logo

Wirtschaftsforum Thurgau

Thurgauer Appelle für ein stärkeres Zusammenspiel

Innovation und Teamgeist: So lauteten die Schlagworte des Thurgauer Wirtschaftsforums, das am Donnerstag zum 27. Mal über die Bühne ging. Geprägt war es von Appellen wider die Sattheit und für ein stärkeres Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik.

Die Ostschweiz am 17. November 2023

Weltpolitische Verwerfungen, unsichere wirtschaftliche Perspektiven und auseinanderdriftende gesellschaftliche Kräfte boten den Rahmen für die Zusammenkunft der Thurgauer Wirtschaft in Weinfelden. Die Zürcher Wirtschaftsphilosophin und Publizistin Katja Gentinetta lieferte die philosophische Einordnung, indem sie die drei wesentlichen Herausforderungen heutiger Zeit skizzierte. Als grösste Herausforderung bezeichnete sie das Verhältnis der Schweiz zur EU, dies im Rahmen einer Globalisierung, die im Sinne von Nachhaltigkeit mitten in der Transformation sei. «Wirtschaft und Politik sollten sich dabei verstärkt als Partner verstehen, zum Nutzen Anderer», forderte Gentinetta. Zweite grosse Herausforderung sei die sich spaltende Gesellschaft, die dritte die Generation Z, «ich nenne sie Generation Anspruchsvoll», auf die man nicht zweifelsfrei zählen könne.

«Die Jungen sind satt»

Ipek Demirtas, die CEO von Forster Swiss Home in Arbon, nahm den Faden auf, blickt sie doch skeptisch auf die künftige Innovationskraft der Schweiz. Sie habe den Eindruck, dass die Jungen in der Schweiz heute satt seien und sich auf den Erfolgen ihrer Väter und Grossväter ausruhten: «Ich vermisse, dass sie brennen, dass sie Ziele, Visionen haben, dass sie sich anstrengen. Mit dieser Haltung kann sich ein Unternehmen, eine Wirtschaft nicht erfolgreich entwickeln.»

Wie man ein Unternehmen erfolgreich (wieder) auf die Spur bringt, hat Ipek Demirtas selbst bewiesen. Sie übernahm die Küchenfirma, die kurz vor dem Ende stand, 2017 zusammen mit einem Partner. Sie habe dies aus Leidenschaft getan, erzählte sie. Den damals 80 Mitarbeitenden habe sie neues Selbstbewusstsein eingeimpft, indem sie mit jedem gesprochen und mitgeteilt habe, dass Forster etwas ganz Besonderes produziere, nämlich den Mercedes der Küchen. Heute zählt die Firma über 180 Mitarbeitende.

In der anschliessenden, von Moderatorin Mona Vetsch geführten Podiumsdiskussion nahm neben Gentinetta und Demirtas auch die Thurgauer Unternehmerin und SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr teil. Sie störe sich daran, sagte Gutjahr, «dass die Leute immer weniger arbeiten wollen». Gutjahr wünschte sich, «dass man nicht nur an den eigenen Profit denkt, sondern das Kollektive wieder mehr ins Zentrum stellt».

Solide Wirtschaft in volatilem Umfeld

Das Wirtschaftsforum in Weinfelden fokussiert selbstredend jeweils auch auf die Situation im Kanton Thurgau. Daniel Wessner, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit, verwies auf die stabile Situation der Thurgauer Wirtschaft mit ihren rund 19'000 Unternehmen. Deren Zahl sei stetig etwas gewachsen, ebenso die Zahl der Arbeitsplätze. Der Arbeitsmarkt habe sich nach Corona rasant erholt, heute belaufe sich die Arbeitslosenquote auf 1,8 Prozent und liege somit unter dem Schweizer Durchschnitt von 2,1 Prozent. Schwächen ortete Wessner bei der Innovationskraft und durch die Abwanderung von Talenten. Über 90 Prozent der Thurgauer Unternehmen seien heute auf der Suche nach Arbeitskräften.

Ivo Germann, Leiter der Direktion Aussenwirtschaft im Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, vertrat SECO-Direktorin Helene Budliger Artieda, die ihren geplanten Auftritt am Wirtschaftsforum wegen des Staatsbesuchs von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron absagen musste. Germann präsentierte ein Staatssekretariat, das sich aufgemacht hat, dynamischer und präsenter zu werden. Obwohl die Wertschöpfung in der Industrie in jüngster Zeit zurückgegangen sei, erklärte er in Bezug auf die Schweizer Wirtschaft, diese werde weiter wachsen, wenn auch in gebremstem Tempo.

Preisgekrönter Koch als Thurgauer des Jahres

Wie schon im Vorjahr war in das Wirtschaftsforum ein Gespräch mit dem frisch gebackenen Thurgauer des Jahres integriert – in Kooperation mit der Thurgauer Zeitung. Die Auszeichnung ging diesmal an das kulinarische Aushängeschild des Kantons, Silvio Germann, der für seine Kochkünste im «Mammertsberg» in Freidorf von Gault-Millau zum Koch des Jahres gekürt wurde. Mit 34 Jahren führt er ein junges Team, das sich mit innovativer Küche in kurzer Zeit einen Namen gemacht hat.

