Mit Omikron wurde ein neues Kaninchen aus dem Hut gezaubert, um weitere Covid-Einschränkungen zu legitimieren. Diese sehen vor, die nachweislich gesundeste Personengruppe der Negativgetesteten systematisch zu benachteiligen.
Dieser Unsinn verletzt nicht nur Verfassungsrecht, sondern sogar das Covid-19-Gesetz.
Kaum etwas scheint dem Bundesrat weit genug zu gehen, um die Impfquote in der Schweiz zu erhöhen. Dies, obwohl in der Zwischenzeit jedem Menschen mit Hirn klar ist, dass die Impfung keine sterile Immunität bewirkt – Geimpfte sind nach wie vor ansteckend – und eine Auffrischung bereits nach rund einem halben Jahr nötig ist. Also noch häufiger als bei der ebenso fraglichen Grippeimpfung, denn Grippe ist von der Risikoabwägung her nun einmal keine Kinderlähmung (Polio).
Um sein Ziel zu erreichen, gab der Bundesrat zwei Vorschläge in die Konsultation, im Wesentlichen 2G und 2G+, sprich: entweder nur Geimpfte und Genesene. Oder nur Geimpfte und Genesene, die aber zudem negativ getestet sein müssen. Die Restriktionen sollen für weite Teile des (freiwilligen) gesellschaftlichen Lebens gelten. Für den Arbeitsplatz sieht der Bundesrat demgegenüber wiederum nur eine Home-Office-Pflicht vor. Über eine Minimalvernunft scheint er also noch zu verfügen. Er realisiert immerhin, dass die Vernichtung wirtschaftlicher Existenzen relativ rasch bürgerkriegsähnliche Zustände hervorrufen kann und der Mensch von Geburt an zwischen leichteren und stärkeren Freiheitseingriffen differenziert.
Trotz dieser Minimalvernunft sind die bundesrätlichen Pläne höchst besorgniserregend. Sie sehen nämlich nichts anderes als den systematischen Ausschluss ungeimpfter und nicht-genesener Personen aus weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens vor. Ein Negativtest, das an sich beste Mittel, die eigene Gesundheit nachzuweisen, soll nichts mehr zählen. Dies zeigt denn auch, dass es dem Bundesrat kaum um Gesundheit geht, sondern die krampfhafte Steigerung der Impfquote. Schliesslich sollen die bereits auf Kosten des Steuerzahlers milliardenteuer eingekauften Impfdosen nicht im Abfall landen.
Wenn es auch nur ansatzweise um Gesundheitsschutz ginge, müsste man keine Sekunde darüber nachdenken, ob man Personen mit einem Negativtest Zutritt zu öffentlich zugänglichen Lokalitäten gewährt. Es ist, soweit ersichtlich, das erste Mal in der Schweizer Geschichte, dass nachweislich gesunde Menschen derart systematisch benachteiligt werden sollen.
Dabei verbietet der allgemeine Rechtsgleichheitssatz – nicht zu verwechseln mit dem spezifischen Diskriminierungsverbot – bereits eine Ungleichbehandlung, die sich nicht auf sachliche Gründe stützen lässt (Art. 8 Abs. 1 BV). Wie dargelegt, ist die Zutrittsverweigerung zu öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten trotz nachweislichem Negativtest unbegründet. Damit verstösst die 2G-Regel gegen die Bundesverfassung. Noch krasser ist die Rechtsverletzung bei 2G+. Man verlangt also selbst von Geimpften und Genesenen einen Negativtest. Ungeimpfte Personen mit demselben Negativtest lässt man aber nicht in dieselben Innenräumlichkeiten.
Dies erfüllt wohl gar die hohen Anforderungen an eine Willkür in der Rechtsetzung (Art. 9 BV), die vor Verfassungsrecht nicht standhält. Gemäss den Worten des Bundesgerichts liegt eine willkürliche Norm (und nicht bloss willkürliche Anwendung im Einzelfall) vor, wenn sich ein Erlass nicht auf sachliche Gründe stützen lässt, sinn- und zwecklos ist oder an einem tiefgreifenden inneren Widerspruch leidet (BGE 129 I 1, E. 3). Im Studium hat der Autor dieser Zeilen noch gelernt, dass es sich dabei um seltene Ausnahmen handle. Aktuell sind sie schon fast die Regel.
