Ein Blick auf Twitter zeigt: Um die Arbeitsmotivation ist es oft nicht gut bestellt. Doch krankmelden, Kuchen essen oder gar im Bett bleiben sind keine Lösung und auch Vorgesetzte müssen nicht verzweifeln.
„Meine Arbeitsmotivation hält sich heute in engen Grenzen. Erstmal Kuchen essen...“, „Ich mag keine Montage in der Hochsaison! Ich mag keine Stücklisten! Und überhaupt finde ich Arbeiten irgendwie doof!“, „Krank gemeldet. Schwupps, war die Motivation da!“ – Diese und zahlreiche freudige Botschaften im sozialen Netzwerk Twitter unter dem Hashtag TGIF, was für „Thank god, it’s Friday“ steht, verdeutlichen, wie es um die Arbeitsmotivation vieler Menschen bestellt ist.
Doch krankmelden, Kuchen essen oder gar im Bett bleiben sind keine Lösung. Im Gegenteil! Solche Strategien sorgen dafür, dass die negativen Folgen, die durch mangelnde Arbeitsmotivation entstehen, noch grösser werden – sowohl für die demotivierten Mitarbeiter als auch für die Unternehmen, in denen sie beschäftigt sind. Wirkt sich Demotivation bei Mitarbeitern vor allem auf die Gesundheit und damit auf die Lebensqualität aus, so bedeutet sie für Unternehmen Aspekte wie eine geringere Bindung der Mitarbeiter, mehr Krankmeldungen, eine höhere Fluktuation, schlechtere Arbeitsqualität, geringere Produktivität und wirtschaftlichen Schaden. Dieser liegt in der Schweiz bei circa 50 Milliarden Franken im Jahr, wie im Blogbeitrag „Motivation von Leistungsverweigerern führt über verschiedene Wege“ dargelegt ist.
Komplexe Zusammenhänge, viele Theorien
Anders formuliert: Arbeitsmotivation verkörpert das Engagement, mit dem sich Menschen ihren Arbeitsaufgaben widmen und hängt eng mit dem Unternehmenserfolg zusammen. Ist das Engagement der Mitarbeiter gross, wirkt sich dies positiv auf Arbeitsqualität sowie Produktivität aus. Die Mitarbeiter sehen Erfolge, sind zufriedener, das Betriebsklima verbessert sich, es gibt weniger Fehlzeiten und die Bindung zum Unternehmen wird stärker. Dies wiederum zahlt positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens ein. Dementsprechend befassen sich viele Theorien mit Anreizsystemen zur Förderung von leistungsorientiertem Verhalten.
Grundsätzlich in Betracht kommen äussere Anreize wie Lob, Prämien sowie Beförderungen, und eine wirkungsvollere intrinsische Motivation. Damit ist Freude an der Arbeit gemeint, die durch äussere Anreize wachsen kann. Wie umfangreich die Ansätze sind, zeigt die Definition im Wirtschaftslexikon: „Humanistische Konzepte gehen davon aus, dass Menschen zur Selbstverwirklichung im Arbeitsprozess finden sollten. Andere Konzepte betonen Zusammenhänge zwischen Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit. Eine dritte Theoriegruppe nutzt Einsichten aus dem Studium der Leistungsmotivation und weist nachdrücklich auf die zentrale Rolle der Erwartungen hin, die die Arbeitenden mit ihrer Tätigkeit verbinden. Soziologen betonen demgegenüber die sozialen Komponenten des Arbeitsverhaltens: sozio-kulturelle Wertvorstellungen, soziale Rahmenbedingungen im Betrieb und damit im Zusammenhang gruppengeprägtes Verhalten unter dem Einfluss sozialer Vergleichsprozesse.“
Wer nicht unzufrieden ist, ist nicht automatisch motiviert
Tatsächlich wirken all diese sowie noch weitere Aspekte zusammen. So erläutert Theo Wehner, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie am Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, in einem Interview mit Zeit Online, dass viele Menschen bereit sind, bei Geld und Status Einbussen in Kauf zu nehmen, wenn sie ihre Aufgabe als sinnvoll erachten. Sinn sei die beste Motivationsquelle überhaupt. Frederick Herzberg, Professor der Arbeitswissenschaft, trennt WEKA Business Media zufolge Zufriedenheit (Motivation) und Unzufriedenheit in zwei Ausprägungen: „Wer nicht unzufrieden ist, ist noch lange nicht motiviert, sondern hat lediglich eine Art neutralen Zustand erreicht.“ Jedoch lasse sich die Motivation fördern.
