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Der Stuntman im Interview

Urs Inauen: Die Appenzeller Antwort auf James Bond

Urs Inauen aus Appenzell lebt seinen amerikanischen Traum. In Los Angeles arbeitet er als Stuntman – will aber auch ein Projekt in der Schweiz vorantreiben. Im Gespräch mit Inauen über die Vergangenheit, seine heutige Arbeit und die Unterschiede zwischen Amerika und Appenzell.

Manuela Bruhin am 31. August 2019

Alles begann damals mit der Show «Stunt Hero». War Stuntman schon immer dein Traumberuf? Und Hand aufs Herz: Hatten deine Eltern auch einmal eine ruhige Minute – oder mussten sie sich ständig um dich sorgen, weil du überall runtergesprungen und hinaufgeklettert bist?

Urs Inauen: Dank meiner Familie und Freunden hatte ich eine super aufregende Kindheit mit sehr viel Outdoor-Aktivitäten, also auch Arbeit (lacht). Mit meinem Vater ging ich oftmals «walden». Ich genoss es sehr, das eigene Holz zu verarbeiten, um warm durch den Winter zu kommen. Mit etwa sechs Jahren habe ich mit Kunstturnen angefangen. Diese und viele andere Hobbies haben mich in meiner Kindheit sicher sehr geprägt. Ab und zu durfte ich auch A-Team, McGyver und Knight Rider schauen. Diese Shows haben mich immer fasziniert. Heute kann ich sogar sagen, dass ich Stunt-Leute, welche dort mitgearbeitet haben, persönlich kenne oder kannte.

War es für dich also immer klar, welches Ziel du verfolgst?

Urs Inauen: Mein Traumberuf in der Kindheit war nicht Stuntman. Ich glaube eher, dass ich alles werden wollte: von Polizist über Astronaut bis zu LKW-Fahrer. Wie halt fast jeder Junge. Aber: Wenn man genauer hinschaut, bin ich das nun alles zusammen. Mein Traum war es immer, meine Hobbies zum Beruf zu machen, damit ich nie wirklich arbeiten muss – oder damit sich die harte Arbeit nicht so hart anfühlt…

Dies ist dir anscheinend gelungen. Adam DeVine oder Leonardo DiCaprio, mittlerweile hast du mit sehr erfolgreichen Schauspielern zusammengearbeitet. Musst du dich manchmal kneifen, dass du das alles glaubst?

Urs Inauen: (Lacht) Immer wieder! Obwohl alle diese «grossen Schauspieler» auch nur Leute sind, ist es immer wieder speziell, mit solchen Grössen zusammen zu arbeiten. Definitiv die beiden grössten Momente waren, als ich mit «TheRock» über private Angelegenheiten reden konnte, als ich ihn bei einem Stunt sicherte und wir zusammen auf die Kameracrew warteten. Und natürlich der Tag, als ich mit der lebenden Legende Arnold Schwarzenegger ein paar Worte wechseln durfte. Solche Momente zeigen mir immer wieder, dass ich wahrscheinlich auf dem richtigen Weg bin und sich die harte Arbeit und das 150-prozentige Engagement doch lohnt.

Urs Inauen

Urs Inauen mit Adam Devine.

Ist es also die harte Arbeit, die bei dir das Zünglein an der Waage gespielt hat? Immerhin haben unendlich viele den Traum, nach Amerika zu gehen und dort erfolgreich zu sein. Nur die wenigsten schaffen es. Was hast du anders gemacht als die anderen?

Urs Inauen: Wer sagt denn, dass ich’s geschafft habe?! (lacht) Wie in jedem Beruf zahlt sich harte Arbeit irgendwann aus. Wenn man weiss, dass man nicht auf sein «Glück» warten kann, sondern selbst dafür verantwortlich ist, hat man schon gute Voraussetzungen. Das Wichtigste und Schwierigste am Ganzen ist es, den ersten Schritt zu wagen und dann nicht loszulassen! Ich glaube, daran scheitern die meisten – bevor es überhaupt begonnen hat.

Trotz des grossen Erfolgs, gab es auch mal schwierige Zeiten? In denen du ans Aufgeben dachtest?