Damit sind bei Lichte – und nicht im Nebel der frühwinterlichen Panik – betrachtet sowohl 2G als auch 2G+ mit geltendem Verfassungsrecht unvereinbar. Es sei daran erinnert, dass die Verfassung noch immer die höchste Rechtsquelle in einem Land bildet, um erstens die Individualrechte der Bürger zu schützen und zweitens die Zuständigkeiten/Kompetenzen der Behörden zu regeln (insbesondere Gewaltenteilung), um vollmachtlosem Machtmissbrauch des Staates vorzubeugen. Es ist vorliegend aber nicht nur das Verfassungsrecht, welches starke rechtliche Bedenken an 2G oder 2G+ hervorruft. Denn Art. 6a Covid-19-Gesetz nennt explizit Impf-, Genesungs- und Testnachweise, was verdeutlicht, dass das Parlament stets von einer – nota bene temporären – 3G-Regel ausging. In einer auf Art. 6 EpG gestützten Verordnung ist der Bundesrat damit an die Wertungen des Gesetzgebers gebunden, denn das Gesetz steht noch immer über der Verordnung.
Das Ziel bundesrätlicher Verordnungen muss damit der Gesundheitsschutz bleiben und nicht die flächendeckende Steigerung der Impfquote. Denn, wie erwähnt, ist es die Wertung der Legislative, Testzertifikate nicht faktisch abzuschaffen (Art. 6a Covid-19-Gesetz). Zudem lässt das Gesetz eine Impfpflicht nur für bestimmte Personengruppen zu (Art. 6 Abs. 2 lit. d EpG). Von dieser Wertung darf der Bundesrat ebensowenig abweichen; dies dürfte einzig das Parlament durch eine neue und mithin referendumsfähige Gesetzesänderung.
Daraus folgt, dass der Bundesrat auf Verordnungsstufe einzig Massnahmen einführen kann, welche effektiv der Senkung von Infektionen dienen (wenn man die Mortalität von Covid nicht ohnehin bereits als allgemeines Lebensrisiko ansieht, welches ausserhalb der Risikogruppe schlicht keine Einschränkungen rechtfertigt). Soweit er Massnahmen erlässt, die (wie 2G oder 2G+) offenkundig einzig auf eine flächendeckende Erhöhung der Impfquote abzielen, überschreitet er seine Kompetenzen. Gesetze zu ändern liegt allein am Parlament bzw. dem Stimmvolk, wobei anzumerken ist, dass Mehrheitsentscheide moralisch nur in Bereichen zulässig sind, die keine höchstpersönlichen Rechte betreffen. Dass wir aktuell nicht nur bei der Impfung, sondern auch der Organspende (Widerspruchslösung) ernsthaft über einen staatlichen Machtausbau debattieren, verdeutlicht anschaulich, wohin es führt, wenn sich zu viele (naive) Hirner mit den Theorien angeblicher Solidarität vollsaugen, welche langfristig immer (!) das freie Individuum abschaffen.
Doch abgesehen von der rechtlichen Dimension stellt sich – wie bei den meisten Freiheitseinschränkungen, die vom Staat ausgehen – auch bei 2G die Frage, ob die Nebeneffekte der Regulierung nicht gegenüber dem eigentlichen Regelungsziel überwiegen. Analog Schwarzmarkt infolge Tabak- und Cannabisregulierung bzw. dem War on Drugs allgemein. Werden die weder Geimpften noch Genesenen nun etwa alle zur Spritze rennen, nachdem sie bereits während der Zertifikatspflicht durchgehalten haben und sich auch durch die nationale Impfwoche im November, einem ökonomischen Flop sondergleichen, nicht haben umstimmen lassen? Vielmehr dürfte es zu Ansteckungspartys kommen, um eine natürliche Immunität zu erreichen, die gemäss diversen medizinischen Untersuchungen auch um ein x-Faches stärker ist als die Impfimmunität.
Wer dies nun verwerflich findet, den gilt es darauf hinzuweisen, dass es auch zur angeborenen Individualfreiheit gehört, eigenverantwortlich Risiken einzugehen; sonst müsste man auch alle Risikosportarten verbieten, wenn man schon einen umfassenden Präventionsstaat befürwortet. Wer also kein Impfabo im Halbjahrestakt lösen will und noch nicht genesen ist (die Zulassung des Antikörpertests führte ja ohnehin bereits zu einer Erhöhung der Genesenenquote, da auch Leute, die nie Symptome verspürt hatten, plötzlich ein positives Resultat erhielten), dürfte unter der 2G-Regel eher risikoreicher leben und damit zur natürlichen Durchseuchung beitragen. Diese völlig natürlichen Begleiterscheinungen jeder staatlichen Regulierung dürften denn gar einen positiven Dienst für alle erweisen – damit sich endlich wieder die Freiheit durchsetzt.
MLaw Artur Terekhov ist selbstständiger Rechtsvertreter in Oberengstringen ZH.
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