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Höpli zum Freitag

Vor dem Virus sind alle gleich? Wir werden immer ungleicher!

Womit rechtfertigen sich eigentlich die flächendeckenden Pandemie-Massnahmen des Bundesrates? Durch die Annahme, wir seien alle vom Corona-Virus gleichermassen betroffen. Das ist blühender Unsinn.

Gottlieb F. Höpli am 18. Februar 2021

«Wir alle müssen zusammenhalten»: Wenn wir, wie in dem mit Spannung erwarteten Medienauftritt des Bundesrates, mit ellenlangen Beschwörungen zum Durchhalten, zur Einigkeit aufgerufen werden, dann weiss der Zuschauer, die Zuhörerin bereits: Das kommt nicht gut. Kam es auch nicht. Die Zwangsjacke des Lockdowns drückt weiter wie bisher. Nur Medienschaffende lassen sich von den sensationellen News täuschen, dass die Zwangsjacke an einigen Stellen um Millimeter gelockert wurde. Weil sie reflexartig immer zu berichten gelernt haben, was sich ändert. Und nicht, was bleibt. Verzerrte Wahrnehmung als Berufskrankheit.

Die flächendeckenden Einschränkungen bis hin zum gänzlichen Abdrehen des Sauerstoffs für Teile von Wirtschaft und Gesellschaft gehen von einer Gleichheitsvorstellung aus, die einem so vielfältigen und komplexen Gebilde mit bald neun Millionen Einwohnern niemals gerecht wird. Nicht den Jungen, Alten, Gesunden, Kranken, Alphirten, Obdachlosen und Migranten in den Städten. Schon gar nicht den unzähligen Institutionen und Wirtschaftszweigen in den verschiedenen - fast immer unterschiedlich betroffenen – Landesteilen und Regionen. Von der Bauwirtschaft, der Industrie, der Landwirtschaft, der Kultur bis zum riesigen und so vielfältigen Dienstleistungssektor. Für sie alle gilt in der Sicht der offiziellen Pandemie-Politik: Ihr seid vor dem Virus alle gleich. Und müsst daher auch gleich behandelt werden. Was für ein Quatsch!

Diese Gleichbehandlung, an der die politische Linke wie immer am meisten Gefallen findet, Mitte und Liberale aber wenig dagegen einzuwenden haben, ist im Grunde genommen eine schreiende Ungleichbehandlung. Denn einer der fundamentalen Sätze der Rechtsphilosophie seit Aristoteles heisst bekanntlich: Gleiches ist gleich, Ungleiches ungleich zu behandeln.

Wer die Bevölkerung eines ganzen Landes flächendeckend gleich behandelt, obwohl sie so offensichtlich ungleich ist – auch was die Pandemie betrifft –, hat entweder nur noch Statistiken im Kopf, oder ein Mikroskop davor. Aber keine Menschen.

Wer aber Ungleiches gleich behandelt, richtet Schaden an. Statt seine Politik und deren Massnahmen auf jene zu richten, für die sie notwendig und sinnvoll sind, wird mit der behördlichen Schrotflinte auf eine Krankheit geschossen, die – das geht immer wieder vergessen – nur einen kleinen Teil der Bevölkerung befällt. Und von diesem kleinen Teil der Bevölkerung wiederum nur einen kleinen Teil wirklich lebensgefährlich.

Der permanente und schon bald einmal ein Jahr lange Einsatz der epidemiologischen Schrotflinte hat bereits ganzen Zweigen unserer Bevölkerung und unserer Volkswirtschaft irreparablen Schaden zugefügt: Den Jungen, den eigesperrten Alten, der Gastronomie, unzähligen Selbständigen allerorten. Die Aufzählung könnte seitenlang weitergehen. Aber wichtig ist: Sie betrifft nicht die Statistik, sondern reale Existenzen, ganz konkrete Menschen! Und diese Schäden werden von Monat zu Monat grösser, sind auch mit den Milliarden nicht mehr zu beheben – Milliardenschulden notabene, an denen unsere Nachkommen schwer zu tragen haben werden.

Die Nachteile dieser Politik sind noch nicht annähernd absehbar. Von der kollektiven Depression, von den durch die Coronamassnahmen verursachten Krankheiten und Suiziden (wer errechnet hier den Verlust an Lebensjahren?) einmal abgesehen: Erste volkswirtschaftliche Studien zeigen, dass die Einkommens- und Vermögensunterschiede wachsen, die Schere zwischen Arm und Reich dabei ist, sich weiter zu öffnen. Dass die Gesellschaft sich noch deutlicher spaltet in Privilegierte und Benachteiligte. Und dass es viele Jahre dauern könnte, bis sich diese Spaltung nur schon auf Vor-Corona-Verhältnisse zurückbildet.

Das ist die eigentliche Tragik der Politik, die der Bundesrat diesen Mittwoch zementiert hat: Indem er von unserer imaginären Gleichheit vor dem Virus ausgeht, befördert er eine wachsende Ungleichheit in unserer Gesellschaft. Ganz konkret: Unter den Menschen dieses Landes.

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Autor/in
Gottlieb F. Höpli

Gottlieb F. Höpli (* 1943) wuchs auf einem Bauernhof in Wängi (TG) auf. A-Matur an der Kantonssschule Frauenfeld. Studien der Germanistik, Publizistik und Sozialwissenschaften in Zürich und Berlin, Liz.arbeit über den Theaterkritiker Alfred Kerr.

1968-78 journalistische Lehr- und Wanderjahre für Schweizer und deutsche Blätter (u.a. Thurgauer Zeitung, St.Galler Tagblatt) und das Schweizer Fernsehen. 1978-1994 Inlandredaktor NZZ; 1994-2009 Chefredaktor St.Galler Tagblatt. Bücher u.a.: Heute kein Fussball … und andere Tagblatt-Texte gegen den Strom; wohnt in Teufen AR.

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