkeit. Dies ergab eine Analyse der Vakanzdauer von Stelleninseraten der BSS Volkswirtschaftliche Beratung AG und KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich aus dem Jahr 2023.

Auch Führungserfahrung wird häufig im Recruiting als Muss-Kriterium definiert, um eine Führungsposition zu besetzen. Wer von seiner Persönlichkeit her andere leicht motiviert und mitreisst und sich zugleich einfühlsam gegenüber introvertierten Kollegen verhält, mag trotzdem die Idealbesetzung sein, um ein Team zu führen. Wichtige Managementkenntnisse kann derjenige immer noch in einem Seminar für Führungskräfte erwerben. Der auf Fähigkeiten basierende Ansatz klassischer Jobprofile lässt selten Platz für solche Quereinsteiger. Deshalb werden diese hoch motivierten Kandidaten oft zu wenig beachtet.

Die kompetenzbasierte Stellenausschreibung hat aber nicht nur Vorteile. Weniger erfahrene Kandidaten prüfen ihre Eignung lieber anhand von Fähigkeiten und finden sich möglicherweise in der Kompetenzbeschreibung nicht ausreichend wieder. Sie fürchten allenfalls, ihre Kompetenz nicht klar genug im Vorstellungsgespräch kommunizieren zu können. Um zum Beispiel die Fähigkeit zur Problemlösung unter Beweis zu stellen, braucht es eine konkrete Geschichte. Besser noch sind Zahlen, die den daraus resultierenden Erfolg dokumentieren. Betriebsgeheimnisse des derzeitigen Arbeitgebers möchte und darf der Kandidat nicht ausplaudern. Das erschwert es im Einzelfall, anschauliche Beispiele zu präsentieren. Speziell bei Nachwuchskräften bieten sich daher Assessment-Center oder Probearbeitstage an.

Das Beste aus zwei Welten: das integrierte Job- und Kompetenzprofil

Bei einer klassischen Anzeige besteht die Gefahr, dass Führungskräfte gezielt nach Kandidaten suchen, die ihnen selbst oder dem derzeitigen Team ähneln. Das kann Innovationen erschweren, die besonders von Diversität in den Teams befruchtet wird. Wer statt der gewünschten Fähigkeit andere Kernkompetenzen einbringt, kann das Team bereichern und voranbringen. In der Konsequenz ist es eine gute Lösung, die Schnittmenge aus dem klassischen Jobprofil und dem heute oft gängigen Kompetenzprofil zu bestimmen. Gelingt dies, lassen sich die Erwartungen unterschiedlicher Typen von Kandidaten sowie des Unternehmens besser zusammenbringen.

Bei dem Fokus auf Fähigkeiten darf auch nicht vergessen werden, wie wichtig es ist, dass der Bewerber in das Unternehmen passt. Beim Cultural Fit spielen die Inhalte des Unternehmensleitbildes sowie die Werte und die Unternehmenskultur eine entscheidende Rolle.

Flexible Generalisten für die VUCA-Welt?

Generalisten sowie flexible und wissbegierige Menschen gelten oft als die Idealbesetzung für die dynamische Arbeitswelt von heute. Das Wissen von gestern kann in der schnelllebigen VUCA-Welt schon morgen nichts mehr wert sein. Im Vorstellungsgespräch sind Unternehmen gefordert, die richtigen Fragen zu stellen und anhand der Antworten die Persönlichkeitsmerkmale sinnvoll zu prüfen. Es gilt beispielsweise herauszufinden, ob für den Bewerber das lebenslange Lernen lediglich ein aufgeschnapptes Schlagwort oder gelebte Überzeugung ist. Nur zu fragen, ob der Bewerber gerne Neues lernt, reicht nicht aus. Besser wäre eine Frage wie: „Was haben Sie zuletzt für Ihren Beruf gelernt und wie haben Sie das Wissen erfolgreich angewendet?“ Mit einem konkreten Beispiel lässt sich leichter einordnen, ob eine Floskel oder echte Kompetenz dahintersteckt.

Gerne sprechen wir mit Ihnen über Kompetenzprofile und finden geeignete Kandidaten für Ihr Unternehmen. Dazu können auch motivierte Quereinsteiger zählen, die mit den passenden Skills und einem „training-on-the-job“ zur Idealbesetzung werden. Wir wissen, worauf es ankommt, um die Anforderungen einer Stelle und das Kompetenzprofil in Einklang zu bringen. Trotz Fachkräftemangel ist weiter eine hohe Qualität des Matchings möglich. Dabei zählen die kluge Kombination aus Fähigkeiten und Kompetenz.

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Nicole Schmidt

Nicole Schmidt ist Konsulentin bei Nellen & Partner in Zürich.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.