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Einige Gedanken zu unserem Business

Medien machen wie Pippi Langstrumpf? Weshalb wir auf Kurs sind, wenn wir täglich Kritik ernten

«Ich mach' mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt …» Der Ansatz von Pippi Langstrumpf ist herrlich. Wir wären glücklicher. Leider besteht unser Alltag aber aus sehr vielen weiteren Faktoren. Wer sich eine Pippi-Publikation wünscht, muss selbst zum Verleger werden.

Marcel Baumgartner am 23. Mai 2024

Die Aussage, dass man es nie allen recht machen kann, gilt in besonderem Masse für die Medienbranche.

Als «Die Ostschweiz» vor sechs Jahren startete, führten wir das Modell der «Gastautoren» ein. Insbesondere Politikerinnen und Politiker nutzten die neue Plattform gerne – zumindest bis zu einem gewissen Zeitpunkt.

Als die Linken bemerkten, dass in diesem Umfeld auch die Rechten willkommen sind, zogen sie sich zurück. Sie wollte offenbar lieber innerhalb der eigenen Blase verweilen.

Später kam dann Corona. Und wir berichteten sehr kritisch über die vom Bund verordneten Massnahmen. In einer Zeit, in der alle im Unwissen trieben, war das tatsächlich keine einfache Position. Die eine Seite liebte uns dafür, die andere drehte uns verärgert den Rücken zu.

Ständerat Benedikt Würth sagte in einem Interview vor rund einem Jahr, dass es mit dem Wissen von heute sehr einfach sei, die Politik der Vergangenheit zu beurteilen. Er hat recht. «Die Ostschweiz» wählte damals die Aussenseiterposition. Und womöglich hat sie den Argumenten der Gegenseite zu wenig Raum geschenkt. Das darf und soll man kritisieren.

Was aber geschah: «Die Ostschweiz» erhielt einen Stempel aufgedrückt. Während die einen vom Verschwörungsportal sprachen, sahen die anderen in unserer Publikation die Oase in der Welt der Fake News.

Beide Extreme trafen und treffen nicht zu.

«Die Ostschweiz» ist nun sechsjährig. Ein junges Pflänzchen, das schon sehr vieles durchgemacht hat. Und es lernt konstant dazu.

«Salz & Pfeffer» ist es, das wir unseren Leserinnen und Lesern künftig noch vermehrt bieten möchten. Wir wollen eine Alternative zum Monopol darstellen. Durchaus keine einfache Aufgabe. Aber eine, der wir uns gerne annehmen und die uns reizt.

Das kann aber nicht bedeuten, dass wir letztlich täglich «Ihren» Geschmack treffen.

Als Beispiel möchte ich hier den Austausch mit einem Clubmitglied erwähnen, der mich letztlich auch zu diesem Kommentar veranlasst hat.

Vorweg: Als Clubmitglied unterstützt man die Weiterentwicklung von «Die Ostschweiz». Man ist damit ein wesentlicher Teil, der dazu beiträgt, dass wir mehr Medienvielfalt in die Region bringen. Das Wort «Vielfalt» ist in diesem Zusammenhang nicht ganz unwesentlich.

Besagtes Mitglied (damals war es noch keines) wurde in unserer Publikation vor geraumer Zeit als Person mit ihrem Wirken sehr lobend erwähnt. Der Artikel führte dann auch zu Kritik von «anderer» Seite.

Es verstrichen die Tage und Wochen. Wir publizierten und kommentierten. Und irgendwann waren wir so fies, darüber zu berichten, dass die «Weltwoche» Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid angreift. Wir waren sogar so gemein, Schmid noch die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben, welche er in kurzen Worten ablieferte – und die wir auch publizierten.

Dieser Artikel führte beim gelobten Clubmitglied offensichtlich zu einem Schweissausbruch und in der Folge dazu, die Unterstützung zu kündigen. Die Begründung: «Die Ostschweiz sei journalistisch weder kritisch noch unabhängig oder gar frei.» Die Rückfrage, ob es zu diesem Vorwurf noch weitere Beispiele gäbe, blieb unbeantwortet.

Die Kommentarspalten aller Medien sind voll mit Vorwürfen und Kritik. «Die Ostschweiz» ist da zu links, zu rechts, zu verschwörerisch, zu staatsnah, zu dramatisch, zu soft usw. …

Kritische Stimmen sind erwünscht. Wir nehmen sie ernst. Wir hinterfragen uns. Wir möchten uns mit ihren Inputs weiterentwickeln.

Wer allerdings eine Publikation wünscht, die täglich nur das berichtet, das zu 100 Prozent seine Ansichten widerspiegelt, der muss notgedrungen selbst zum Verleger und Verkünder in der eigenen Blase werden. Denn ganz ehrlich: Wenn wir morgen einen Kommentar von einem Koch publizieren, der die Meinung vertritt, dass Riz Casimir das höchste aller Gefühle ist, hören wir schon die eine oder andere Retourkutsche antraben.

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Co-Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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