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Wiborada2021

St.Gallen entdeckt seine Heilige neu

Vor über tausend Jahren lebte die heilige Wiborada von St.Gallen neben der Kirche St.Mangen als Eingeschlossene in einer Zelle. Dieses Jahr wagen zehn Frauen und Männer es, dem Leben und Wirken dieser Frau nachzuspüren, indem sie sich jeweils für eine Woche einschliessen lassen.

Die Ostschweiz am 14. März 2021

Damit auch andere Menschen Wiborada entdecken und kennen lernen können, hat die Cityseelsorge der katholischen Kirche im Lebensraum St.Gallen mit Partnern ein vielseitiges ökumenisches Rahmenprogramm vorbereitet. Alle Veranstaltungen sind und werden an die aktuelle Corona-Situation angepasst und mit entsprechenden Massnahmen durchgeführt.

Als erste Frau überhaupt wurde Wiborada heiliggesprochen – und trotzdem ist über die St.Galler Stadtheilige, die als Einsiedlerin und Märtyrerin gelebt hat, wenig bekannt.

Jahrelang lebte diese erstaunliche Frau strikt eingeschlossen, als «Inklusin», in einer Zelle bei der Kirche St.Mangen. Doch blieb sie durch ein Fenster allen Menschen zugewandt, die Rat suchten. Auch die Mönche des Klosters St.Gallen kamen regelmässig vorbei. Dank diesem Kontakt und den Visionen der Heiligen wurden die Stadtbevölkerung, der Klosterschatz und die Stiftsbibliothek beim Einfall der Ungarn gerettet – Wiborada, die ihre Klause nicht verlassen wollte, bezahlte mit ihrem Leben.

Die Hl. Wiborada ist ein Schatz aus dem kulturellen Erbe der Stadt St.Gallen. Diesen entdeckt ein Projektteam aus Menschen der kath. und ref. Kirche in St.Gallen ab Ende April 2021 neu. Vom 24. April bis zum 3. Juli 2021 werden zehn Männer und Frauen während jeweils einer Woche Wiborada «nachspüren» und in einer Zelle bei der Kirche St.Mangen leben. In Einsamkeit, Abgeschlossenheit und Gebet suchen sie die Freiheit, die auch Wiborada schon entdecken konnte. Ab Mitte März 2021 wird eine Klause am historischen Ort der früheren Wohnstätte Wiboradas neu aufgebaut. Die heutigen «Inklus/innen» werden von Menschen aus der Umgebung versorgt und öffnen ihre Fenster zu festen Zeiten.

Gleichzeitig kann die Bevölkerung den «Wiborada-Schatz» erleben. Mit Vorträgen, speziellen Führungen und Ausstellungen von historischen und zeitgenössischen Objekten an verschiedenen Orten der Stadt soll die St.Galler Stadtheilige mit ihren vielseitigen Facetten der breiten Öffentlichkeit bekannt werden. Alle Veranstaltungen werden an die Bestimmungen zur COVID19-Situation angepasst.

«Siebzehn Annäherungen an Wiborada von St.Gallen»

Am Welttag des Buches am 23. April 2021 liest die Autorin Natacha Ruedin-Royon aus ihrem neuen Band «weihergespräche. siebzehn annäherungen an wiborada von st.gallen.». In 17 Gedichten geht sie den Spuren der weitgehend unbekannten Stadtheiligen und Patronin der Bibliotheken nach und lässt sie im Jetzt und Heute lebendig werden.

Aufgrund der Einschränkungen für Veranstaltungen aufgrund von Covid19 wird der Gedichtband in einer musikalischen Lesung auf einer Tonspur veröffentlicht. Natacha Ruedin-Royon liest fünf Gedichte, die musikalisch von Ruth Bischofberger interpretiert werden. Dazu würdigen die Historikerin Judith Thoma, der Präsident der evang.-ref. Kirchgemeinde St. Gallen C, Christian Kind, und die Schriftstellerin Ruth Erat das Erstlingswerk der St.Galler Autorin mit drei kurzen Impulsreferaten per Video.

Einzug und Ausschluss der Inklusinnen und Inklusen

Am Samstag, 24. April um 16 Uhr zieht Hildegard Aepli, Initiantin des Projekts Wiborada 20221, als erste Frau in die neu errichtete Zelle am historischen Ort in der Kirche St.Mangen ein. Ihr Aufbruch in eine Woche in Einsamkeit, Gebet und Stille beginnt mit einer halbstündigen Feier in der Kirche. Sie endet am Samstagmorgen, 1. Mai 2021. Am Nachmittag um 16 Uhr zieht dann die nächste Person ein. Am 3. Juli wird die Zelle zum letzten Mal geöffnet und das Projekt geht zu Ende. Das Fenster «nach aussen» ist von Sonntag bis Freitag zwischen 12.30 und 13.30 Uhr sowie zwischen 17.30 und 18.30 Uhr geöffnet.

