Die grosse Gewinnerin der geplanten Förderungsmassnahmen für die Medien ist - neben den grossen Verlagen - die Post. Sie hat starke Fürsprecher in den entscheidenden Gremien. Darunter mit Matthias Rahmsauer, Generalsekretär des zuständigen Departements, auch einen Ostschweizer.
Die Medien rufen nach Unterstützungsmassnahmen. Sie taten das schon vor Corona, nun tun sie es noch lauter. Und plötzlich geht alles relativ schnell. Die Schweizer Medien sollen unter anderem via indirekte Presseförderung gestützt werden. Dort geht es um die Verbilligung oder sogar den Erlass der Zeitungszustellung - sprich um gedruckte Presseerzeugnisse.
Die Massnahme ist nicht neu, es gab sie schon bisher. Nun geht sie einfach weiter als bisher, und zwar im Rahmen einer Notverordnung des Bundesrats. Die indirekte Presseförderung wird ausgebaut. Zeitungen, die bereits gefördert wurden, werden seit dem 1. Juni 2020 sechs Monate lang kostenlos zugestellt. Zudem kommen neu auch gewisse Tages- und Wochenzeitungen, die bisher nicht förderberechtigt waren, in den Genuss einer Zustellermässigung.
Die indirekte Presseförderung ist faktisch beschlossene Sache. Zusammen mit Unterstützungsmassnahmen für TV- und Radiostationen geht es insgesamt um rund 60 Millionen Franken.
Dort, wo die Zustellungsverbilligung kein Thema ist - Sonntagszeitungen, Gratismedien, Onlinemedien - tut sich das Parlament hingegen überaus schwer, eine Lösung bei der Hilfe ums Überleben zu finden. Eine Entscheidung wurde auf Ende August vertagt, während es für die gedruckten Zeitungen nicht schnell genug gehen konnte.
Das hat einen Grund, und er heisst Schweizerische Post. Sie ist die grosse Gewinnerin der Fördermassnahmen. Überall, wo diese gesprochen wurden, kommt die Post als Zustellerin zum Zug. In anderen Bereichen, die auf die lange Bank geschoben werden, würden hingegen kleinere Medienhäuser direkt sowie private Zustellunternehmen profitieren. Was nicht im Sinn der Post ist.
Zuständig für die Medien ist das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, UVEK. Das Departement von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, bei dem auch die Post angegliedert ist. Man schaut einander offensichtlich gut.
Dafür sorgt unter anderem der Generalsekretär des UVEK, der Herisauer Matthias Ramsauer. Er ist seit Januar 2019 in Amt und hat eine indirekte Medienvergangenheit, unter anderem als Leiter der Abteilung Radio und Fernsehen beim Bundesamt für Kommunikation.
Ramsauer, sagen diverse eidgenössische Parlamentarier, sei in den Gesprächen rund um die Medienförderung als eigentlicher Fürsprecher der Post aufgetreten - und er sei dezidiert dagegen gewesen, die Massnahmen so auszuweiten, dass auch private Zusteller zum Zug kommen könnten. Das macht Sinn, denn Ramsauer hat zwei Rollen: Er soll an der Medienförderung mitwirken, will aber gleichzeitig die Schweizerische Post schützen, die zu 100 Prozent dem Bund gehört. Ein Nationalrat bezeichnet Ramsauer kurzerhand als «Postlobbyisten».
Das ist gerade aus Ostschweizer Sicht alles andere als eine Lappalie. Denn in St.Gallen ist mit der Quickmail AG der einzige private Briefdienstleister angesiedelt. Dieser wäre sehr daran interessiert, bei den Zustellaufträgen der Verlage ebenfalls berücksichtigt zu werden. Nein, sagen Ramsauer und Co., es darf nur die Post sein. Und es regt sich kein politischer Widerstand.
Offiziell vorgeschoben wird als Begründung, Quickmail bediene nicht alle Haushalte, sondern sei gewissermassen ein «Rosinenpicker» - also nur dort tätig, wo es sich lohnt. Das St.Galler Unternehmen hat aber minutiös aufgezeigt, dass es heute schon 87 Prozent der Schweizer Haushalte erreicht. Die restlichen 13 Prozent sind zum grössten Teil politisch auferlegten Einschränkungen zu «verdanken», gegen die sich Quickmail schon lange wehrt. 7 Prozent mehr Haushalte würden beispielsweise beliefert, wenn das immer noch bestehende Restmonopol der Post aufgehoben würde.
Die indirekte Presseförderung bedeutet, dass Quickmail den Verlagen kein konkurrenzfähiges Angebot für die Zustellung von Zeitschriften und Zeitungen machen kann. Die Unterstützungsmassnahme hebelt also den Wettbewerb aus. Die betroffenen Verlage thematisieren das natürlich in ihren Zeitungen nicht, weil sie von der Massnahme profitieren und es ihnen egal sein kann, wer die Zeitungen in die Haushalte bringt, solange es stark vergünstigt oder gratis passiert.
Und eine Randnotiz: Gemäss dem Finanzbericht 2018 erwirtschaftet die Post «86,5 Prozent ihres Umsatzes im Wettbewerb», wie sie dort schreibt. Nur einen kleinen Teil verdanke sie dem Briefmonopol. Man darf mit Spannung abwarten, ob die Post in ihren künftigen Finanzberichten die Zustellung von Zeitschriften und Zeitungen ebenfalls unter «Umsatz im Wettbewerb» ausweist. Denn einen solchen Wettbewerb gibt es nicht mehr. Dank Simonetta Sommaruga, Matthias Ramsauer und einigen anderen, die die schwierige Lage der Medien geschickt zum Vorteil der Post nutzen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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