Im vergangenen Jahr konnte der Walter Zoo dank der hohen Besucherzahlen fast 170’000 Franken für den Naturschutz einnehmen und konnte diesen Betrag nun an seine Partnerorganisationen auszahlen. Der Leiter Zoopädagogik Elia Heule hat zwei Projekte besucht.
Herr Heule, Sie haben sich mit Ihrer Frau eine Auszeit genommen. Während Ihrer Reise haben Sie zwei Projekte besucht, die der Walter Zoo mit dem Naturschutzfranken unterstützen. Was war die Motivation, in Ihrer Freizeit die beiden Organisationen anzusehen?
Als Verantwortlicher für die Naturschutzprojekte im Walter Zoo habe ich regelmässig Kontakt zu den Organisationen und lese ihre interessanten Berichte und Newsletter. Neugierig darauf, wollte ich die Projekte und die Menschen, die dahinterstehen, näher kennenlernen. Zudem wollte ich mit eigenen Augen sehen, was der von den Besuchenden bezahlte Naturschutzfranken im Feld für einen Effekt hat. Als ich die Möglichkeit erhielt, länger zu verreisen, war für mich klar, dass ich die Projekte besuche. Aufgrund des Klimaschutzes fliege ich sehr ungern und wenn ich mich dazu entscheide, möchte ich möglichst viel aus den Reisen herausholen. Es war deshalb für mich nur logisch, meine Reise mit Projektbesuchen zu kombinieren. Zudem berichte ich auf Führungen und bei Weiterbildungen von den Projekten: Augenzeugenberichte sind immer spannender und besser, um Menschen für den Naturschutz zu begeistern.
Was waren Ihre Erwartungen?
Die Dinge, über die ich regelmässig lese, mit eigenen Augen zu sehen. Erst bei den Organisationen wurde mir klar, wie stark die Arbeit in den Berichten zusammengefasst wird und wie viel Aufwand, von dem ich keine Ahnung hatte, die Organisationen betreiben. Naturschutz ist Knochenarbeit.
Zuerst waren Sie bei Shipstern Conservation & Management Area in Belize. Was hat Sie dort besonders beeindruckt?
Das Personal und die ganze Organisation sind ausserordentlich professionell. Das Ranger-Team weiss gefühlt alles über den Wald, den es schützt, und es ist sehr lehrreich, mit den Rangern durch das Gebiet zu wandern. Vor allem war ich beeindruckt, wie effektiv das Gebiet geschützt wird. Es handelt sich um den letzten Yucatan-Trockenwald von Belize mit einer unglaublichen Artenvielfalt. Dass der Wald noch existiert, ist leider nur dem Projekt zu verdanken. Das Schutzgebiet ist eine grüne Insel inmitten von Bohnenfeldern. Rundherum betreiben Mennoniten-Gemeinden grossindustrielle Landwirtschaft, die ungeschützten Waldstücke werden mit zwischen Traktoren gespannten Ketten eingerissen. Auf diesen Feldern gibt es ausser den Bohnen kein Leben mehr. Das Ausmass dieser Lebensraumzerstörung hat mich erschüttert, insofern man sich Mennoniten oft als Kleinbauern vorstellt, die Landwirtschaft wie vor 300 Jahren betreiben. Eine falsche Annahme – leider. Man muss sich an das Bild gewöhnen, dass unberührte Natur nur noch inselartig existiert. Unglücklicherweise ist genau das aber weltweit Realität. Umso wichtiger ist es, diese grünen Inseln zu bewahren.
Wie werden die Gelder eingesetzt, die der Walter Zoo und andere Organisationen beisteuern?
Damit werden Ranger-Teams bezahlt, welche im Schutzgebiet patrouillieren, seine Pflanzen- und Tierarten erforschen und Gesetzesbrecher festnehmen. Die Ranger in Shipstern verfügen über Polizeigewalt, aber meistens reicht ihre Anwesenheit aus, um Menschen mit illegalen Absichten fernzuhalten. Zudem wird versucht, die Politik zu beeinflussen und Gesetze zugunsten des Naturschutzes zu verbessern. Der Walter Zoo finanziert ein eigenes Ranger-Team. Neben der Arbeit im Feld macht dieses auch Bildungsarbeit: Kinder aus der Umgebung treffen sich als «Jaguar-Cubs», eine Art Naturschutz-Pfadi, und die Ranger bringen ihnen die Vielfalt des Gebietes näher.
Auf dem zweiten Teil der Reise waren Sie in Sierra Leone und habt das Tacugama Chimpanzee Sanctuary besucht. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen?
