«Urstamm» ist ein Ostschweizer Technologie-Startup mit Sitz in Urnäsch. Die Applikation ermöglicht eine transparente Rückverfolgbarkeit von Schweizer Datumsholz. Dank neuester Technologie wird es digitalisiert und unveränderbar archiviert. Damit ist die Herkunft jedes einzelnen Stammes garantiert.
Das Unternehmen «Urstamm» ist ein Startup, welches den Kreislauf des Rohstoffs Holz digitalisiert. «Im Zentrum für uns steht der Aufbau von regionalen Netzwerken. Wir setzen uns für Schweizer Holz, die regionale Wertschöpfung und die Nachhaltigkeit ein», sagt der Geschäftsführer Pascal Inauen. Mit der Lösung von «Urstamm» und dank modernster, klimaneutraler Schweizer Blockchain-Technologie kann ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis für regionales Holz sichergestellt werden.
Urstamm hat eine App entwickelt, die eine umfassende Lösung für die gesamte Holzkette bietet. Diese mobile Anwendung wurde für alle Beteiligten der Wald- und Holzwirtschaft entwickelt. Sie ermöglicht die Datenerfassung und Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Holzkette und verfügt über verschiedene Funktionen für Forstbetriebe, Sägereien, Holzverarbeiter, Schreinereien, Holzbauunternehmen, Architekten und andere an.
Pascal Inauen, wie kam es zu der Gründung des Start-Ups?
Urstamm ist eine Initiative aus der Branche für die Branche. Von Anfang an haben wir mit Unternehmen aus der Wald- und Holzbranche zusammengearbeitet, darunter ein Forstbetrieb, ein Sägewerk und zwei Holzbauunternehmen. Ein wichtiger strategischer Partner ist auch die LAVEBA Genossenschaft, die eng mit uns zusammenarbeitet.
«Urstamm» hat seinen Ursprung in Urnäsch, wo im November 2019 an einem Bevölkerungsanlass unter dem Motto «Gemeinsam in die Zukunft» in einem Workshop die Idee eines digitalen Herkunftsnachweises für Mondholz aufgekommen ist. Kurz darauf entstand in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Urnäsch und dem Revierförster des Forstbetriebs am Säntis ein erster funktionierender Pilot.
Was war die Ursprungsidee von Urstamm?
Wir wollten beweisen, dass Mondphasenholz auch zu einem bestimmten Zeitpunkt gefällt worden ist und man das belegen kann. Das geschlagene Mondholz soll mit einer Applikation erfasst und unveränderbar in der Blockchain abgelegt werden. Durch diese Unveränderbarkeit kann das Vertrauen gegenüber dem Forstbetrieb gestärkt und dem Abnehmer sowie Endverbraucher zusätzlich einen verlässlichen digitalen Herkunftsnachweis garantiert werden.
Wann wurde aus dem Piloten das Start-up Urstamm?
Anfang 2021 wurde das Projekt Mondholz abgeschlossen und das weitere Vorgehen diskutiert. Gemäss dem erstellten Businessplan wurde klar, dass die Weiterführung und Realisierung einer marktreifen Lösung immense personelle und finanzielle Ressourcen erfordert. Aus diesem Grund wurde mit der «Urstamm AG» ein eigenständiges Startup gegründet. Diese ist seit August 2021 daran, eine marktfähige Lösung zur Abbildung von Datumsholz mit digitalem Herkunftsnachweis zu realisieren.
Woher kommt der Name Urstamm?
Urstamm setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen. Einerseits «Ur» für Ursprung, da wir den Baum vom Ursprung im Wald über die weiteren Verarbeitungsstufen verfolgen. Ausserdem steht «Ur» für Urnäsch, wo Urstamm ihren Ursprung hat. Und natürlich aus «stamm», was vom Holzstamm hergeleitet ist.
Was sind denn die Herausforderungen in der Wald- und Holzwirtschaft?
Wir beobachten generell eine steigende Nachfrage nach der Herkunft von Produkten. Das betrifft nicht nur Holz, sondern auch andere Produkte wie Kleidung oder Kaffee. Die Menschen wollen wissen, woher ihre Produkte kommen und wie sie verarbeitet wurden. Explizit im Holzbereich steigen die regulatorischen Anforderungen des regionalen Ressourceneinsatzes und Wertschöpfung. Immer mehr Kantone und Gemeinden legen Wert darauf, mit Holz aus der Region zu bauen.
