Nachdem lange nur davon geredet wurde, macht ein bürgerliches Komitee nun ernst: Seit dieser Woche werden Unterschriften für die SRG-Initiative gesammelt, welche die jährliche Serafe-Gebühr bei maximal 200 Franken deckeln möchte.
Wir erinnern uns an den NoBillag-Abstimmungskampf Anfang 2018. Bis weit in bürgerliche und auch SVP-Kreise hinein hiess es, eine vollständige Abschaffung staatlicher Radio- und Fernsehabgaben sei „zu radikal“. Besser sei es, die SRG zum Sparen zu bewegen und die Zwangsabgaben auf rund 200 Franken jährlich zu halbieren, erhielten die Vertreter des nationalen NoBillag-Initiativkomitees, welchem auch der Autor dieser Zeilen angehörte, öfters zu hören.
Prominent für eine Halbierung – statt vollständige Gebührenabschaffung – trat auch die damalige SVP-Nationalrätin und heutige Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli ein, welche (vermutlich) aus wahlkampfstrategischen Gründen eine entsprechende „Petition Gebührenmonster“ lanciert hatte. Abgesehen davon, dass die Bezeichnung eines Anliegens als „radikal“ keineswegs bedeutet, dass dieses schlecht ist. Denn immerhin ist das deutsche Wort „radikal“ etymologisch auf lateinisch „radix“ – also „Wurzel“ – zurückzuführen.
Ein radikales Anliegen möchte also bei Lichte betrachtet Probleme an der Wurzel packen anstatt Symptombekämpfung zu betreiben – was ausser für Berufslobbyisten für jeden halbwegs weitsichtigen Menschen eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Wie dem auch sei: Parallel zum Niedergang des Lateins in der Allgemeinbildung erlitt auch die NoBillag-Initiative bei der Volksabstimmung vom 4. März 2018 eine deutliche Niederlage.
Seither blieb es lange ruhig. Jene Gegner „unserer“ NoBillag-Initiative, welche die Lancierung einer Halbierungsinitiative versprachen, bewegten sich vorerst nicht. Doch zu Beginn dieser Woche gab es eine freudige Mitteilung: Ein bürgerliches, überparteiliches Initiativkomitee sammelt neu Unterschriften für eine nationale Volksinitiative, die SRG-Initiative, welche auf Ebene Bundesverfassung einen Gebührendeckel für Radio- und Fernsehabgaben von maximal 200 Franken jährlich fordert. Ob weniger Covid-Restriktionen bei der Unterschriftensammlung auf der Strasse oder die erfreulich deutliche Ablehnung des Medienförderungspakets im Februar 2022 für die Lancierung des Volksbegehrens gerade zum jetzigen Zeitpunkt ausschlaggebend waren, kann offenbleiben.
Wertvoll ist, dass das frühere Versprechen nun endlich eingelöst wird. Denn dem Komitee der SRG-Initiative gehören nicht bloss der Zuger Unternehmer Andreas Kleeb (FDP) an, mit welchem der Autor dieser Zeilen bereits 2014 an der Lancierung der NoBillag-Initiative beteiligt war. Die Mehrheit der Mitglieder ist tatsächlich jenen Kreisen zuzuordnen, welchen die vollständige Gebührenabschaffung noch „zu radikal“ war. Mit anderen Worten: Die Abstützung der Forderung nach einer Kostensenkung bei der SRG ist heute wesentlich breiter als noch 2018.
Gut möglich, dass Ringier-Waldersche Exzesse (im Wesentlichen: „wir als Medien müssen dem Bundesrat in Covid-Zeiten den Rücken stärken“) sowie die panikbasierte Berichterstattung der letzten beiden Jahre vielen Leuten vor Augen geführt haben, dass eine zu enge Verflechtung von Medien und Staat immer (!) zu einem Versagen der medialen Kontrollfunktion gegenüber staatlicher Machtausübung führt. Dafür würde im Umkehrschluss auch sprechen, dass ausgerechnet Natalie Rickli als Zürcher SVP-Gesundheitsdirektorin – ganz entgegen ihrer früheren landesweiten Petition – im heutigen Komitee vergebens gesucht wird; gerade ihr Rücken wurde in letzter Zeit medial durchaus gestärkt, die fehlende Evidenz für einige Anordnungen aus der Küche ihrer kantonalen Direktion (beispielsweise die Testpflicht einzig für ungeimpfte Angestellte des Gesundheitswesens, obschon ungeachtet der gesamten Nebenwirkungsdebatte niemand ernsthaft bestreiten kann, dass auch Geimpfte nach wie vor Dritte anstecken können) kaum öffentlich hinterfragt.
Zu wünschen ist, dass die Unterschriften für die neue, breit abgestützte Initiative rasch zusammenkommen. Dies wäre ein klares Signal nach Bundesbern, dass im zweiten Anlauf die Chancen weit besser stehen, die SRG zu mehr Wirtschaftlichkeit zu bewegen. Und dass auch die lobbynahe Classe Politique die Augen vor der Realität nicht ewig verschliessen kann.
MLaw Artur Terekhov ist selbstständiger Rechtsvertreter in Oberengstringen ZH.
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