Der 75-jährige Zürcher Schriftsteller Martin Suter hat kürzlich seinen zwölften Roman veröffentlicht. In «Melody» verarbeitet ein Alt-Nationalrat eine gescheiterte Jugendliebe. Es geht aber auch und Schein und Sein, Wahrheit und Moral.
Klappentext
In einer Villa am Zürichberg wohnt Alt-Nationalrat Dr. Stotz, umgeben von Porträts einer jungen Frau. Melody war einst seine Verlobte, doch kurz vor der Hochzeit - vor über 40 Jahren - ist sie verschwunden. Bis heute kommt Stotz nicht darüber hinweg. Für die Ordnung des Nachlasses stellt der alte Herr einen Studenten ein, der diesen Job dringend braucht. Nach und nach stellt sich Tom die Frage, ob Dr. Stotz wirklich ist, wer er vorgibt zu sein.
Stimmen zum Buch
Auf der Suche nach der Wahrheit befindet sich Tom, der Protagonist in Martin Suters neuem Roman, meint Rezensent Gerhard Matzig. Tom stolpert etwas perspektivlos durchs Leben, bis er das Angebot erhält, so Matzig, Nachlassverwalter eines reichen Schweizers zu werden, der der Nachwelt vor allem ein bestimmtes Bild von sich vermitteln will. Ob das, sein Leben, seine Erfolge, seine Beziehung zur mysteriösen Marrokanerin Melody, wahr ist oder nicht und was Wahrheit überhaupt bedeutet, wird hier von Suter feinsinnig ausgehandelt, resümiert der Kritiker und attestiert dem Autor, die «Kunst des Schwindels» zu beherrschen, die diese Überlegungen auszeichnet. (Süddeutsche Zeitung, 23.3.23, perlentaucher.de)
Wie Martin Suter die verschiedenen Ebenen seines Romans immer wieder klug zu verweben weiss, gefällt Rezensent Christoph Vormweg sehr, so auch in diesem Buch: Zunächst geht es um den jungen Juristen Tom, der eine Stelle als Nachlassverwalter eines ehemals hohen Tiers in der Politik- und Wirtschaftswelt der Schweiz annimmt. Dafür wird von ihm erwartet, das bislang kolportierte Image dieser Person aufrechtzuerhalten. Parallel erzähle er von seiner Liebe zur Buchhändlerin Melody und der erfolglosen Suche nach ihr. Für Vormweg ergibt sich daraus eine so lehrreiche wie amüsante Geschichte um Wahrheit, Moral und Selbstdarstellung, bei der er gerne zur Lektüre rät. (Deutschlandfunk, 23.3.23, perlentaucher.de)
Rezensent Roman Bucheli erkennt den Reiz von Martin Suters neuem Roman darin, dass in der Geschichte um einen vermögenden Unternehmensberater, der ordnend auf sein Leben und seine grosse Liebe zurückschaut, nichts so ist, wie es scheint. Dass im Buch viel teures Zeug weggegtrunken und überhaupt viel Geld ausgegeben wird - geschenkt, meint Bucheli. Auch die Schilderungen des Glams zwischen Zürich und Paris hauen Bucheli nicht vom Hocker, im Gegenteil scheinen sie ihm etwas angestrengt, genau wie die Figurenzeichnung. Wie sich der Text schliesslich zu einer «Etüde über die Kunst der Täuschung» entwickelt, das findet der Rezensent jedoch reizvoll. (NZZ, 21.3.23, perlentaucher.de)
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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