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Zahlreiche Aufgaben

Vor Ort, digital oder hybrid? Die Generalversammlung in der Schweiz

Durch die Corona-Pandemie wurden viele Veranstaltungen im Jahr 2020 verschoben oder entfielen ganz. Über das traditionelle Sommerfest oder die Einweihung eines neuen Standorts kann das Unternehmen frei entscheiden.

Nellen & Partner am 26. November 2020

Anders sieht es mit dem jährlichen Pflichttermin einer Aktiengesellschaft oder GmbH aus. Die ordentliche Generalversammlung muss der Verwaltungsrat spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres abhalten. Über die Einberufung der Versammlung werden die Aktionäre mindestens 20 Tage vorher unterrichtet.

Auch der Geschäftsbericht muss mit einer Vorlaufzeit von 20 oder mehr Tagen elektronisch zugänglich vorliegen. Ist das nicht der Fall, kann der Aktionär verlangen, dass ihm der Geschäftsbericht zugestellt wird.

In der Revision des Aktienrechts haben die eidgenössischen Räte im Juni 2020 den Weg für eine digitale Alternative der Generalversammlung geebnet. Die Statuten des Unternehmens müssen dafür die Nutzung digitaler Technologien vorsehen. Zudem muss der Verwaltungsrat einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnen.

Die Aktienrechtsrevision tritt per 1. Januar 2022 in Kraft. Danach müssen die Geschäfts- und Revisionsberichte nicht mehr physisch aufgelegt und (auf Verlangen) zugestellt werden. Es reicht, sie elektronisch zugänglich zu machen. Auch die Beschlüsse und Wahlergebnisse der Generalversammlung können die Unternehmen mit einer Frist von 15 Tagen elektronisch verteilen.

Infolge der Pandemie kann die Generalversammlung vorübergehend online stattfinden, wie es Artikel 6a der COVID-19-Verordnung regelt. Danach können die Aktionäre schriftlich oder elektronisch abstimmen. Weiterhin ist es möglich, dass sie einen Bevollmächtigten festlegen, der für sie das Stimmrecht ausübt. Mindestens vier Tage vor der Veranstaltung muss dies mitgeteilt und veröffentlicht werden. Im Gegensatz zur Aktienrechtsrevision ist weder eine statuarische Grundlage Voraussetzung noch muss zwingend ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter ernannt werden.

Wie verändert sich die Diskussionskultur?

Bei der Verlagerung der Generalversammlung in den digitalen Raum ist es wichtig, das Antrags-, Rede- und Fragerecht der Aktionäre sowie das Recht auf Abstimmung nicht zu beschneiden. Die Äusserungen und Voten der Aktionäre sollten für alle Anteilseigner sichtbar sein. Müssen die Aktieninhaber ihre Fragen vorab einreichen, haben sie kein unmittelbares Rederecht mehr. Kritiker argumentieren, dass darunter die Diskussionskultur leidet. Reichen die Aktionäre ihre Fragen vorher ein, kann der Vorstand sie zudem gebündelt beantworten – und muss nicht ähnliche Themen separat behandeln. Eine einfache Lösung kann sein, den Aktionären über eine Chatfunktion Fragen zu erlauben oder sie darüber Diskussionsbeiträge veröffentlichen zu lassen.

Als Vorteil digitaler Versammlungen liegt die Präsenzquote meist höher als bei einer Veranstaltung mit physischer Präsenz der Aktionäre. Das verwundert wenig, da die Wirtschaft immer stärker global vernetzt ist. Sich bequem online einzuloggen, statt eine weite Reise anzutreten, senkt die Hürde der Teilnahme.

Wohin geht die Reise für die Generalversammlung?

Die globalisierte Welt vernetzt sich immer stärker. Private Anleger investieren zu Zeiten niedriger Zinsen lieber am Aktienmarkt, als ihr Vermögen auf dem Sparbuch durch die Inflation schmälern zu lassen. Um die Altersvorsorge zu diversifizieren, empfiehlt sich eine Mischung der Wertpapiere nach Branchen und Ländern. Dabei ist es unrealistisch, dass ein US-Bürger, der ein paar Aktien eines schweizerischen Unternehmens hält, sich ins Flugzeug setzt, um persönlich an der Generalversammlung teilzunehmen. Umgekehrt nehmen Schweizer Aktionäre ihr Stimmrecht auch lieber ohne eine aufwendige Anreise wahr. Nach der Pandemie sind dies weitere Gründe, die für eine digitale Generalversammlung sprechen.

Auch für 2021 planen viele schweizerische Unternehmen eine virtuelle Generalversammlung. Die Luzerner Kantonalbank AG hat schon ihre Einladung für den 19. April 2021 ausgesprochen. Das Stimm- und Wahlrecht können die Aktionäre nur über den unabhängigen Stimmrechtsvertreter ausüben.

Über die Plattform daura betreibt die Swisscom zusammen mit der Schweizerischen Post eine private Blockchain. Darüber können Schweizer KMU ihre Generalversammlung online durchführen. Die Aktionäre erhalten einen Token als digitalen Ausweis für ihr Stimmrecht. Dieser identifiziert sie eindeutig und sie können in der Versammlung in Echtzeit abstimmen. Die Abstimmungsergebnisse der Traktanden werden auf der Blockchain protokolliert.

Zahlreiche Aufgaben für Juristen und IT-Experten

Bis Anfang 2022 bleibt den Unternehmen Zeit, um Prozesse und Dokumente auf ihre Vereinbarkeit mit der neuen rechtlichen Grundlage zu prüfen und allenfalls anzupassen. Bei weit über 200.000 schweizerischen Aktiengesellschaften, vorwiegend KMUs, wird den Juristen in den Unternehmen die Arbeit so schnell nicht ausgehen.

Auch IT-Experten sind gefragt, damit die Generalversammlung online leicht zugänglich ist und einwandfrei funktioniert. Treten technische Probleme auf, kann dies dazu führen, dass die Generalversammlung wiederholt werden muss, weil sie als nicht ordnungsgemäss angefochten wird. Dabei gilt es sauber abzugrenzen, in wessen Zuständigkeit die technischen Schwierigkeiten fallen. Neben dem Unternehmen als Veranstalter gibt es den Internetprovider und mögliche Hürden beim Empfang aufseiten der Aktionäre. Auf der rechtlichen Seite gilt es Sorge zu tragen, dass den digitalen Konferenzraum auch nur berechtigte Aktionäre betreten, und ihre Identität zweifelsfrei festgestellt werden kann.

Spätestens nach der Pandemie wird sich zeigen, welche Konzepte für die Generalversammlung die Bedürfnisse von Unternehmen und ihren Anlegern gleichermassen erfüllen. Bei der Wahl zwischen multilokalen, hybriden oder reinen Online-Generalversammlungen scheint es fraglich, ob die klassische Präsenzveranstaltung eine Zukunft hat.

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