Mit gerade einmal 17 Jahren landete sie mit «Nightmare» direkt einen Hit. Die St.Gallerin Joya Marleen pendelt seither zwischen Prüfungsstress, Promo-Tour und Songschreiben hin und her. Dennoch scheut sie den Aufwand nicht – und das kommt nicht von ungefähr.
Pünktlich auf die Minute ist sie zum vereinbarten Zeitpunkt an diesem Montagmorgen am Telefon, um über ihre neuen Pläne zu reden: Joya Marleen punktet mit den typischen Schweizer Vorzügen. Wir erwischen sie zwischen zwei Interviewterminen – einer davon im Radio. «Eigentlich bin ich ja immer noch in der Schule, habe da gerade eine recht stressige Zeit», verrät die Ostschweizerin. Aber es wartet eben auch die Promotour für ihren neuen Song. Alles unter einen Hut zu bringen, sei zwar nicht so einfach. Beklagen möchte sich die St.Gallerin aber nicht – im Gegenteil. «Es ist mega cool, wie viele Chancen sich auftun», sagt sie und lacht. «Ich gebe Vollgas, und das geniesse ich sehr.»
Bewusstes Risiko
Ein Jahr noch wird sie die Kanti besuchen, dann möchte sie alles auf die Karte Musik setzen. Zwölf Monate noch, in denen sie sich aufteilen muss, organisieren, planen, durchtakten. Ein Jahr aber auch, welches ihr noch ein wenig Sicherheit gibt. Denn gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie labil die Kunstbranche sein kann: Was heute noch gilt, ist morgen bereits Geschichte. Den Kopf darüber zu zerbrechen, das möchte Joya Marleen aber nicht. «Ich glaube, als Künstler ist es nie einfach. Ein gewisses Risiko bleibt immer», fasst sie es zusammen. Es klingt erwachsen, bescheiden, vorsichtig – anders, als es vielleicht bei anderen 18-Jährigen der Fall ist. Vielleicht auch deshalb, weil ihre Eltern selber Musik machen. Das Künstlerleben hat Joya also bereits von klein auf mitbekommen. Und das wiederum ist wohl auch der Grund dafür, dass ihre Eltern nicht darauf pochen, dass sie zuerst einen «bodenständigen» Beruf erlernen soll – so, wie es in vielen anderen Familien tönt, wenn der Nachwuchs eine andere Richtung einschlagen will. «Meine Eltern unterstützen mich voll und ganz in meinem Vorhaben», sagt Joya Marleen. Zwar gäbe es einen Plan B – daran möchte sie jetzt aber noch gar nicht denken.
Keine Insta-Welt
Unter Druck setzen lässt sich die Ostschweizerin ohnehin nicht. Denn gerade, weil ihr erster Hit so erfolgreich war, kann das leicht passieren. Schliesslich möchte man die Messlatte hoch halten. «Ich habe das Glück, gute Leute um mich herum zu haben, die mir den Druck weggenommen haben», sagt sie. Vielmehr habe sie sich nicht blenden lassen und weiter Songs geschrieben. Das geht bei ihr manchmal fast nebenbei – beispielsweise während des Unterrichts. «Den Song «Running On My Mind» beispielsweise habe ich während einer Musiklektion geschrieben und anschliessend gleich meinem Produzenten geschickt. Man hört im Hintergrund sogar noch meine Lehrerin», sagt die Sängerin und lacht. Herrlich unkompliziert also, und auch, was die Sozialen Medien betrifft, schlägt die Ostschweizerin einen etwas anderen Weg ein. «Es ist nicht so meins, ich habe dafür kein richtiges Händchen», sagt sie darüber. Sie sei sich bewusst, dass das im krassen Gegensatz zu ihrer Generation stehe. Dennoch geniesse sie den Luxus, nicht überall zu jedem Zeitpunkt verfügbar sein zu müssen.
Adieu Heimat?
Im nächsten Jahr möchte Joya Marleen auf Tour gehen, um «all die Gesichter endlich einmal live sehen zu können», auf Festivals feiern – kurz: All das, was derzeit nicht möglich ist. Und, wer weiss, vielleicht werde sie dann auch einmal im Ausland leben. Schottland vielleicht oder England würde sie reizen. «Ich fühle mich eigentlich fast überall wohl. Es ist sicher schön, in der Schweiz zu starten – aber was dann kommt, wer weiss?» Auf jeden Fall alles andere als ein «Albtraum».
Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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