Ohne die Transportbranche wären unzählige Aspekte unseres täglichen Lebens undenkbar. Dennoch wird sie seit Jahren kritisiert – insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit. Zu Unrecht, wie Josef Jäger, Verwaltungsratspräsident der Camion Transport AG mit Hauptsitz in Wil, erläutert.
Josef Jäger, die Transportbranche galt lange Zeit als wahre «Dreckschleuder». Mit Blick auf die Vergangenheit: War diese Kritik in irgendeiner Form auch berechtigt?
Da muss ich widersprechen. Klar haben Diesel-LKW vor 30 Jahren höhere Abgaswerte gehabt, die Entwicklung war aber immer vergleichbar mit anderen Branchen wie Industrie oder Baugewebe.
Inzwischen sorgen starke Regulierungen dafür, dass die Branche «umweltverträglicher» geworden ist. Wie beurteilen Sie ganz grundsätzlich die diversen Vorschriften?
Strengere Abgasvorschriften sind generell zu begrüssen. Zeitweise wurden die Stufen aber zu schnell eingeführt und hatten neben hohen Kosten auch einen höheren Dieselverbrauch zur Folge. Dies war nicht sinnvoll.
Im Vergleich zum Ausland dürfte die Schweiz hier sehr hohe Anforderungen stellen. Inwiefern leidet darunter die Konkurrenzfähigkeit?
Prinzipiell haben wir die gleichen strengen Anforderungen wie die angrenzenden europäischen Länder. Die Wettbewerbsnachteile liegen anderswo – wie im Arbeitsrecht.
Gerade bei der stetig steigenden Klassifizierung der Fahrzeuge steckt doch auch eine Art «Wertvernichtung» dahinter. Wie korrespondiert diese mit dem nachhaltigen Gedanken?
Durch die Abklassierung der LSVA in höher besteuerte Abgabekategorien wird tatsächlich viel Substanz vernichtet, weil die Transportunternehmen gezwungen sind, Fahrzeuge aus dem Verkehr zu nehmen, obwohl sie wenig Kilometer gefahren sind. Wir exportieren dann diese Autos in andere Länder und damit auch die Abgase.
Das Unternehmen Camion Transport hat zur Thematik «Nachhaltigkeit» schon diverse Initiativen gestartet. Wie «bewähren» sich diese?
Bei Camion Transport hat Nachhaltigkeit eine lange Tradition. Bereits 1986 wurden zwischen Wil und Genf Bahnshuttles eingesetzt und ab 1996 konsequent ein duales System – Schiene-Strasse – aufgebaut. Das System hat sich bestens bewährt und ist für Camion Transport ein tragendes Element des Erfolges.
Ganz ehrlich: Machen diese aus rein unternehmerischer Sicht auch Sinn oder geht es darum, die eigene Marke «sauber» zu halten?
Wir verbinden die ökologischen und die ökonomischen Vorteile intelligent miteinander. Dazu kommt, dass das Verständnis und die Erwartungen für eine nachhaltige Arbeitsweise nicht nur von Kunden und Behörden, sondern auch vom eigenen Personal gefordert werden. Somit ist klar: «Ja, es macht Sinn.»
Sind weitere Projekte in Planung?
Das grösste Projekt ist sicher die Dekarbonisierung der LKW-Flotte. Ein spannendes, aber auch kostspieliges und komplexes Projekt. Daneben gibt es aber weitere wichtige Projekte in der Logistik und bei den Infrastrukturen.
Werden solche Initiativen inzwischen auch bei einer Auftragsvergabe in die Waagschale geworfen?
Das ist so. Bei fast allen Ausschreibungen grosser Firmen ist die Nachhaltigkeit und die Deklaration der CO₂-Emissionen ein wichtiges Entscheidungskriterium. Wer hier nicht aktiv investiert, ist spätestens in zehn Jahren nicht mehr auf dem Markt.
Man liest immer wieder, dass inzwischen das Abgas, das ein LKW ausstösst, sauberer sei als die Luft, die wir einatmen. Ist das effektiv so?
Die Abgase neuester Generationen der Diesel-LKW mit Euro-Norm 6 sind tatsächlich so sauber wie die Umgebungsluft und damit eigentlich unbedenklich für den Menschen. Trotzdem ergibt sich natürlich bei der Verbrennung CO₂, was letztlich die Klimaerwärmung begünstigt.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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