Der Musiker Sam Moser hätte im August an einem Open Air auftreten sollen. Inzwischen wurde er allerdings ausgeladen. Sein Verhalten in den letzten zwei Jahren widerspreche dem Manifest der Veranstaltung, hiess die Begründung. Künstler mit klarer Haltung sind offenbar nicht mehr gefragt.
Er bleibt auch in der Enttäuschung souverän. Sam Moser, vielen bekannt durch den massnahmenkritischen Song «S'Mass isch voll», will nicht offen legen, welches Open-Air-Festival ihm den abgemachten Auftritt versagt. Den Sachverhalt an sich macht er aber in den sozialen Medien öffentlich.
Demnach gab es zwischen ihm und den Organisatoren eine vertragliche Vereinbarung über einen geplanten Auftritt, von dem die Veranstalter nun zurücktraten. Das können sie gemäss den Abmachungen tun, indem sie 50 Prozent der vereinbarten Gage zahlen, ohne dass Moser auch nur einen Ton anstimmt.
Die Open-Air-Macher berufen sich zur Begründung auf ihr «Manifest». Dass Moser in den letzten zwei Jahren die Massnahmen gegen Corona kritisiert hat, widerspricht diesem Wertekatalog offenbar. Da nicht bekannt ist, um welchen Anlass es geht, lässt sich nicht Schwarz auf Weiss nachvollziehen, gegen welche «Regeln» die Haltung des Musikers verstossen haben soll.
Aber es ist nicht anzunehmen, dass ein kultureller Anlass ein Manifest führt, in dem explizit festgehalten ist, dass Auftretende nicht anderer Meinung als der Bundesrat sein dürfen. Wahrscheinlicher ist, dass einigen der Organisatoren Mosers Meinung ganz persönlich nicht entsprach und sie ihr Regelwerk kurzerhand so auslegten, dass er darunter fiel.
Geld fürs Nichtstun: Klingt verlockend. Aber nicht für Sam Moser. Auf Facebook schreibt er: «Meine Position heisst Freiheit, und ich werde immer zu dieser Meinung stehen! Ich stehe ein für das Naturgesetz, jeder Mensch ist frei und darf über seinen Körper und Geist entscheiden! Wenn irgendeinem Veranstalter das nicht passt, werde ich nicht auftreten! Sonst veranstalte ich lieber mein eigenes Festival.»
Der Fall wirft allgemeine Fragen auf. Sind auf den Bühnen dieses Landes nur noch Musiker erwünscht, die staatstreu agieren? Waren Künstler einst nicht eine Gruppe von Leuten, von denen man sogar eine kritische Haltung erwartet hat, die als Vordenker für neue Wege galten und die sich frei äussern konnten, während andere im Korsett der Konventionen gefangen sind?
Offenbar ist das vorbei. Auftreten dürfen sollen nur noch stromlinienförmige, angepasste Gesellen, die sich allem unterwerfen oder zumindest schweigen. Dem Kulturland Schweiz wird das kaum gut tun.
Abseits davon kann man auch die Professionalität der Organisatoren hinterfragen. Brauchten sie wirklich «Recherchen», um herauszufinden, wen sie da seinerzeit engagiert hatten?
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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