Die Bahnfrage in Teufen geht in eine neue Runde: Am 15. Mai können sich die Stimmbürger dazu äussern, ob sie den Doppelspurausbau oder ein Tunnel bevorzugen. Eine Debatte findet aber nicht mehr statt. Die Meinungen sind wohl längst gebildet.
Die Diskussion in Teufen, ob die Bahn zwischen Bahnhof und Stofel unter die Erde gehört, ist alt und trotzdem ganz aktuell. Die «IG Tüüfner Engpass» hat eine gültige Initiative eingereicht und damit eine Abstimmung über diese dorfspaltende Frage erzwungen. Das Abstimmungskomitee «Teufen mit Zukunft» wirbt am 15. Mai für ein klares Ja. Doch um was geht es überhaupt?
Heute fährt die Appenzeller Bahn einspurig mitten durch den Dorfkern. Die Gemeinde, der Kanton und der Bund setzen sich für einen Doppelspurausbau ein, damit die Tramzüge eine Kreuzungsmöglichkeit erhalten. Dagegen wehren sich die Initianten, denn sie finden, dass eine Doppelspur Teufen über viele Jahre hinweg dem lebenswerten Dorfkern berauben würde. Heinz Rusch, Co-Präsident des Komitees findet, dass dieser Doppelspurausbau so die Anliegen der Bevölkerung missachte. Die IG schlägt darum eine einspurige Tunnellösung vor und ist überzeugt, dass Teufen so «seinen Charakter als liebenswertes und lebenswertes Appenzellerdorf» auch für die kommenden Generationen behalten würde.
Gemäss dem Bundesamt für Verkehr verursacht das vorgeschlagene Bahntunnel Mehrkosten von 35 Millionen Franken, die von der Gemeinde zu tragen sind. «Teufen mit Zukunft» findet, dass die Gemeinde sich das problemlos leisten könne.
Die Bahn mitten durch Teufen stösst seit ihrer Erbauung nicht nur auf Gegenliebe. In der Vergangenheit wurde auch schon darüber diskutiert, ob sie nicht durch eine Buslinie ersetzt werden solle. Die Doppelspurausbaudiskussion ist ebenfalls nicht neu. Die Ausbaugegner fürchten eine Verstädterung Teufens und finden, dass die Strasse mit zwei sich kreuzenden Zügen noch gefährlicher werde, als sie eh schon ist. Tunnelbefürwortern wird zudem vorgeworfen, sie reden mit der Untertunnelung eine falsche Piazza-Idylle herbei, die sich niemals einstellen werde. Schliesslich fahren da ja auch noch Autos, die niemand – und schon gar nicht das Gewerbe – wirklich aus dem Dorf weghaben will.
Erika Egger von den Appenzeller Bahnen sagt zu ganzen Diskussion: «Die AB haben zum Ziel, ein bestmögliches Fahrplanangebot für die Bevölkerung zwischen St.Gallen und Appenzell anzubieten. Dazu gehören der Halbstundentakt Trogen-Appenzell, der Viertelstundentakt im Abschnitt Trogen-Teufen und die Umsetzung der geforderten, halbstündlichen Anschlüsse an die Intercity-Züge in St.Gallen.» Damit die AB dieses Angebot unter den genannten Rahmenbedingungen fahren könne, sei eine Kreuzungsmöglichkeit im Raum Sternen/Stofel bis Bahnhof Teufen zwingend. Eine einspurige Streckenführung sei damit ausgeschlossen und in der Folge auch nicht bewilligungsfähig. Sie fährt fort: «Wie bereits frühere Studien und nun auch die im September 2021 vom BAV veröffentlichte Korridorstudie gezeigt haben, erweist sich die oberirdische Doppelspur zwischen Teufen und Stofel als jene Variante mit dem klar besten Kosten-Nutzen-Verhältnis.»
Sagen die Stimmbürger am 15. Mai Ja zur Initiative erhält die Gemeinde den Auftrag, ein auflagereifes Tunnelprojekt auszuarbeiten und zu finanzieren. Egger dazu: «Es bräuchte in der Folge eine zweite Volksabstimmung über einen Projektierungskredit. Die Planung eines solchen Projekts kostet erfahrungsgemäss drei bis fünf Millionen Franken und braucht auch einige Jahre Zeit.»
Würde dieser Projektierungskredit angenommen, käme nach Abschluss der Projektierungsarbeiten der eigentliche Objektkredit zur Abstimmung. Dort ginge es um die effektiven Kosten für den Tunnel beziehungsweise die zu finanzierenden Mehrkosten für Bau und Betrieb im Vergleich zur Doppelspur. Es bräuchte also mindestens nochmals zwei Volksabstimmungen, bevor ein Projekt überhaupt beim Bund eingereicht werden könnte. Bis letztlich eine Baubewilligung vorliegt, verstreichen nochmals mehrere Jahre.
Klar ist: die Teufner Tunnelfrage ist keine, die links und rechts des politischen Spektrums geführt wird. Es ist eine Frage, zu der sich wohl jeder Teufner bereits seine Meinung gebildet hat. Demensprechend verhärtet sind die Fronten.
Klar ist auch, dass beide Lösungen aufwändig sind. Selbst bei einem «einfachen» Doppelspurausbau müssen Häuser verschoben werden.
Und ebenfalls klar ist: Ein Ja am 15. Mai ist noch kein Ja zum Tunnel, sondern ein Auftrag an den Gemeinderat, ein neues Projekt auszuarbeiten. Dazu muss ein Projektierungskredit gesprochen werden, danach würde erst ein Objektkredit zur Abstimmung gelangen. Ein Ja am 15. Mai ist darum erst eines von mindestens drei Jas, die es brauchen wird, bevor ein Tunnelprojekt überhaupt beim Bund eingereicht werden kann.
«Bis letztlich eine Baubewilligung vorliegt», fasst Egger zusammen, «verstreichen dann nochmals mehrere Jahre.» Darum sei klar, dass die Appenzeller Bahnen bei eine Ja die dringend nötigen Sicherungsmassnahmen wie zum Beispiel Barrieren installieren und Massnahmen zur Vermeidung von Gegenverkehr sofort umsetzen müssen, meint Egger zum Schluss.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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