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Impfdebatte innerhalb einer Familie

«Meine Töchter hatten keine Wahl»

Impfbefürworter und Impfgegner sind sich bekanntlich uneinig. Was aber passiert, wenn man sich innerhalb einer Familie nicht einig ist? Das Beispiel einer Familie aus St. Gallen.

Nadine Linder am 14. Oktober 2021

Die Ehefrau von Daniel Wegmüller* ist geimpft. Er selber nicht. Ebenso wie seine älteste Tochter, die beiden jüngeren haben sich für die Impfung entschieden, wenn auch nicht wirklich freiwillig, wie er unserer Redaktorin Nadine Linder im Interview erzählt.

Wie gross ist das Thema «Corona» in Ihrer Familie in den letzten 1,5 Jahren?

Das Thema ist allgegenwärtig! Sowohl in Diskussionen mit Menschen als auch, was in den Medien geschrieben wird. Ich lese mehrere Zeitungen. Ich war oft nahe dran, alle Abos zu kündigen.

In welchen Punkten kam es zu den meisten Diskussionen?

Wir diskutieren in der Familie oft über die neuen Massnahmen des Kantons oder des Bundes und wie es uns im täglichen Leben betrifft.

Wie sieht die Impfsituation innerhalb ihrer Familie aus? Wer ist geimpft und wer nicht?

Zwei meiner insgesamt drei Töchter (19 und 21 Jahre) sind geimpft. Meine Frau (51) ist ebenfalls geimpft. Meine älteste Tochter (23) und ich (58) sind nicht geimpft.

Wie lange und wie oft kommt es dabei unter einem Dach zu Diskussionen?

Wir sind eine liberale Familie und lassen andere Meinungen zu. Wir diskutieren kontrovers. Im letzten Jahr gab es auch noch unterschiedliche Meinungen, was für Massnahmen ergriffen werden sollten oder nicht. Heute sind wir uns aber alle einig: Was jetzt verordnet und diktiert wird von den Behörden, geht zu weit.

Welche Konflikte entstehen dadurch für ihre ganze Familie?

Die Konflikte entstehen weniger in der Familie, sondern betreffen das Leben ausserhalb, und das wird diskutiert: Was gibt es für neue Vorschriften diese Woche? Wo bin ich eingeschränkt? Wie viele Freunde darf ich treffen? Brauche ich einen Test für diesen Anlass? Wir in der Familie sind gegen harte Massnahmen, wie sie aktuell in unserem Land herrschen.

Sind Teile in ihrer Familie klare Impfbefürworter und Impfgegner oder einfach auf jeder Seite ein bisschen unsicher?

Wir sind eher Impfgegner. Wir sind der Auffassung, dass es ein persönlicher Entscheid von jedem Menschen sein soll. Aber für die jungen Erwachsenen in unserer Familie war der Entscheid, impfen oder Studium abbrechen sehr schwer zu verstehen und nicht nachvollziehbar. Meine Töchter standen diesem Entscheid ohnmächtig und machtlos gegenüber. Es gibt Hochschulen, die für ihre Studenten Gratistests abgeben, andere aber nicht. So hatten zwei Töchter keine wirkliche Wahl.

Dieser Druck vom Staat fördert das Misstrauen von jungen Menschen gegenüber Politikern und staatlichen Institutionen erheblich. Dieses Misstrauen wird lange anhalten und früher oder später Spuren hinterlassen in der Beziehung zwischen Bürgern und Staat.

Sie selber sind nicht geimpft, was war für Sie schlussendlich der ausschlaggebende Punkt, sich dafür zu entscheiden?

Ich bin gegen sämtliche Kinderkrankheiten geimpft. Impfungen haben sehr viel Gutes bewirkt in der Gesellschaft und verhindern sehr viele Krankheiten. Aber ich traue dem MRA-Impfstoff nicht. Die langfristigen Auswirkungen sind ebenfalls nicht bekannt. Zudem ist die Sterberate gering und betrifft vorwiegend ältere und vorerkrankte Menschen. Dass diese Bevölkerungsgruppen geschützt werden, ist auch klar für mich.

Es gibt noch einen anderen Punkt: In unserer Gesellschaft haben wir eine sehr ungesunde und nicht körpergerechte Lebensweise. Zum Beispiel sterben zwischen 80 bis 90% der Menschen in der Schweiz an nicht übertragbaren Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Alzheimer, etc. Die meisten dieser Krankheiten entstehen durch Fehlernährung und zu wenig Bewegung. So entstehen Entzündungen im Körper, welche das Immunsystem immer mehr schwächen und in einer nicht übertragbaren Krankheit ausufern können, die früher oder später tödlich endet. Die WHO empfiehlt 150 bis 300 Minuten mässig intensiven Sport pro Woche zu absolvieren. Zusätzlich 75 bis 150 Minuten hochintensiven Sport zu betreiben. Zudem ist nachweislich eine mediterrane Ernährung mit viel Salat, Gemüse und guten Fetten vorteilhaft für einen gesunden Körper.

Ich bin überzeugt und es ist wissenschaftlich erwiesen, dass gesunde Ernährung und genügend Sport das Immunsystem stärken, beziehungsweise die Entzündungen in Schach halten. So sind wir auch besser geschützt gegen Corona. Zum Beispiel das Buch «deFlameYou!» von Dr. Paolo Colombani kann ich sehr empfehlen. Er ist Wissenschaftler und Dozent an der ETH. Ein rein auf wissenschaftlichen Fakten geschriebenes Buch zum Thema Endzündungen und die Auswirkungen im Körper.

Ich bin zutiefst überzeugt und ich lebe danach: Zu einem grossen Teil haben wir es selber in der Hand, wie anfällig wir auf Krankheiten im allgemeinen und Corona im speziellen sind. Aber oft ist die Medizin auch sehr hilfreich und notwendig. Nur in dieser Corona Zeit basiert so viel auf Angst und Druck und einseitige Massnahmen. Das kann ich nicht befürworten.

Was bedeutet dies für Sie und Ihre Frau? Gehen sie nun alleine zwischendurch ins Restaurant oder in die Ferien?

In den Ferien gehen wir immer gemeinsam. Aber unsere Lebensweise kommt uns hier zugute. Wir wandern oft kreuz und quer durch die Schweiz und schlafen meistens im Zelt. Was kümmern uns da Massnahmen und Corona?

Macht es Ihnen Angst, wenn Ihre Familienmitglieder sich impfen lassen?

Für mich persönlich ist es kein Problem. Es muss jeder selbst für sich entscheiden was richtig ist. Am meisten betroffen hat mich, dass meine Töchter teilweise keine Wahl hatten. Das hat mich sehr bewegt und zeitweise auch wütend gemacht. Wir alle haben Freunde oder Bekannte die geimpft oder ungeimpft sind. Viel haben eine offene Haltung zum Thema. Aber es gibt auch einige Menschen, die sich in der Impffrage radikalisiert haben. Auf beiden Seiten: Geimpfte und Ungeimpfte Menschen. Da halten wir uns in der Diskussion dann zurück.

*Name geändert und der Redaktion bekannt.

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Autor/in
Nadine Linder

Nadine Linder war Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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