Immer wieder heisst es, dass die Massnahmen gegen Corona zu einer Zunahme der Fälle in Psychiatrischen Kliniken und anderen Auswirkungen führen. Wie sieht das im Kanton Thurgau konkret aus? Vier Kantonsräte wollen Antworten von der Regierung.
Zwei psychiatrische Kliniken gibt es im Kanton Thurgau, eine in Münsterlingen (Bild oben), eine in Littenheid. Diese, so heisst es immer wieder, stellten seit dem Beginn der Coronasituation eine Zunahme bei den Patientenzahlen fest. Darunter soll es viele Jugendliche haben, die mit den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen schlecht zurechtkommen. «Heisst es» meint: Es wird gemunkelt, aber verlässlich weiss man nichts. Spital Thurgau, die Spitalgruppe, welche unter anderem die beiden Kliniken führt, legt jeweils in einem Geschäftsbericht über das ganze Jahr Rechenschaft ab. Derjenige für das Jahr 2020 wurde bisher noch nicht publiziert.
Vier Thurgauer Kantonsräte wollen es nun aber genauer wissen. Sie erkundigen sich in einer Einfachen Anfrage nach der «Entwicklung der Suizidrate, häuslicher Gewalt, Übersterblichkeit und psychischen Krankheiten vor und während der Corona-Pandemie». Dabei nehmen sie Bezug auf die kursierenden Gerüchte über die Zunahme von Folgeproblemen.
Zunächst hatten sie gehofft, solche Antworten auch ohne einen Vorstoss im Parlament zu erhalten. Im Januar hat der Grosse Rat eine Spezialkommission zu Corona gebildet, die den Regierungsrat bei den Arbeiten rund um die Bewältigung der Situation begleiten soll. Die Kantonsräte Oliver Martin (SVP, Leimbach), Peter Schenk (EDU, Zihlschlacht), Gottfried Möckli (SVP, Basadingen) und Hermann Lei (SVP, Frauenfeld) haben mit ihren Fragen zunächst bei dieser Kommission angeklopft, «es konnte jedoch keine Auskunft gegeben werden», wie es im Vorstoss heisst.
Konkret will das Quartett wissen, wie sich die Zahl psychisch Kranker im Thurgau seit 2018 bis und mit 2020 entwickelt hat, wie es mit der Anzahl der IV-Neuanmeldungen aussehe, wie sich die Belegung der Kinderpsychiatrie bewegt habe und wie es mit der Suizidrate und den Suizidversuchen sowie der häuslichen Gewalt stehe. Zudem fragen sie, wie die Regierung den möglichen Zusammenhang zwischen der Pandemie und den genannten Vorkommnissen beurteile. Auch nach einer allfälligen Übersterblichkeit im Jahr 2020 im Kanton Thurgau erkundigen sich die vier Politiker.
Es ist – analog zur ewigen Geschichte mit der Suizidrate auf nationaler Ebene – davon auszugehen, dass die meisten dieser Zahlen durchaus vorliegen, auch wenn sie zusammengetragen werden müssen, sofern sie noch nicht für die entsprechenden Jahresberichte aufbereitet wurden.
In welche Richtung die Antwort vermutet wird, legt einer der Fragesteller Oliver Martin gleich selbst offen auf Facebook, wo er den Vorstoss publik macht: «Unserer Meinung nach sind die Schäden und Nebenwirkungen welche durch die ganzen Corona Massnahmen verursacht werden ebenso schlimm wie das Virus.»
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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