Wenn Sie jetzt vermuten, dass Sie versehentlich bei einem Artikel eines Jägerlehrlings gelandet sind, liegen Sie zum Glück falsch. Schliesslich wünschen wir uns alle, dass ein Jäger jeweils nur einen einzigen Schuss benötigt. – Ein Gastkommentar von Marc Hürbin.
Wie wir in den letzten Monaten lernen mussten, ist das SarsCov2-Virus hingegen ein wesentlich hartnäckigeres Ziel. Hier braucht es gemäss einhelliger Meinung definitiv einen zweiten oder sogar dritten Schuss. Und wenn das nicht hilft, gegebenenfalls sogar eine Treibjagd in Form einer schweizweiten Massenimpfung. Doch danach kann sich jeder von uns ein Corona-Spike-Geweih über den Kaminsims hängen und seinen wohlverdienten Sieg feiern.
Und der liegt anscheinend bereits in greifbarer Nähe: Laut Aussage unseres obersten Taskforcers wäre es möglich, diese unerwünschte Spezies innerhalb weniger Wochen für ein und allemal aus unserem Land zu verbannen. Wenn nur endlich alle bei dieser Treibjagd mitmachen würden. Hier ist der Wunsch natürlich Vater des Gedanken, denn es geht hier nun mal nicht nicht um wehrlose Rehe, verirrte Wölfe oder einsam umherstreifende Bären, sondern um ein Virus. Und egal wie laut man poltert und wie oft man schiesst, lässt sich ein Virus nicht einfach so vertreiben. Schon gar nicht in einer globalisierten Welt wie der unseren. Die Illusion, dass nach der dritten Impfung alles überstanden ist, ist drum ebenso naiv wie gefährlich.
Wer in jüngster Zeit einmal einen Globus oder eine Weltkarte studiert hat, dem dürfte noch in Erinnerung geblieben sein, dass die Schweiz nicht mehr ist als ein kleines Fleckchen mitten in einem mässig grossen Europa, umgeben von einer riesigen Welt. Lediglich 1 Promille der Weltbevölkerung lebt hier, die anderen 99.9% der Menschen leben irgendwo anders. Und die allermeisten sind nun mal genau dort zuhause, wo eine durchgängige Impfung gegen das Corona- Virus noch in sehr, sehr, wirklich sehr ferner Zukunft liegt.
Nüchtern betrachtet dürfte es noch etliche Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, bis die Geimpften dieser Welt ihr Ziel erreichen: Sich irgendwann endlich wieder sicher fühlen zu können! Davon sind wir global im Moment noch ebenso weit entfernt wie Delta vom Ende des griechischen Alphabets. Wer sich diesem Umstand verweigert und trotzdem hartnäckig daran glaubt, dass ihm die Rückkehr in die persönliche Freiheit schon mit der dritten Spritze gelingt, der glaubt wahrscheinlich auch daran, dass wir die Erderwärmung aufhalten können, wenn wir im Winter einfach die Fenster zumachen.
Doch so einfach ist es nicht, und zumindest unseren Führungsorganen ist schon seit Beginn der Pandemie klar, dass Corona nicht mehr aus unserem Leben verschwinden wird. Diesem reinen Wunschdenken widerspricht ja schon die Tatsache, dass sich die führenden Industrienationen derzeit auf das höchst lukrative Impfgeschäft stürzen wie die Geier auf das humpelnde Lamm. Gemäss den Plänen unserer Regierung soll die Schweiz sogar zu den ersten Geiern gehören, die ihre Krallen in die Beute schlagen, und damit im Idealfall zu einem wahren Hotspot für die Entwicklung und Produktion von Impfstoffen aufblühen. Passt dieses Vorhaben noch irgendwie zusammen mit der Vorstellung, dass die Pandemie nach dem finalen Pieks im Herbst für uns Schweizer vorbei sein könnte?