Stationenweg Kirche St.Mangen «In der Einsamkeit Gott suchen»

Wiboradas Beispiel inspirierte Menschen, eine Beziehung zu Gott zu suchen. Der Stationenweg in der Kirche St.Mangen will dies für Menschen von heute: Er führt in und um die Kirche herum und besteht aus zehn Einheiten zum Sitzen, Knien, Riechen, Hören und Nachdenken. Besucherinnen und Besucher können den Stationenweg von Montag bis Samstag, zwischen 9 und 18 Uhr besuchen, alleine oder – sofern aufgrund der aktuell geltenden Coronamassnahmen möglich – auch in einer Gruppe. Dafür braucht man etwa eine halbe Stunde Zeit.

Gebetszeit am Abend und Gebetszeit mit klanghalt

Vom 26. April bis 2. Juli 2021 findet jeweils von Montag bis Freitag von 18.30 – 19 Uhr in der Kirche St.Mangen eine kurze Andacht statt. Interessierte können an diesen Gebetszeiten am Abend die Psalmen, biblische Texte und zeitgenössische Gebete entdecken. Den spirituellen «Schatz der Wiborada» sollen auch die Menschen in St.Gallen und darüber hinaus erfahren.

An Freitagen findet die Gebetszeit am Abend in Kooperation mit klanghalt statt: Das sind 10 Minuten Zeit, eingerahmt von Orgelspiel, um ein einen Psalm hineinzuhören und ihn sich in Poesie und Gebet, Stille und Lied zu erschliessen. klanghalt findet unter der Leitung von Imelda Natter statt.

Schreibhalt: Schreibwerkstatt für Psalmen in verschiedenen Kirchen

Schreibhalt ist eine Einladung, unter Anleitung selbst ins Schreiben zu kommen – ganz unter dem Motto «was im Herzen brennt und auf der Zunge zergeht». So haben es die Psalmschreibenden vor mehr als 2500 Jahren getan und so wollen es die Verantwortlichen und Teilnehmenden heute auf ihre Weise tun. Orte, Termine und Namen der Leitenden sind unter wiborada2021.ch/schreibhalt zu finden.

«Abenteuer Wiborada» als digitale Schnitzeljagd für Kinder

Familien oder ältere Kinder können Wiborada an einem freien Nachmittag oder am Wochenende digital kennenlernen. Die Schnitzeljagd «Abenteuer Wiborada» basiert auf der App Actionbound und bietet Audio-Einheiten mit Geschichten über Wiborada, Rätsel und Spass. Die Tour durch den eher unbekannten Winkel der St.Galler Altstadt führt über Treppen, Brunnen und Bänke. Es sind ein Smartphone, gegebenenfalls Kopfhörer und die kostenlose App Actionbound erforderlich – dann startet das Spiel per QR-Code. Dauer ca. 1 Stunde.

Ausstellung «Kirchenschätze» in St.Georgen

Bevor sie sich in der Zelle in St.Mangen einschliessen liess, lebte Wiborada viele Jahre in St.Georgen. Noch heute erinnern die Kirche und die Krypta an ihr Wirken. In der Ausstellung «Kirchenschätze» werden sakrale Objekte aus fünf Jahrhunderten gezeigt: Sie veranschaulichen, wie sehr Wiborada die Frömmigkeit und die kirchliche Kunst beeinflusste. Die Ausstellung «Kirchenschätze» wird am Freitag, 30. April 2021 mit einer Führung auf einer Leinwand zum individuellen Besuch eröffnet. Falls es die COVID19-Massnahmen zu lassen, findet eine persönliche Führung mit der Seelsorgerin Barbara Walser statt. . Besichtigungen sind während der Monate Mai und Juni individuell möglich. Kirche und Krypta sind täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

Weitere Anlässe und Angebote von Wiborada2021

Die öffentlich-digitalen Vorträge der Universität St.Gallen finden vom 27. April bis 18. Mai 2021 vier Mal am Dienstagvormittag per ZOOM unter den Titeln: «Wiborada von St. Gallen – die vergessene Stadtheilige» statt. Anschliessend folgt jeweils ein digitaler Rundgang durch die Kirche St. Mangen.

Im Historischen und Völkerkundemuseum HVM starten zwei Führungen Kultur am Feierabend: Führungen des HVM über Wiborada als Zeugin ihrer Zeit.

In der Stiftsbibliothek gibt es eine Führung «Faszination Wiborada» mit einer Präsentation der Handschriften aus dem Cod. Sang. 602 über die Legenden von Wiborada.

Jeweils am Samstag bietet St.Gallen-Bodensee Tourimus um 16.30 Uhr einen 30-minütigen Rundgang nach der Einschliessung an. Kosten CHF 5.-

Am Wiborada-Tag am 2. Mai 2021 wandern Pilgerinnen und Pilger durch St.Gallen und bringen die Wiborada-Statue des Künstlers Det Blumberg von der Kathedrale in die Kirche St.Mangen.

Beim Verlage Schwabe erscheint ein wissenschaftlicher Sammelband «Wiborada – die vergessene St. Galler Heilige» mit ca. zehn Beiträgen, Erscheinungszeitpunkt voraussichtlich Ende 2021.

