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Brauerei-Verbandspräsident im Interview

Nicolo Paganini mag (fast) alle Arten von Bier

Der ehemalige Olma-Direktor und St. Galler CVP-Nationalrat Nicolo Paganini wurde zum obersten Bierbrauer der Schweiz gewählt. Der Bier-Sommelier im Gespräch über seine neue Aufgabe - und zur Frage, welches Bier er unter keinen Umständen trinken würde.

Michel Bossart am 28. April 2020

Nicolo Paganini, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl zum Präsidenten des Schweizer Brauerei-Verbandes. Warum wollten Sie oberster Bierbrauer der Schweiz werden?

Ende März bin ich bei der Olma ausgeschieden, und mein Nationalratsmandat ist ja kein Vollzeitjob. Ich habe schon länger signalisiert, dass ich nach meiner Olma-Zeit für Verbands- oder Verwaltungsratsmandate offen sei. Ich war früher im Weinhandel tätig, und da Bier ebenfalls ein Genussmittel ist, fand ich «Das passt!», als mich der Verband angefragt hatte, ob ich Präsident werden wollte.

Sie sind ja auch ausgebildeter Bier-Sommelier. Wie und wann kam es dazu?

Das war vor etwas vier, fünf Jahren. Damals war die Craft-Bierszene mit ihrer Biervielfalt in aller Munde. In der achttägigen Ausbildung habe ich viel gelernt. Man unterschätzt rasch die Vielfalt von Bier: es gibt hopfen- oder malzbetonte Biere, hochprozentige und so weiter. Und vergessen Sie nicht, nicht nur die kleinen, auch Grossbrauereien machen Spezialitätenbier…

Wie geht es der Schweizer Bierwirtschaft zurzeit und ganz allgemein?

Im Moment ist es natürlich gar nicht gut. Es gibt keine Grossveranstaltungen, die Offa fiel aus, keine Schwingfeste, Festivals und Open-Airs finden statt. Das sind alles Orte, wo gerne Bier konsumiert wird. Von der Gastronomie ganz zu schweigen. Der Wegfall dieses Absatzkanals kann auch der Mehrverkauf über andere Kanäle nicht wettmachen. Vor der Krise verzeichneten wir viele positive Jahre mit warmen Sommern, einer wachsenden Szene und mehr Mitgliedern. Bier als Genussmittel hat eindeutig an Bedeutung gewonnen. Die Zeiten, als morgens Bier auf die Baustelle geliefert wurde, sind längst vorbei.

In der Schweiz wurden letztes Jahr 4.74 Millionen Hektoliter Bier getrunken. Zu viel oder zu wenig?

(lacht) Als Präsident des SBV sage ich natürlich, dass es gut ist, wenn diese Zahl noch steigt. Fakt ist: Der Prokopfkonsum in der Schweiz ist tendenziell rückläufig. Dem SBV ist es wichtig, dass Bier vernünftig konsumiert und genossen wird. Aber natürlich sähen wir es gerne, wenn der Ausstoss steigen würde.

116.7 Millionen Franken Biersteuer hat die Brauwirtschaft 2019 bezahlt. Für welche Zwecke wird diese Steuer erhoben?

Es handelt sich dabei um eine reine Verbrauchssteuer, die in die Bundeskasse fliesst.

Lange Zeit hatte man Angst, dass es in Zukunft nur noch wenige grosse Bierbrauer geben würde. Das Gegenteil ist eingetroffen. Heute gibt es unzählige lokale Brauereien. Ist die Globalisierung hier «gescheitert»?

Das ist eine schwierige Frage. Der Trend der Craft-Biere kam aus den USA. In der Schweiz gab es bis Anfang der 1990er Jahre ein Bierkartell. Dann fiel das Kartell und es kamen neue, auch regionale Marken auf. Wir beobachten einen ähnlichen Trend wie bei den Lebensmitteln, wo ja auch vermehrt regionale Produkte nachgefragt werden. Ich möchte aber eines klarstellen: Auch grössere Brauereien wie Feldschlösschen oder Calanda, die sich in ausländischem Besitz befinden, brauen Schweizer Bier. Da wird alles hier hergestellt und nichts importiert. Bestimmt mehr als 90 Prozent des konsumierten einheimischen Biers stammen aus den grösseren Brauereien, die in unserem Verband Mitglied sind.

Was sind denn die Herausforderungen, die den SBV erwarten?

Das ist der Umgang mit den Alkoholpräventionsfragen. Werbeverbote, Zuckersteuer auf Erfrischungsgetränken, Restriktionen bei der Verpackung oder das Pflichtpfand. Im Umfeld der Regulierung sehe ich die grössten Herausforderungen der kommenden Zeit.

Ihr Lieblingsbier dürfen Sie jetzt ja wohl nicht mehr nennen. Darum: Welche Art von Bier mögen Sie am meisten?

Das kommt ganz auf die Gelegenheit drauf an. Bei einem Fest mag ich ein kühles Lager. Beim Grillieren habe ich gerne ein malzbetontes Bier. Oder ein Weizenbockbier. Tendenziell mag ich zur Begleitung eines Essens eher stärkere Biere mit 6 bis 7 Prozent Alkoholgehalt.

Und welches Bier geht gar nicht?

Keines.

Nicht mal Litchi-Bier?

(lacht) Nein, das muss doch jeder für sich selbst entscheiden. Ich bin offen und probiere auch gerne mal was Neues. Was ich allerdings gar nicht mag, ist fehlerhaftes Bier – wenn es zum Beispiel buttrig schmeckt und diese Eigenart nicht zum Bierstil gehört.

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Autor/in
Michel Bossart

Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).

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