Bei der Trägerin des Museums im Lagerhaus (MiL), der Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut, kommt es zum Stabwechsel. Thomas Scheitlin übernimmt per 1. Januar 2022 das Präsidium von Peter Schorer, der insgesamt 23 Jahre lang ehrenamtlich für das MiL tätig war.
Nach über zwei Jahrzehnten ehrenamtlicher Tätigkeit hat der 75-jährige Peter Schorer entschieden, den Vorsitz der Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut abzugeben. Seit 1999 engagiert sich der Rechtsanwalt und alt Stadtrat bei der Trägerin des Museums im Lagerhaus als Stiftungsrat und Vizepräsident, seit 2008 als Stiftungsratspräsident.
Unter seinem engagierten Präsidium hat das Museum im Lagerhaus massgeblich an Renommee und Ausstrahlkraft gewonnen und sich europaweit als ein Kompetenzzentrum für Outsider Art etabliert. «Die Outsider Art und die Lebensgeschichten der Künstlerinnen und Künstler haben mich immer schon interessiert und berührt», sagt der ehemalige Stadtrat von St. Gallen, der für Soziales und Sicherheit zuständig war und in dieser Funktion beispielsweise auch mit Hans Krüsi, einem der bekanntesten Schweizer Vertreter der Art Brut, Bekanntschaft machte.
Ohne Investitionen kein Fortschritt
«Kulturelle Institutionen sind sehr wichtige Standortfaktoren für Städte und Regionen. In sie investiertes Geld wirkt sich bei entsprechender Promotion wirtschaftlich eher positiver auf einen Standort aus als eine leichte Senkung des Steuerfusses», sagt Peter Schorer. In den vergangenen 14 Jahren hat er dank seines ausgezeichneten Netzwerks und seines unermüdlichen Einsatzes das Jahresbudget des Museums auf rund 700'000 Franken verdoppelt. Doch ohne Investitionen kein Fortschritt, lautet Peter Schorers Motto.
Als Stiftungsratspräsident hat er umfangreiche bauliche Projekte am Museum im Lagerhaus vorangetrieben, darunter den technischen Ausbau von der Beleuchtung bis zur Alarmanlage sowie die von privater Seite finanzierte Erweiterung des Museums um das Foyer mitsamt Galerie und Café im Erdgeschoss, das mehr Raum für Ausstellungen und Anlässe bietet. Die professionelle Katalogisierung, Digitalisierung, Restaurierung und die korrekte Lagerung sah Peter Schorer stets als wichtige Voraussetzung, um die einzigartige Sammlung an Outsider Art von Schweizer Künstlerinnen und Künstlern zu beherbergen. Die mittlerweile 27'000 Werke, darunter die 2014 angekaufte Ostschweizer Sammlung «Mina und Joseph John» sowie der 2019 integrierte Nachlass der Karl und Hanna Uelliger Stiftung, lagern sicher in zehn unterirdischen klimatisierten Räumen des Lagerhauses.
Renommierte internationale Ausstellungen
Während bei der Sammlung der Fokus auf Schweizer Kunstschaffenden und Werken liegt, sind die jährlich vier Ausstellungen im Museum im Lagerhaus national und international ausgelegt. Zusammen mit der Museumsleiterin Monika Jagfeld, hat Peter Schorer erfolgreich den Schritt zu grossen internationalen Ausstellungen gewagt. In besonderer Erinnerung geblieben sind die Ausstellungen «Art Brut – Japan – Schweiz» (2014) zur Feier von 175 Jahren diplomatische Beziehungen der zwei Länder sowie die Trilogie «Das ‘Andere’ in der Kunst» mit «Antonio Ligabue – der Schweizer Van Gogh» zum Thema Migration (2019) und «Crazy, Queer and Lovable: Overtaci» zum Thema Transgender (2019/2020). «Die aufgrund der Corona-Pandemie auf 2023 verschobene Ausstellung ‘Outsider Art unter dem Halbmond’ kann ich dann als Besucher geniessen», sagt der abtretende Präsident.
Der Neue ist ein alter Bekannter
Das Erbe von Peter Schorer tritt per 1. Januar 2022 Thomas Scheitlin, ehemaliger Ortsbürgergemeinde- sowie langjähriger St. Galler Stadtpräsident an. Als Stadtpräsident war er unter anderem für Kulturthemen in der Stadt zuständig. «Ich möchte mich auch weiterhin für die Kultur in der Stadt engagieren. Mit dem Stiftungsratspräsidium kann ich das ab dem kommenden Jahr in einer einzigartigen Institution umsetzen», sagt der 68-Jährige.
Er kennt das Museum im Lagerhaus seit 14 Jahren und ist seit 1. Januar 2021 Stiftungsrat: «Es hat mich immer fasziniert, denn es ist einzigartig und gehört zu den Alleinstellungsmerkmalen der Stadt St. Gallen. Es ist nicht einfach ein Museum, es hat einen Bezug zu besonderen Menschen in unserer Gesellschaft.» Thomas Scheitlins Ziele als Stiftungsratspräsident sind, das Museum über die Region hinaus bekannt zu machen und die Besucherzahlen deutlich zu erhöhen. «Wir haben in St. Gallen ein schweizweit bedeutendes Museum mit grossem Potenzial. Das nächste Museum für Art Brut gibt es in Lausanne», sagt Thomas Scheitlin. Und Peter Schorer sagt über ihn: «Thomas Scheitlin ist hervorragend politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich vernetzt, eine anerkannte Persönlichkeit und damit der ideale Nachfolger.» (pd)
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