Seit vielen Jahren steht am Walensee eine Raststätte leer. Geplante Umnutzungen scheiterten stets an den Vorgaben. Nun wird die Schweizer Armee das Gebäude als Trainingsort zwischennutzen. Doch genau das wirft neue Fragen auf. Denn es wird mit verschiedenen Ellen gemessen.
Wie «20 Minuten» berichtet, zieht wieder Leben in den Betonkomplex am Walensee, der einst als Raststätte diente. Das Militär soll in dem Gebäude Häuserkampf üben. Das kann man sich durchaus lebhaft vorstellen.
Doch die neuen Interims-Mieter sind nicht unumstritten, wie zahlreiche Leserkommentare zeigen. Denn eine Nutzung im ursprünglichen Sinn, als Raststätte, scheiterte bisher an Vorgaben, die genau genommen auch fürs Militär gelten müssten. Und die in nächster Nähe ebenfalls nicht eingehalten werden.
Der Knackpunkt sind die Parkplätze. Seit Herbst 2017 ist der Platz für die Öffentlichkeit gesperrt. Das Problem ist die Autobahn, die - logischerweise - an der Raststätte vorbei führt. Die Einfahrt vom Gebäude auf die Autobahn ist kurz. Zu kurz, um schnell genug auf 80km/h zu beschleunigen und sich in den laufenden Verkehr einzugliedern, sagt das Bundesamt für Strassen.
Für das Militär hat es laut «20 Minuten» nun aber eine Bewilligung gegeben. Warum Armeefahrzeuge schneller wegfahren und sicher auf die Autobahn gelangen können als private Lenker, ist offen. Zwar nutzt die Armee das Gebäude nur sporadisch, aber in dieser Zeit muss es hin- und wegkommen.
Dazu kommt: In nächster Nähe befindet sich eine Autobahneinfahrt, die angesichts der strengen Auflagen des Bundes wohl noch viel weniger existieren dürfte. Bei Mühlehorn fährt man in einer Kurve ab und steht nach kürzester Zeit sozusagen mitten im Dorf - geradewegs ab der Autobahn. Wer sich normale Autobahnausfahrten gewöhnt ist und erstmals hier abfährt, erlebt sein blaues Wunder.
Mehrere Leser geben auch zu bedenken, dass es in der Schweiz diverse andere Situationen gibt, in denen für das Eingliedern auf die Autobahn eine denkbar kurze Strecke bleibt. Im Fall Walensee ist es offenbar dem Besitzer der ehemaligen Raststätte untersagt, auf seinen eigenen Parkplatz zu fahren. Auch Taucher beklagen sich, die früher von hier aus in den Walensee gelangt sind.
Dass einer Neuauflage als Raststätte behördliche Vorgaben im Weg stehen, nun aber das Militär dort präsent ist, stösst einigen sauer auf. Der eine oder andere vermutet, dass es zwischen den einzelnen Bundesämtern eben schnell und einfach gehe, während private Gesuche abschlägig beantwortet werden.
Eine Zukunft über die Häuserkampf-Trainingstage hinaus scheint das Gebäude jedenfalls nicht zu haben. Selbst eine Umnutzung als Wohnraum für sich selbst wurde dem Besitzer des Gebäudes verwehrt. Und Geld fliesst von der Armee auch nicht: Die temporäre Nutzung fürs Training erfolgt kostenlos.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.