Ein ehemaliger Chef hat mir einmal gesagt: ‹Sehen Sie mal aus dem Fenster, Herr Braun, läuft da draussen jemand nackt herum?› Will sagen, Mode und Bekleidung wird es immer brauchen.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine ergänzende Information zu einem im Printmagazin «Die Ostschweiz» publizierten Artikel. Das Magazin kann via abo@dieostschweiz.ch bestellt werden.
Wir alle wollen gut aussehen, uns wohl und stark fühlen, und vielleicht sogar mit unserer Bekleidung einen eigenen Stil zum Ausdruck bringen. Wie wir dieses grundlegende Bedürfnis nach Mode und Bekleidung aber befriedigen, wird sich in den nächsten zehn Jahren verändern, beeinflusst durch die Digitalisierung, eine weitere Casualisierung sowie das Bedürfnis nach gesteigerter Nachhaltigkeit.
Die Digitalisierung verändert den gesamten Kaufprozess. Wir werden 24 Stunden durch Social Media und Influencer beeinflusst, und vielleicht will man bald die Marken und Looks kaufen, welche die Helden in den Online-Spielen tragen. Zudem kaufen wir mehr online, und auch wenn wir in die Städte gehen, wollen wir vielleicht kleinere und spannendere Flächen und Warenpräsentationen sehen, inszeniert in immer neuen Erlebniswelten. Diese Verkaufspunkte werden auch viel breiter und tiefer mit unseren Online-Erfahrungen verbunden sein. Zum Beispiel kann man schon vor dem Besuch online Waren bereitstellen, personalisieren und vielleicht sogar just-in-time herstellen lassen.
Ein weiterer grosser Treiber, der über einen Modetrend hinaus geht, ist die Casualisierung. Menschen kleiden sich immer mehr stilvoll und smart, ohne dabei zwingend mit Anzug und Krawatte aufzutreten. Farben, Schnitte und Stoffe werden individueller, Kombinationen von schicken Sakkos mit leichteren Hosen der Normalfall. Diesen Trend erachte ich als irreversibel, auch wenn es immer Anlässe für den perfekten Anzug oder den Smoking geben wird. Aber aufgepasst: Ein Mann sieht in einem dunklen Anzug mit Hemd und passenden Schuhen immer gut aus. In weiten Hosen, Hoodie und mit Sneakers braucht es ungleich mehr Geschmack und Erfahrung, einen Look gut und stark aussehen zu lassen.
Schliesslich kehrt auch in der Mode – wie in vielen anderen Lebensbereichen auch – das Bedürfnis nach Nachhaltigkeit immer stärker ein. Der Kunde möchte wissen, woher die Produkte kommen und wie diese hergestellt wurden. Ethisch unbedenkliche und wenn möglich recyclebare Rohstoffe werden in ihrer Verwendung noch mehr zunehmen. Aktuell ist der Kunde zwar noch nicht durchgehend bereit, dafür mehr zu bezahlen, aber die Industrie und die Konsumenten werden sich über die Zeit in diese Richtung entwickeln.
Sicher werden in den nächsten Jahren weitere Trends dazu kommen, zum Beispiel Stoffe oder Produkte mit integrierten Funktionen wie Energiegewinnung oder Körpermessungen, denn was hat schon der Physiker Niels Bohr gesagt: ‹Voraussagen sind immer schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen›. Nackt werden wir aber auch in absehbarer Zeit nicht herumlaufen.»
Marcel Braun ist CEO der Holy Fashion Group, Kreuzlingen.
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