Warum kann man auf Staatshaushalte keine Wetten abschliessen? Wohl liegt es daran, dass die Quote miserabel wäre. Bei Wetten liegt es in der Natur der Sache, dass ein Unsicherheitsfaktor das Ergebnis beeinflussen kann. Bei den Staatsausgaben nicht. Sie kennen nur eine Richtung: nach oben.
In diesen Tagen präsentiert der Kanton Thurgau das Budget 2022. Darin sind erstaunliche 48.95 neue Planstellen aufgeführt. Bereits in der Botschaft ist man darum bemüht, das Stellenwachstum zu rechtfertigen und verweist darauf, dass davon lediglich rund 26 Stellen von der Verwaltung direkt beeinflussbar sind und das Stellenwachstum verhältnismässig weniger zunimmt als das Bevölkerungswachstum. Wir dürfen also daraus ableiten, dass die Anzahl kantonaler Stellen an das Bevölkerungswachstum gekoppelt ist. Und die Statistik gibt diesem Argument Recht. Der Kanton Thurgau verzeichnete in den letzten Jahren tatsächlich ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang sind die Bemühungen der kantonalen Verwaltung in den vergangenen Jahren, die Digitalisierung voranzubringen. Wenn also eine digitale Verwaltung keine Effizienzsteigerung auslöst, also mit dem gleichen Personalbestand nicht mehr Leistungen erbracht werden können, sei die Frage erlaubt, was die Investitionen in die Digitalisierung dem Steuerzahler bringen. Die Antwort liefert auch die Botschaft zum Budget 2022: Mit der Umsetzung der Strategie Digitale Verwaltung liegt der Fokus auf den Abläufen und stellt die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ins Zentrum. E-Government bedeutet also mehr Bürgerservice und nicht eine leistungsfähigere Verwaltung.
Glaubt man dem Gesetz der Zyklen, wird die Bevölkerung im Kanton Thurgau auch wieder mal zurückgehen, folglich müssten dann auch die Staatsausgaben sinken – Digitalisierung hin oder her. Ich würde trotzdem nicht darauf wetten.
Marc Widler ist Geschäftsführer des Thurgauer Gewerbeverbandes.
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