Die Sammlung des botanischen Garten St. Gallen umfasst rund 8000 Pflanzenarten aus aller Welt. (Bilder: Botanischer Garten, St.Gallen)
Es ist warm, es ist feucht und erinnert irgendwie an den Sommerurlaub. Ivo Moser, Co-Leiter des botanischen Gartens in St. Gallen verrät, wie man ein bisschen Sommerfeeling mit in den Herbst mitnehmen kann und dabei auch noch etwas lernt.
Ivo Moser, wie warm ist es im botanischen Garten?
Das kommt drauf an, wo man steht. Im Freiland herrschen morgendliche St.Galler Herbsttemperaturen von kühlen 9 °C. Wer’s wärmer mag, besucht das Tropenhaus. Dort herrscht momentan eine Innentemperatur von 18 °C. In einem warmen Kompartiment für besonders empfindliche Pflanzen sogar 22 °C. Das tönt noch nicht nach besonders heiss. Doch der Eindruck täuscht. Die hohe Luftfeuchtigkeit von 80 bis 90 % hebt die gefühlte Temperatur in den tropischen Bereich.
Was gibt es im botanischen Garten alles zu entdecken?
Unsere Sammlung umfasst rund 8000 Pflanzenarten aus aller Welt. Natürlich sind diese nicht alle gleichzeitig zu sehen. Ein grosser Teil der Sammlung ist geografisch gegliedert. Wir bringen unseren Besuchern die Pflanzenvielfalt Europas, Asiens, Afrikas, Nord- und Südamerikas näher – dies alles gratis, auf überschaubaren 2 Hektaren Gesamtfläche und ohne beschwerliche Anreise direkt vor der Haustüre. Ob aus dem Ausflug in unseren Garten eine Bildungsreise, eine Entdeckungstour oder einfach nur ein erholsamer Aufenthalt in reizvoller Umgebung wird, können die Besuchenden selbst entscheiden. Für fachlich Interessierte bieten wir Führungen und Vorträge an, stellen zu ausgewählten Pflanzen Informationen auf Infotafeln bereit, legen die Monatsschrift «Staunen» auf und versenden monatlich einen Newsletter (Anmeldung unter www.botanischergarten.stadt.sg.ch). Ausserdem vermieten wir den Grünen Pavillon und das Tropenhaus auch an Dritte.
Die Sammlung des botanischen Garten St. Gallen umfasst rund 8000 Pflanzenarten aus aller Welt. (Bilder: Botanischer Garten, St.Gallen)
Gibt es neben den Pflanzen auch Tiere bei Ihnen?
Ja. Das Tropenhaus kann gleich mit zwei nicht-alltäglichen «Haustierarten» aufwarten: Der Antillen-Pfeiffrosch kam mit Pflanzen zu uns, mit denen man 1998 das damals neue Tropenhaus bepflanzte. Die wenigen Tiere sind zu einer stattlichen Population angewachsen. Tagsüber sind die unscheinbar hellbraunen Pfeiffrösche kaum zu sehen. Im Sommerhalbjahr machen die Männchen nachts durch Pfeiftöne auf sich aufmerksam. Das nächtliche Pfeifkonzert ist zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil nächtlicher Tropenhausführungen geworden. Seit Februar 2001 leben zudem Goldstaub-Taggeckos im Tropenhaus. Sie sind dort absichtlich ausgesetzt worden, und auch ihnen gefällt es sehr gut bei uns.
Wie werden die verschiedenen Pflanzen gepflegt? Wie viele Mitarbeiter sind in die Pflege involviert?
Die grosse Vielfalt an Pflanzen verlangt eine differenzierte Pflege. Wir können beispielsweise nicht wie auf einem Gemüsefeld grossflächig gleich intensiv bewässern, sondern müssen den Ansprüchen der einzelnen Pflanzen Rechnung tragen. Dies erfordert Fachwissen und ist mit viel Handarbeit verbunden. Neben der Gartenleitung sind sechs Gärtner:innen und eine Hilfskraft in die Pflege involviert. Hinzu kommen ein bis zwei Zivildienstleistende während der Sommermonate und ab und zu eine Praktikantin/ein Praktikant.
Welche Regeln gibt es im botanischen Garten?
Grundsätzlich nur ganz wenige. Umso wichtiger ist deren Einhaltung. Die Pflanzen unserer Sammlung dürfen nicht beschädigt werden. Das Betreten der Beete und Rabatten ist nicht gestattet. Hunde müssen im Garten an der Leine geführt werden. Infolge der Corona-Pandemie mussten wir neue Regeln einführen. Momentan steht das Freiland auch Besuchenden ohne Zertifikat offen. Im Tropenhaus und im Grünen Pavillon gilt jedoch Zertifikatspflicht. Einlass ins Tropenhaus und Zertifikatskontrolle ist jeweils zur vollen Stunde zwischen 8 und 16 Uhr. Das Alpinenhaus und die Orangerie sind geschlossen.
Wie wird die Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufrechterhalten?
Das Tropenhaus ist beheizt. Eine Nebelanlage sorgt für eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit.
Könnte man also sagen, das Sommerfeeling im botanischen Garten das ganze Jahr geniessen zu können?
Absolut. Wer sich ein Stück Sommer in den Winter hinüberretten möchte, kommt in unserem Tropenhaus voll auf seine Kosten. Wir bieten nicht nur entsprechende Temperaturen, sondern halten auch noch eine stimmige Pflanzenkulisse bereit. Darunter befinden sich viele tropische Nutzpflanzen, denen man auf dem Teller oft schon begegnet ist. Bei uns bietet sich die Möglichkeit, die zugehörige Pflanze kennenzulernen.
«Wer’s wärmer mag, besucht das Tropenhaus. Dort herrscht momentan eine Innentemperatur von 18 °C. In einem warmen Kompartiment für besonders empfindliche Pflanzen sogar 22 °C.»
Manuela Müller (*1994) aus Marbach war bis Ende März 2022 als Redaktorin für «Die Ostschweiz» tätig.
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