Das neueste Patientenhaus «Panorama» von Clienia in Littenheid.
Dr. med. Elisabeth Möller, Ärztliche Direktorin a.i. und Chefärztin im Zentrum für Psychotherapie und Psychosomatik an er Privatklinik Clienia Littenheid, im Gespräch darüber, wie sich ihre Arbeit verändert hat, welche Probleme vermehrt auftreten und wie man ihnen früh entgegentreten kann.
Erfolg hat oft seinen Preis und geht auf Kosten der Gesundheit – und das in zunehmendem Mass.
Elisabeth Möller, wo liegen Ihre Schwerpunkte in der Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie – die der Klinik und die eigenen?
Die Clienia Littenheid AG ist eine der führenden Anbieterinnen in der Grundversorgung von Patienten jeden Alters mit psychischen Erkrankungen im deutschsprachigen Teil der Schweiz. Dabei liegen unserer Schwerpunkte in der psychotherapeutischen Behandlung psychischer Erkrankungen, allen voran der Volkskrankheit Depression, aber auch Angsterkrankungen, Burn-out – Erschöpfungszustände mit ängstlich-depressiver Symptomatik –, Essstörungen, ADHS, komplexe Traumafolgestörungen und andere psychische Beeinträchtigungen jeglicher Art, aber auch in akutpsychiatrischen Behandlungen oder in der Therapie speziell für Kinder und Jugendliche.
Haben sich diese Schwerpunkte verändert oder verschoben in den vergangenen Jahren, gibt es neue Trends?
Folgt man der Bevölkerungspyramide, muss sich das Angebot zunehmend auf ältere Menschen ausrichten. Dieser Entwicklung haben wir bereits in den letzten Jahren Rechnung getragen und werden dies auch zukünftig tun. Zudem nehmen die Überforderungen und Dekompensationen wegen steigenden Belastungen – Wirtschaftlichkeit, Zeitdruck, Effizienzsteigerung etc. – am Arbeitsplatz zu. Dies führt immer häufiger dazu, dass die individuelle Bewältigungskapazität des Einzelnen überschritten wird, welcher dann häufig noch im Zusammenhang mit persönlichen Belastungsfaktoren eine der genannten psychischen Störungen entwickelt.
Der Laie assoziiert die Inanspruchnahme von Psychiatrie und Psychotherapie fälschlicherweise oft mit Versagen, Kontrollverlust. Wer aber sind denn Ihre Patienten, generell gesprochen?
Die Psychiatrie war von jeher ein «Auffangbecken» für gesellschaftlich ausgegrenzte, gestrandete oder gestrauchelte Menschen. Dabei weiss man aber heute, dass es jeden treffen kann und das Privileg psychischer Gesundheit nur wenige geniessen, zum Beispiel leidet jeder Fünfte im Laufe seines Lebens mindestens einmal an einer theoretisch behandlungsbedürftigen depressiven Episode. Auch Angsterkrankungen und Anpassungsstörungen sind relativ häufig zu finden. Unsere Patientinnen und Patienten kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten: Wir behandeln alle Menschen, vom Hilfsarbeiter bis zum Topmanager. Auch Politiker und andere prominente Personen waren schon bei uns in Behandlung.
Ein besonderes Feld Menschen, die erfolgreich waren, dann aber oft aufgrund äusserer Einflüsse ihre Karriere verlieren. Was droht in solchen Fällen, welche Folgen kann es haben?
Häufig erleben Menschen ihren beruflichen Höhepunkt in der 4. bis 6. Lebensdekade, also im Alter zwischen vierzig und sechzig. Wenn, wie bereits beschrieben, die Leistungsorientierung alle anderen Interessensbereiche des Lebens verdrängt beziehungsweise durchdrungen hat, ist es für solche Menschen besonders schwierig, berufliche Einbrüche oder Verluste zu ertragen, ohne psychisch zu dekompensieren.
Die Vernachlässigung anderer befriedigender Lebensbereiche rächt sich dann häufig. So kommt es bei durch äussere Faktoren – Jobverlust durch Wirtschaftskrisen und andere – oder zunehmende körperliche und mentale Grenzen wie Krankheit, Alter, Konflikte in der Familie erlebten Einschränkungen zu massiven Selbstwertkrisen, da sich die Person ausschliesslich über ihre Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit definiert und zum Beispiel auch in der Freizeit leistungsorientierte Sportarten treibt. Diese Selbstwertkrisen können in starke depressive Symptome münden.
Hat aus Ihrer Sicht Erfolg immer einen Preis oder lässt sich Erfolg mit einem Leben verbinden, das solche Krankheitsbilder verhindert?
Wenn es dem Menschen gelingt, seine Tätigkeit als sinnstiftend zu erleben und die anderen menschlichen Bedürfnisse nach Ruhe, Erholung, Schlaf, Kontakt, Anerkennung ohne Leistung, Freude an den kleinen Dingen und so weiter zu pflegen und diesen genug Zeit einzuräumen, dann ist Erfolg, unter der Voraussetzung, dass man seine eigenen Grenzen kennt und akzeptiert, nicht krankmachend, sondern im besten Fall sogar beflügelnd.
Das neueste Patientenhaus «Panorama» von Clienia in Littenheid.
Vorsorgen statt heilen
Was kann man im Alltag, privat und beruflich, tun, um gar nicht erst eine Behandlung zu benötigen? Das «kleine Einmaleins» der Burn-out-Prophylaxe:
– Im «Prioritätendschungel» konsequent eigene Prioritäten setzen und vertreten: Effektivität (Tu ich das Richtige?) statt Effizienz (ständiges Abwägen von Aufwand und Ertrag) um jeden Preis. Materielle Absicherung: Was brauche ich wirklich?
– Bewusst einen Ausgleich suchen: Arbeitsbelastungen gezielt kompensieren (z.B. Kopf- versus Handarbeit)
– Stabilität im Privaten, gerade bei beruflichen Veränderungen
– Soziale Kontakte pflegen: praktische und emotionale Unterstützung; sich aufgehoben und verstanden fühlen, wo bekomme ich Anerkennung auch ausserhalb des Berufs?
– Ausschalten, um abzuschalten: Handy- und E-Mail-freie Zeiten für persönliche «Quality Time»
– Konzentration aufs Wesentliche: Da wo ich die Dinge beeinflussen kann, diese Möglichkeit nutzen und aktiv entscheiden, was wichtig für mich ist, Gelassenheit und Vertrauen; die kleinen Dinge geniessen
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