Wiborada-Brot

Wiborada segnete Brot, das ihr die Menschen vorbeibrachten, und teilte es mit ihnen. Das Cafe Goldkind hat extra für Wiborada2021 ein urchiges Brot entwickelt. St.Gallerinnen und St.Galler sind eingeladen, das Wiborada-Brot dort zu kaufen, zu segnen und mit ihrem Umfeld zu teilen.

Wiborada2021 ist ein ökumenisches Projekt mit vielen Beteiligten. Zur Verwirklichung von Wiborada2021 tragen bei:

• Café Goldkind

• Cityseelsorge der Katholischen Kirche im Lebensraum St. Gallen

• Daniel Cavelti, Architekt

• Evang.-ref. Kirchgemeinde St. Gallen C

• Kantonsbibliothek Vadiana

• Klanghalt - um himmels willen singen

• Stattkloster

• Stiftsbibliothek St.Gallen

• St.Gallen Bodensee Tourismus

• Pfarrei St.Georgen

• Charlie Wenk und Walter Frei - Stadtführungen

• Historisches und Völkerkundemuseum

• Universität St.Gallen - Kath. Universitätsseelsorge

Warum Wiborada2021 mitten in der Corona-Pandemie?

Wiborada2021 stellt eine Frau ins Zentrum, die sich weitgehend gegen ein Leben «in der Welt» entschieden hat. Und bei Wiborada2021 lassen sich heute Männer und Frauen eine Woche lang einschliessen. Wurden seit Ausbruch der Covid19-Pandemie nicht genügend Menschen «eingeschlossen»?

Im zweiten Corona-Jahr, das für tausende Menschen weltweit unfreiwilliges Eingeschlossen-Sein bedeutet, mag das überraschen oder vielleicht sogar zynisch wirken. Aber das Projektteam sieht Wiborada2021 als «Zeichen der Zeit». Die Auseinandersetzung mit Wiborada, gerade unter den Vorzeichen von Covid19, lädt ein, über Freiheit und Eingeschlossen-Sein tiefer nachzudenken.

Weitere Gedanken des Projektteams sind auf wiborada2021.ch unter News zu finden.

Stimmen aus dem Projektteam zu Wiborada2021

Hildegard Aepli, Initiantin von Wiborada2021:

«Seit einem Jahr bereiten sich zehn Inklusinnen und Inklusen im Projekt Wiborada2021 darauf vor, sich eine Woche bei St.Mangen einschliessen zu lassen. Sie versuchen, sich einer aussergewöhnlich starken St.Gallerin anzunähern, indem sie sich in ihre Geschichte vertiefen und eine kurze Zeit ihre extreme Lebensform nachempfinden. Die Inklusinnen und Inklusen gestalten diese Zeit als Woche der Einkehr und des Gebets. Genau wie Wiborada von St.Gallen öffnen sie aber ihr Fenster zweimal täglich für Besucherinnen und Besucher der Stadt. Das Fenster nach innen und das Fenster nach aussen, die Lebensweise der Wiborada, hat in dieser Form Bedeutung für alle, die Selbstverwirklichung und Freiheit suchen.»

Ann-Katrin Gässlein, Cityseelsorge Katholische Kirche im Lebensraum St.Gallen, Ressort Kultur und Bildung

«Bei Wiborada2021 beteiligen sich Bibliotheken, Museen, Universitäten und viele Einzelpersonen. Wiborada2021 regt unterschiedliche Menschen an, die fast unbekannte St. Galler Stadtheilige neu zu entdecken. Dies ist gerade jetzt im Jubiläumsjahr zu 50 Jahren Frauenstimmrecht wichtig: Es zeigt uns ja, dass noch vieles zu tun ist. Zusammen heben wir einen Schatz aus dem Erbe unserer Stadt, machen ein Stück (Religions-)Geschichte neu sichtbar und verhelfen dieser mutigen und beeindruckenden Frau zu Wahrnehmung und Würdigung.»

Matthias Wenk, Mitglied der Cityseelsorge der Katholischen Kirche im Lebensraum St.Gallen:

«Was gab Wiborada die Kraft und die Motivation, ihr Leben so ganz anders zu führen als es in der Gesellschaft damals – und heute natürlich auch – üblich war?! Woran orientierte sie ihr Leben? Ich glaube, das Gebet, die Beziehung zu Gott, der Kontakt mit dem Göttlichen war ihre unerschöpfliche Kraftquelle. Auch über das Gebet wollen wir uns an diese beeindruckende Frau herantasten und selbst erfahren und erleben, was für ein Lebensquell Spiritualität ist. Zu dieser Erfahrungen sollen uns die regelmässigen Gebetszeiten inspirieren.»

Imelda Natter, Evang.-ref. Kirchgemeinde St.Gallen C:

«Warum Wiborada und klanghalt? Die Idee in beiden Projekten trifft sich im Anliegen: das literarisch-spirituelle Erbe der Psalmlieder zu entdecken, zu erproben und ihre Kostbarkeiten weiterzugeben und das in vielfältiger Weise: hörend oder schreibend, schweigend oder singend, essend oder feiernd.»

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Autor/in
Die Ostschweiz

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.

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