Eine wichtige Rolle spielen auch die steigenden Anforderungen an digitale Produktpässe. Die EU hat entsprechende Vorschriften erlassen, die in den nächsten Jahren wohl auch in der Schweiz eingeführt werden. Für jedes Produkt muss dann nachgewiesen werden können, woher es stammt.
In den letzten Jahren ist auch verstärkt darauf geachtet worden, die gesamten Bauprozesse und die dabei entstehende graue Energie zu betrachten. Beim Bau eines Hauses ist es entscheidend, welche Materialien verwendet werden und woher sie stammen. Werden sie aus dem Ausland importiert und haben lange Transportwege, oder können sie aus der Region beschafft werden, um den Energieverbrauch zu minimieren? Im Bauwesen rückt zunehmend in den Fokus, die Energie so gering wie möglich zu halten.
Welches würden Sie als Ihre persönliche Knacknuss für Urstamm beschreiben?
Eine Herausforderung stellt dar, dass noch nicht alle Teilnehmer der Wald- und Holzwirtschaft den Druck der digitalen Dokumentation verspüren. Die Anforderungen diesbezüglich werden aber in den kommenden Jahren deutlich steigen. Aus diesem Grund vermitteln wir den Kunden stets, lieber heute mit den ersten Erfahrungen zu beginnen, um im Zeitpunkt X auch bereit zu sein – dies ist nicht zuletzt mit Kosteneinsparungen verbunden.
Zudem bewegen wir uns in einer diversen Branche. Einzelne Player sind in der Digitalisierung weiter als andere. Daher gibt es einige, die mit der Digitalisierung noch Berührungsängste haben. Erfreulich ist zu sehen, dass wir zeigen können, dass der vorerst erwartete Aufwand in der Umsetzung und Anwendung der Applikation geringer ausfällt als jeweils angenommen.
Unsere Erfahrung zeigt, dass der enge und persönliche Kontakt mit den Kunden zentral ist. Der Aufbau von Netzwerken und der Austausch innerhalb der Branche ist von Bedeutung, um die Effizienz zu steigern und die Nachhaltigkeit noch weiter zu verbessern.
Gibt es Pläne, das System auf andere Bereiche oder Länder auszuweiten?
Aktuell konzentrieren wir uns auf das Holz und das Wachstum in der Schweiz. In Zukunft ist die Adaption auf weitere Produkte oder andere Länder durchaus denkbar.
Was sind die Ziele von Urstamm für die nächsten fünf Jahre?
Wir möchten «Die Lösung der Wald- und Holzwirtschaft für eine nachhaltige Schweiz» sein. Durch eine Gesamtlösung für die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft soll die nachhaltige Waldbewirtschaftung zusammen mit der stofflichen Verwertung von Holz gefördert sowie die weiteren Waldleistungen sichergestellt werden. Als vollumfänglicher Technologieanbieter ist unser Ziel die transparente Schweizer Holzkette und belegbare Nachhaltigkeitsdokumentation im Holzbau. Ein weiteres zentrales Ziel ist die Etablierung als Schweizer KMU.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Holzmarktes?
Die zukünftige Entwicklung im Holzmarkt sehen wir positiv. Der Holzbau bzw. der nachhaltige Rohstoff Holz ist weiter im Aufschwung. Trotz anhaltendem Druck aus dem Ausland sehen wir, dass die Bedeutung der Regionalität anhält und zunimmt. Die Bedeutung von funktionierenden Netzwerken innerhalb der Holzkette wird ausserdem weiter zunehmen.
Welche Projekte werden in der nächsten Zeit in Angriff genommen?
Aktuell werden diverse Projekt umgesetzt. Neben Einfamilienhäusern ist der digitale Herkunftsnachweis und damit die Applikation von Urstamm in Grossprojekten im Einsatz. Dies sind beispielsweise ein Hotelbau sowie ein Bürogebäude. Beispielsweise im Bürogebäude «HORTUS» ist die Dokumentation der Nachhaltigkeit ein zentrales Schlüsselelement.
Dzana Muminovic (1999) aus der Au hat an der Universität Zürich Kommunikationswissenschaften und Medienforschung studiert. Zurzeit absolviert sie ein Trainee-Programm bei der Galledia AG und arbeitet als Redaktorin bei «Die Ostschweiz».
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