In Sierra Leone arbeitete ich zwei Wochen im Outreach-Team (Bildung und Naturschutz) mit. Die Menschen sind enorm engagiert, arbeiten aber unter schwierigen Umständen. Es gibt nur sehr langsames Internet (wenn überhaupt) und ein Netzwerk zu themenverwandten Organisationen fehlt komplett, da Tacugama in Sierra Leone fast alleine für den Erhalt der Natur kämpft. Ich hingegen kann mich problemlos mit Zoos in Zürich, Basel, Goldau oder Frankfurt austauschen. Umso willkommener waren Ideen aus der Zoowelt, beispielsweise zu Beschilderungen oder Führungen. Die Herausforderungen sind erstaunlich ähnlich wie im Zoo. Es wurde mir klar, dass wir die Organisationen nicht lediglich mit Geld unterstützen können, sondern auch mit Know-how und Dienstleistungen. Aktuell prüfen wir, wie wir Tacugama im Rahmen unserer Möglichkeiten am effektivsten unterstützen können.
Wie ist die Lage vor Ort? Was sind die grössten Probleme, gibt es Lösungen?
Obwohl Sierra Leone mittlerweile für Reisende als sicheres Land gilt, ist die Situation für die Natur prekär. Tacugama ist im Kern eine Auffangstation für gewilderte, illegal gehaltene Schimpansen. Noch immer gibt es jährlich zahlreiche Beschlagnahmungen, die viel Betreuung brauchen. Derzeit beherbergt die Station 115 Schimpansen und für jedes gewilderte Jungtier müssen bis zu zehn erwachsene Tiere sterben. Allein für die in der Station lebenden Schimpansen wurden also bis zu 20 Prozent der aktuellen Schimpansenpopulation in Sierra Leone getötet. Auch in Sierra Leone findet man unberührte Lebensräume nur noch abgelegen als Inseln. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt, und der hohe Bedarf an Nahrung und Platz führt zu einem massiven Bauboom. Sierra Leone steuert wie ganz Westafrika auf eine grosse ökologische Katastrophe zu. Das Tacugama-Team ist landesweit in Nationalparks aktiv und bemüht sich um den Schutz der Schimpansen und ihrer Lebensräume in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung. Sie bringen die Schimpansen mit grossen Kampagnen ins Bewusstsein der Menschen. So ist es gelungen, Schimpansen zum Nationaltier erklären zu lassen, was nun notabene die einzige geschützte Tierart (!) des Landes ist. Neu ist auch in jedem Reisepass ein Bild von Schimpansen drin, um aufzuzeigen, dass Sierra Leone auch den letzten westafrikanischen Schimpansen gehört.
Wie werden die Gelder in Tacugama eingesetzt?
Das Geld vom Walter Zoo fliesst grösstenteils in die Auffangstation selbst. Dies ist wichtig, da es für Tacugama viel einfacher ist, Gelder für Schutzprojekte in den Nationalparks zu erhalten als für ihren Kernbetrieb. Die erfolgreiche Arbeit in der Auffangstation bildet das Fundament für den Naturschutz in Sierra Leone. Ohne sie wären die Schutzprojekte im Land unmöglich, was eine katastrophale Auswirkung auf die Tiere und deren Lebensräume hätte. Im letzten Jahr finanzierten wir eine Obertierpflegerin aus Australien, die mit ihrem Fachwissen die Versorgung der Schimpansen auf ein neues Level brachte. So steigerten wir das Wohlergehen dieser traumatisierten Tiere. Sie sind in Sierra Leone wichtige Botschafter für ihre wilden Artgenossen, genau wie unsere Schimpansen dies in Gossau sind und mit dem Naturschutzfranken Gelder für Tacugama ermöglichen. So entsteht eine direkte Kette von unseren Tieren bis zu den 5500 westafrikanischen Schimpansen in den Wäldern von Sierra Leone.
Learnings und Fazit?
Bei meinen beiden Besuchen sah ich, welche Herausforderungen unsere Partner im Naturschutz täglich meistern und wie dringend nötig Schutz ist. Ich durfte auch erleben, welchen positiven Effekt der Naturschutzfranken unserer Besuchenden in der Wildnis hat. Die Erfahrungen, die ich mit nach Gossau brachte, haben mich in unserer Arbeit bestärkt: Wir ermöglichen unersetzliche Naturschutzarbeit und jeder Franken macht einen Unterschied.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Mitteilung eines Unternehmens, Verbands, Organisation oder Institution im Wortlaut.
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