Da zum Beispiel Verantwortung als Motivator wirkt, empfiehlt WEKA, möglichst viele Kontrollen abzuschaffen und den Verantwortungsbereich sowie die Befugnisse für den einzelnen auszudehnen. So sollten Mitarbeiter Mails und Briefe selbstständig beantworten. Einzelne Mitarbeiter könnten spezialisiertere Aufgaben erhalten, damit sie sich zu Experten entwickeln oder ihren Expertenstatus festigen können. Denn die Möglichkeit des Vorwärtskommens sowie zur persönlichen Entwicklung begünstigen Zufriedenheit. Damit verbunden sind die Weitergabe von Wissen, das Kommunizieren von Zielen und dem Gewähren von mehr Unabhängigkeit.
Demotivation gezielt entgegenwirken
Dazu passt auch die Argumentation von Jochen Mai, Gründer und Chefredakteur des Job- und Bewerbungsportals Karrierebibel. Er meint: „Mitarbeiter sind (abgesehen von einigen Ausnahmen) von sich aus motiviert, wollen Leistung bringen und sich für das Unternehmen einsetzen.“ Dementsprechend sollten Führungskräfte ihren Fokus darauf legen, weniger demotivierend zu wirken. Dies ist ein praktischer Ratschlag, der für alle geeignet ist, ohne dass sie die Tiefen der Arbeitspsychologie verstehen müssen.
Vier Gründe, warum gute Beschäftigte ihre Motivation verlieren, haben die Wissenschaftler Richard E. Clark und Bror Saxberg zusammengetragen. Im Magazin Harvard Business Review nennen sie nicht übereinstimmende Werte, die Annahme der Beschäftigten, sie könnten eine bestimmte Aufgabe nicht ausführen, negative Emotionen wie Angst oder Wut, und Unwissenheit, was bei Problemen falsch gelaufen ist. Je nachdem welcher Grund vorliegt, lauten die Tipps zum Beispiel: „Finden Sie heraus, was den Mitarbeiter interessiert, und verknüpfen Sie ihn mit der Aufgabe!“, „Bauen Sie das Vertrauen und die Kompetenz des Mitarbeiters auf!“ oder „Lassen Sie den Mitarbeiter klar über die Ursache seiner Probleme bei einer Aufgabe nachdenken!“ Wichtig sei, zuerst die Motivationsprobleme zu diagnostizieren und dann die richtigen Massnahmen gezielt zu ergreifen.
Demotivation entgegenzuwirken ist eindeutig eine Führungsaufgabe, der sich alle Vorgesetzten widmen sollten. Immerhin kennt der direkte Chef seine Leute am besten, kann sie motivieren, fair bewerten und ihre Arbeit anerkennen, wie im Beitrag „Wie lassen sich Mitarbeiter nachhaltig motivieren?“ beschrieben ist. Der Aufwand lohnt sich. Denn Motivation macht Richard E. Clark und Bror Saxberg zufolge 40 Prozent des Erfolgs von Teamprojekten aus. Dies wiederum dürfte sich positiv auf das Engagement aller Beteiligten auswirken, sodass Kommentare zu fehlender Arbeitsmotivation auf Twitter nicht mehr in dieser Masse erforderlich sind.
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