Bernhard Valenti, Walter Sandholzer, Markus Mähr und Urs Kost.
Für die Genehmigungsplanung des Hochwasserschutzprojekts Rhesi sind Untersuchungen notwendig. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Grund- und Trinkwasser. Denn rund zwei Drittel der Rheintaler beziehen ihr Trinkwasser aus dem Grundwasserbegleitstrom des Rheins.
Verändert sich die Sohle des Rheins, macht sich dies auch ausserhalb des Flussbetts bemerkbar. Der Grundwasserstand und die Grundwasserqualität könnten beeinflusst werden. Dies hätte wiederum Auswirkungen auf die Trinkwassergewinnung. Bei der Planung des Hochwasserschutzprojekts Rhesi werden diese möglichen Veränderungen genauer analysiert.
Ein Versuch im Rheinvorland
Ein wissenschaftlicher Versuch im Bereich von Kriessern / Mäder soll das Zusammenspiel zwischen Fluss- und Grundwasser aufzeigen. Auffällig ist dabei ein Bagger auf einer schwimmenden Plattform mitten im Rhein. Sichtbar ist auch ein separat im Rheinvorland angelegter Versuchsbrunnen samt Grundwasserpegelmessstellen. Der Bagger reisst innerhalb von drei bis vier Tagen die Flusssohle auf. 150 Meter lang und einen Meter tief wird die Baggerung. Damit wird eine sogenannte Dekolmation nachgestellt.
In der Natur kann eine Dekolmation in Hochwassersituationen vorkommen. Bernhard Valenti, der zuständige Projektleiter bei der Internationalen Rheinregulierung erklärt: «Die Auswirkungen dieses Eingriffs werden aufgezeichnet und analysiert. Dazu dienen der Versuchsbrunnen und die insgesamt neun Grundwasserpegelmessstellen. Anhand der Resultate möchten wir die Auswirkungen auf die Grundwassermenge und -qualität besser verstehen. Zudem können wir anhand der Erkenntnisse die Grundwasserdrainagen besser planen.»
Bernhard Valenti, Walter Sandholzer, Markus Mähr und Urs Kost.
Von Wissenschaft und Forschung eng begleitet
Für die Planung und Umsetzung des Versuchs sind verschiede Partner aus vielen flussbaulichen Disziplinen involviert. Die Flussmorphologie, die Hydrogeologie aber auch die Grundwassermodellierung müssen beachtet werden. Um die Analyse der Grundwasserqualität kümmert sich ein Team der Université de Neuchâtel. «Wir untersuchen die mikrobielle Zusammensetzung des Grundwassers. Dafür werden laufend Proben aus dem Versuchsbrunnen und den Grundwasserpegelmessstellen entnommen», erklärt Prof. Daniel Hunkeler und ergänzt: «Zusätzlich führen wir mehrere sogenannte Tracer Versuche durch. Mit diesem kann herausgefunden werden, wie lange es dauert, bis das Wasser des Alpenrheins im Grundwasser nachweisbar ist.»
Auch weitere wissenschaftliche Institutionen nutzen den Versuch, um ihre Forschungen voranzutreiben. So wird die Eawag, das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs zusätzliche Tracer-Versuche mit Helium durchführen. Damit können die Zuströmzeiten von den Grundwasserpegelstellen zum Versuchsbrunnen ermittelt werden. Die Deutsche Bundesanstalt für Wasserbau untersucht die Flusssohle zusätzlich auf Mikroschadstoffe wie Mikroplastik.
Hintergrund: Dekolmation, starke und schwache Kolmation
Der Austausch zwischen Flusswasser und Grundwasser hängt von der Beschaffenheit und dem Aufbau der Flusssohle ab. Liegt nur Kies auf dem Grund des Flusses, sickert viel Flusswasser in den Grundwasserkörper (schwache Kolmation). In diesem Fall hat das Flusswasser und dessen Qualität viel Einfluss auf das Grundwasser. Je mehr sich jedoch feine Sedimente aus dem Flusswasser in den Zwischenräumen der Flusssohle ablagern, desto weniger Flusswasser sickert in den Grundwasserkörper (starke Kolmation). Das heisst, je dicker und dichter die Sedimentablagerungen in der Flusssohle sind, desto stärker ist die Kolmation. Die Sedimentablagerungen können mehrere Dezimeter messen. Wird eine stark kolmatierte, undurchlässige Flusssohle aufgerissen und somit durchlässig gemacht, spricht man von Dekolmation. In der Natur können Hochwasserereignisse eine Dekolmation auslösen.
Über das Hochwasserschutzprojekt Rhesi
Das Projekt Rhesi (www.rhesi.org) hat die Verbesserung des Hochwasserschutzes am unteren Alpenrhein zum Ziel (Strecke Illmündung, km 65.00 bis Bodenseemündung, km 91.00). Die Abflusskapazität des Rheins wird dabei von 3'100 m3/s auf 4‘300 m3/s erhöht. So schützt das Projekt Rhesi im St. Galler und Vorarlberger Rheintal den Lebensraum und die Arbeitsplätze von rund 300'000 Menschen. Auch Objekte im Wert von rund zehn Milliarden Franken profitieren vom besseren Hochwasserschutz. Für die Erreichung dieses Ziels sind bauliche Massnahmen notwendig. Diese müssen den gesetzlichen Vorgaben Österreichs und der Schweiz entsprechen. Unter anderem umfasst dies die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung und ökologische Aufwertungen. Auch der sparsame Umgang mit den Ressourcen, wie Finanzmittel und Kulturland ist vorgegeben. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund eine Milliarde Franken. Jeweils die Hälfte wird von den Staaten Österreich und Schweiz getragen.
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