Eröffnet wurde das Wirtschaftsforum im Kongresszentrum Thurgauerhof von Thomas Koller, dem CEO der Hauptsponsorin, der Thurgauer Kantonalbank, sowie vom Thurgauer Regierungspräsidenten Urs Martin. Martin verwies seinerseits auf die jüngst etwas abgekühlte Stimmung in der Thurgauer Wirtschaft. Mit Blick auf die Kantonsfinanzen seien in jüngster Zeit Einnahmen weggebrochen.

Wiederum erwies sich das Wirtschaftsforum Thurgau als gut besuchte Plattform für Inspiration, Information und Austausch. Das 28. Forum wird am 7. November 2024 stattfinden.

WERBUNG
Ostschweiz Newsletter

Highlights

Meinung zu Idee von Bundesparlamentskommission

Die angedachte «vorgezogene Retourengebühr» für den Online-Versandhandel ist ein ausgemachter Unsinn

am 03. Dez 2023
Reaktionen auf Bundesentscheid

Nach Bekanntgabe eines neuen Asylzentrums in Rehetobel: «Die Bevölkerung ist verunsichert»

am 01. Dez 2023
Interpellation der SVP

Hat die Wiler Schule Lindenhof ein Gewaltproblem?

am 05. Dez 2023
Pflege zu Hause

Spitex St.Gallen auf dem Weg in ruhigere Gewässer? Das ist der neue Verwaltungsrat - und so viele haben sich beworben

am 04. Dez 2023
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
St.Gallen wählt im Frühling

Regierungsratswahlen: Was bisher bekannt ist, und weshalb alle auf die SVP warten

am 05. Dez 2023
Martin Imboden

Herzstillstand: Gemeindepräsident von Wuppenau ist unerwartet verstorben

am 05. Dez 2023
Rettungsdienst umfährt Notfallzentrum

Happiger Vorwurf des Toggenburger Ärztevereins: «Kantonale Gesundheitspolitik gefährdet die Bevölkerung»

am 05. Dez 2023
Ostschweizer Energieversorgung

Energieversorgerin SAK setzt sich als erstes Schweizer Energieunternehmen Netto-Null-Ziel bis 2040: Die Antworten auf die wichtigsten Fragen

am 06. Dez 2023
Ana Krnjic trat in Investorenshow auf

Konnte diese Kosmetikherstellerin aus St.Gallen die «Löwen» überzeugen?

am 06. Dez 2023
Culinarium-Partnerbeitrag

Im Hoch dank Hochmoor Chäs: Wie die dritte und vierte Generation die Käserei Liechti weiterentwickelt

am 06. Dez 2023
Das etwas andere Stelleninserat

Erfolgreiche Kandidatensuche: Für einmal macht der Samichlaus in St.Gallen keine Überstunden

am 06. Dez 2023
Social-Media-Rundschau

Nach SRG-Kritik von Ueli Maurer twittert der St.Galler Kantonsrat Sandro Hess auf der grossen Bühne mit

am 01. Dez 2023
Spekulation über Verbindungen zu Fundamentalisten

Wiler Moschee sorgte einst für politischen Zündstoff

am 04. Dez 2023
Gedanken zu Freundlichkeit und Krieg

Psychiaterin Luise Reddemann: «Ich bitte Sie, werden Sie lauter und weisen Sie darauf hin, dass man ohne Krieg zu führen leben kann»

am 02. Dez 2023
Ostschweizer in Atacamawüste

Auf dem Weg zum Weltrekord: Wenn das Fahren, Putzen und Kochen kein Ende nehmen will

am 03. Dez 2023
Meinung

Sonderbares Demokratieverständnis der beiden SP-Bundesratskandidaten

am 07. Dez 2023
Besuch in St.Galler Tierarztpraxis

Wenn Dalmatiner Aramis sich auf Hautkrebs scannen lässt

am 07. Dez 2023
Schadstoffe in der Landwirtschaft

Trotz weniger Düngeüberschüsse sagt der St.Galler Bauernverband: «Die Landwirtschaft muss selbst zusätzliche Massnahmen ergreifen»

am 09. Dez 2023
Culinarium-Partnerbeitrag

Breitenmoser: Wo Appenzeller und St. Galler Klassiker Wurst sind

am 07. Dez 2023
Grosse Nachfrage nach Treffen

Wenn das Sammeln krankhaft wird: Selbsthilfegruppe für Messies in St.Gallen ist zurück

am 08. Dez 2023
Regierungsratswahlen 2024

Die SVP-Delegierten haben entschieden: Danuta Zemp und Christof Hartmann sollen in die St.Galler Regierung

am 07. Dez 2023
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Die Ostschweiz

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.