Wie stark setzen sich Nationalratskandidaten für den Klimaschutz ein? Das hängt davon ab, welche Kriterien man ansetzt. Derzeit werden Wahlplakate aber mit einem Kleber ausgestattet, der zeigen soll, dass die bewussten Kandidaten nicht «klimaverträglich» sind.
Die FDP ist offenbar zu 22 Prozent klimaverträglich. Und alle Personen, die für sie kandidieren, damit gleich auch. Das ist die Aussage einer Nacht- und Nebelaktion, in der gelbe, kreisrunde Kleber auf Wahlplakaten landeten. Wen es alles getroffen hat, ist noch nicht klar, uns liegt das Beispiel von FDP-Plakaten vor.
Auf den Klebern wird nicht offengelegt, wer dahintersteckt. Ein Umweltrating, das Parteien und Personen mit Prozentpunkten versieht, gibt es aber. Es stammt von der sogenannten «Umweltallianz», die von WWF, Greenpeace, Pro Natura und VCS getragen wird. In dem bewussten Rating erreicht die FDP einen Wert von 21,5 Prozent. Also in etwa das, was auf den Klebern zu sehen ist. Ob die Umweltallianz selbst dahinter steckt oder ob andere Kreise einfach die Informationen übernommen haben, ist offen.
Passen würde es allerdings. Denn die Umweltallianz hat ihren «Wahlkampf» im September gestartet und kommuniziert, man wolle nicht bestimmte Parteien empfehlen, sondern im Sinn einer Information aufzeigen, wer wie umweltverträglich politisiert. Dazu wurden 54 Abstimmungen aus der letzten Legislatur des Nationalrats ausgewertet. Das Ergebnis ist das klassische Links-Rechts-Schema: Aus Sicht der Umweltallianz schneiden Parteien wie SP, Grüne oder GLP gut ab, die CVP liegt in der Mitte, SVP und FDP werden im Rating schlecht bewertet. Die Umweltallianz bezeichnet das Rating als reine «Wahlinformationen».
Die Kleber folgen dieser Mechanik: Sie rufen nicht zur Wahl oder Nichtwahl auf, suggerieren aber natürlich dennoch eine bestimmte Botschaft. Ob die Absicht damit erreicht wird, ist aber zu bezweifeln. Leute mit hohen Prozentwerten dürften sich über den gelben Kleber also sogar freuen, er spricht ihre eigene Zielgruppe an. Dass beispielsweise SVP-Wähler von einer tiefen «Klimaverträglichkeit» eines Kandidaten abgeschreckt werden, ist hingegen nicht zu erwarten.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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