Fragen Sie sich das einmal in einer ruhigen Minute, und seien Sie ehrlich zu sich selber. Vielleicht erkennen Sie dann, warum wir offene Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Impfkampagne hegen, deren Hauptzweck augenscheinlich darin liegt, sagenhaft hohe Profite zu Lasten der Steuerzahler zu erzielen. Die Entwicklung wurde bereits mit ungeheuren Summen finanziert, und die Bevölkerung wurde im Glauben gehalten, dass es bei der Corona-Bekämpfung einzig und allein darum geht, die Menschheit vor einer drohenden Gefahr zu schützen. In den letzten Tagen wurden wir eines Besseren belehrt, und dürfen miterleben wie die Impfstoff-Pioniere für ihre weitere Forschung nun deutlich höhere Kosten veranschlagen, obwohl ihre Reingewinne bereits jetzt förmlich aus der Decke schiessen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Doch wer sind wir Skeptiker denn, dass wir Ihnen ein freies Denken aufzwingen möchten? Es liegt letztlich an Ihnen, wem und an was Sie glauben möchten. Wir lassen Ihnen Ihren freien Willen. Und es wäre schön, wenn wir dies auch von Ihnen erwarten dürften. Stattdessen schlägt die medial geschickt aufbereitete Illusion eines nahenden Siegs über die Pandemie neuerdings aber bei vielen Mitmenschen bereits in offene Feindseligkeit um. Spätestens seit auch der Bundesrat jüngst vernehmen liess, dass der Schutz der Ungeimpften ab jetzt vernachlässigt werden kann, verschärft sich der Ton zusehends. In der breiten Bevölkerung macht sich der Wunsch breit, dass den Impfverweigerern hier in der Schweiz ab jetzt sämtliche Rechte aberkannt werden. Sie, und alleine sie sind der vermeintliche Grund dafür, dass Corona für uns alle wohl noch lange nicht vorbei ist.
Dabei sind wir „Schweizer Impfmuffel“ doch letztendlich nur ein winzig kleines Grüppchen im Vergleich zu den Milliarden von Menschen, die noch nicht geimpft sind, obwohl sie sich gerne impfen lassen würden. An diesem Punkt ist von der ach so hoch gelobten Solidarität aber plötzlich kaum noch etwas zu spüren, weil die Rechnung dafür zu teuer wird. Und es ist doch so viel einfacher, sich über einen ungeimpften Nachbarn aufzuregen, als sich der Tatsache zu stellen, dass die meisten Menschen dieser Welt ungeimpft sind und es wahrscheinlich auch bleiben werden. Als Weltenbürger sitzen wir aber doch letztlich alle im gleichen Corona-Boot, und es wird drum gar nie genügend Geimpften-Finger geben, um auf all diejenigen zu zeigen, die mutmasslich immer noch schuld an dieser Pandemie sein sollen.
Die Hetze im eigenen Land bringt mit Blick auf das Weltgeschehen also rein gar nichts, sondern befriedigt allerhöchstens den Wunsch vieler, ihrem angestauten Corona-Ärger in irgend einer Form Luft zu verschaffen. Für den nationalen Impferfolg ist das natürlich ein Vorteil. Wenn man sich jetzt für die Spritze entscheidet, impft man sich nicht nur gegen eine gefährliche Krankheit oder hohe Kosten für Corona-Selbsttests, sondern gleichzeitig auch gegen Verfolgung, Diffamierung, Ausgrenzung und den Verlust von Persönlichkeitsrechten. Und einen Snack gibt's gratis obendrauf. Sozusagen das Kombi-Angebot in der aktuellen Phase der „Normalisierung“.
Schon der Gedanke daran, was demnächst normal sein könnte, macht mir mehr Angst als jede Corona-Mutation. Was wir erleben, ist die Mutation unserer Gesellschaft. Von Angst getrieben und zu Misstrauen verpflichtet entwickeln wir uns von ehemaligen „Refugees-Welcome“- und „Black- Lives-Matter“-Gutbürgern nun zu einer maskentragenden „Komm mir nicht zu nahe, oder ich hau dich weil ich solidarisch bin“-Bevölkerung. Schlechte Zeiten für all diejenigen, die sich immer noch daran erinnern können, was vor zwei Jahren noch normal war.
Marc Hürbin (*1974) aus Zuzgen ist Unternehmer. Seine Firma hat sich auf auf kundenspezifische Maschinenbauteile spezialisiert.
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