Zum 25. August 2022 erscheint die neue Ausgabe des «Swiss Manufacturing Survey». Die Studie beleuchtet das wirtschaftliche Profil und diverse Faktoren, die zur Stärke der Schweiz als globale Drehscheibe für die internationale Produktion beitragen.
Forschende der Universität St.Gallen (HSG) und der ETH Zürich haben die sechste Ausgabe des «Swiss Manufacturing Survey» veröffentlicht. Das Team wertete Daten von über 300 Unternehmen mit über 1100 Standorten aus 20 Branchen aus, von der Lebensmittelindustrie bis zum Maschinenbau. Die Ergebnisse geben Aufschluss über den aktuellen Stand des Schweizer Fertigungssektors.
Die Umfrage wird jährlich durchgeführt und ermöglicht den Forschenden, einen kontinuierlichen Blick auf die Stärken sowie Schwächen des Produktionsstandorts Schweiz zu werfen. Nach zwei von Corona geprägten Jahren können jetzt auch wieder längerfristige Trends innerhalb der Industrie, sowie die Entwicklung von Stärken und Schwächen der Produktion in der Schweiz analysiert werden.
Der Bericht 2022 befasst sich neben Spezifika des Produktionsstandortes Schweiz insbesondere auch mit der Rolle der Schweiz in internationalen Lieferketten. Neben der Produktion beleuchtet die Studie insbesondere die Kunden-, Lieferanten und Wettbewerbssituation der Branche. «Mit den Daten der vergangenen sechs Jahre können wir den Einfluss von Disruptionen wie der Pandemie oder der Ukraine-Krise auf die Schweizer Produktion untersuchen und bewerten. So dient der Swiss Manufacturing Survey nicht nur Unternehmen, sondern auch Verbänden und der Politik als Richtschnur für ihre strategische Ausrichtung», sagt Prof. Dr. Thomas Friedli, einer der Studienautoren und Experte für Produktionsmanagement an der Universität St.Gallen (HSG).
Erfolgsfaktoren des Produktionsstandorts Schweiz bleiben seit 2017 konstant
Fünf Faktoren tragen seit Beginn der Studie 2017 konstant zum Erfolg des Produktionsstandorts Schweiz bei:
• die hohe Produktqualität
• die Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit der Lieferung
• das starke positive Image der Schweiz
• die starke Innovationsfähigkeit
• der Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften
Zusammengenommen machen diese Faktoren die Schweizer Produktion in globalen Produktionsnetzwerken zu einem stabilisierenden Faktor. Das Schweizer Produktions-Know-how trägt global zur Resilienz und Robustheit bei, in eigenen sowie in Lieferketten von Kunden.
Volkswirtschaftlich bedeutungsvoll, aber Attraktivität als Arbeitgeber nicht sichtbar – Schweizer KMU stehen vor Herausforderungen
Der globale Wettbewerb wird immer anspruchsvoller. Immer neue Anforderungen werden an Industrieunternehmen am Standort Schweiz gestellt. Die Zeiten einer alleinigen Ausrichtung auf Preis, Qualität und Kosten sind vorbei. Schweizer sowie internationale Kund:innen erwarten vielseitige Leistungen von Produkt und Lieferung. Besonders Nachhaltigkeit und Flexibilität werden von Kundenseite jährlich stärker gefordert. Dies gilt auch für KMU, von denen über 200 an der diesjährigen Studie teilgenommen haben. Nahezu jeder zehnte Schweizer Arbeitnehmende ist laut einer Studie des Bundesamtes für Statistik in einem produzierenden KMU tätig. Dies sind mehr Arbeitnehmende als in allen Schweizer Grossunternehmen zusammen.
Herausforderung Nummer Eins für die Schweizer Produktion sind nach wie vor die hohen Mitarbeiterkosten. Doch die Dominanz dieses Faktors hat sich über die letzten sechs Jahre deutlich abgeschwächt. Das zweitgrösste Hindernis stellt die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften in Produktion, Forschung und Entwicklung dar. Somit wird die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften immer wesentlicher. Dies erweist sich besonders für produzierende KMU als besonders herausfordernd, denn weniger als 20 Prozent schätzen sich selbst als attraktiven Arbeitgeber ein.
Gemäss der Umfrage erwarten Schweizer Unternehmen in den nächsten Jahren, dass qualifizierte Mitarbeitende der zentrale Hebel für den Aufbau weiterer Produktionskapazitäten im Inland sein werden. Es wird wichtig, die Vorteile des Arbeitens in produzierenden KMU nach aussen sichtbarer zu machen. Als weitere Chance zur Erhöhung der Fertigungskapazitäten in der Schweiz sehen KMU eine Reduktion Ihrer Fertigungskosten. Im Vergleich zu grossen Unternehmen sehen die Firmen hier ein bedeutendes Potenzial, ihre Effizienz zu erhöhen und somit nationale Kostennachteile zu reduzieren. Es zeichnet sich ab, dass KMU keine einfachen Zeiten bevorstehen, ebenso bieten sich aber die Stärken der Schweiz an, um die Herausforderungen anzunehmen und zu einem internationalen Wettbewerbsvorteil zu nutzen.
Schweizer Industrie zeigt sich krisenresistent
Fazit der Studie: Nach einem herausfordernden Pandemiejahr 2021 schauen die Schweizer Unternehmen wieder zuversichtlicher auf ihre Wirtschaftszahlen und Zukunftspläne.
Erwartet wird ein deutlicher Anstieg der Kundenaufträge und ein Aufbau an Arbeitskräften im In- und Ausland. Sowohl grosse Unternehmen als auch KMU haben auf die Krise reagiert und Resilienzmassnahmen implementiert. Anfang 2022 sieht sich die Schweizer Industrie aber auch durch die aktuelle geopolitische Lage stark betroffen, obgleich nur eine geringe Zahl an Unternehmen eigene Produktionsstandorte oder Lieferanten in den Krisenstaaten hat. Präzise Voraussagen für die kommenden Jahre bleiben aber weiterhin schwierig. Daher wird eine risikobasierte Betrachtung des kompletten Produktionsnetzwerkes zur Daueraufgabe für Unternehmen werden. Auch aus diesem Grund wird im kommenden Jahr ein von der Schweizerischen Eidgenossenschaft gefördertes Forschungsprojekt starten, um externe Unternehmensrisiken besser erkennen und bewerten zu können.
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