Urs Inauen: Fast jeden Tag! Heute natürlich weniger als am Anfang. Der Gedanke ans Aufgeben war allgegenwärtig. Aber zum Glück liessen mein Stolz und Ehrgeiz dies nicht zu. Nach einem gewissen Punkt vergisst man den Schmerz und das Glücksgefühl ist grösser.

Was hat dir geholfen?

Urs Inauen: Es ist schwierig, zu erklären. An einem bestimmten Punkt war die Investition so gross, dass an Aufgeben gar nicht mehr zu denken war. Da habe ich angefangen, positiv zu denken und mir bewusst Gedanken zu machen, wofür ich in meinem Leben dankbar bin. Negative News und Gedanken, die mein Leben nicht direkt betreffen, aus meinem Leben zu verbannen und mich nur auf die positiven Aspekte in meinem Umfeld zu konzentrieren. Am Anfang fällt einem das sehr schwer. Ich glaube aber, dass dies zu meiner Lebenseinstellung geworden ist – und dieses Denken die Grundlage für meinen heutigen Erfolg ist.

Könntest du dir vorstellen, jemals wieder in die Schweiz zurückzukehren?

Urs Inauen: Ich bin immer wieder mit meiner Familie in der Schweiz für einige Tage oder Wochen. Dann bevorzuge ich es, mit meiner Frau und Kind in Appenzell die Natur zu geniessen und nahe bei meiner Verwandtschaft zu sein. Wer weiss, vielleicht kommen wir irgendwann wieder zurück in die Heimat. Das würde ich nie ausschliessen…

Urs Inauen

Der Appenzeller mit Dwayne «The Rock» Johnson.

Was ist denn besser in Amerika oder umgekehrt in Appenzell?

Urs Inauen: Da die beiden Orte so verschieden sind, kann man keinen direkten Vergleich machen. Was ich aber an den Leuten in meinem Umfeld in den USA, genauer gesagt im Film-Business, sehr schätze, ist, dass die meisten nach dem alten Toyota Slogan leben «Nichts ist unmöglich… - Toyota» (lacht). Und genau diese Einstellung braucht man, um seine Träume und Ziele zu verwirklichen. Egal, ob man in der Schweiz oder an einem anderen Ort sein Glück versuchen will. Was ich aber im Gegenzug an der Schweiz und speziell an Appenzell sehr schätze, ist die Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, die reine Natur mit der frischen Luft und dass ich das Hahnenwasser trinken kann.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

Urs Inauen: (Lacht) Das gibt es nicht – und genau deswegen liebe ich, was ich mache. Wenn ich aber Zeit habe, trainiere ich (Fitness) am Morgen früh und beantworte danach all meine Mails so schnell wie möglich, damit ich die Zeit mit meiner Familie verbringen kann.

Mittlerweile bist du Vater. Wie hat sich das auf deinen nicht gerade ungefährlichen Job ausgewirkt?

Urs Inauen: Jetzt habe ich jemanden, mit dem ich Neues ausprobieren kann (lacht). Meine Frau und mein Sohn sind das Beste, das mir in meinem Leben passieren konnte. Ohne Fabienne wäre ich wahrscheinlich nicht dort, wo ich heute bin. Seit unser Sohn Kane auf dem Weg war, fing meine Karriere an, so richtig zu laufen. Die Energie und Liebe, die ich von den Beiden bekomme, gibt mir Kraft, neue Herausforderungen in meinem Leben und Beruf in Angriff zu nehmen und diese dann mit positiven Ergebnissen zu verwirklichen.

Welches sind denn solche Herausforderungen und Pläne deiner Zukunft?

Mein Plan besteht momentan darin, meine Träume und Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und so viel Zeit wie möglich mit Fabienne, Kane und meiner ganzen Familie zu verbringen. Mein Wunsch ist es, dass alle glücklich und gesund bleiben. Alles andere darüber hinaus ist Bonus! Zudem arbeiten wir gerade noch an einem Projekt, das ich in der Schweiz verwirklichen will. Dazu kann ich aber erst Ende Jahr mehr verraten. Wenn es so weit ist, werde ich euch Bescheid geben!

Hier gibt es den Trailer zu Inauens neuestem Film «Jexi»:

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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