logo

Stillende Mütter: Impfen oder nicht?

Was Muttermilch mit Corona zu tun hat

Wird der Impfschutz gegen Covid-19 von stillenden Müttern auf die Kinder übertragen? Warum die «Familie Larsson-Rosenquist Stiftung» in Frauenfeld eine Studie mit 200'000 Franken zu diesem Thema nterstützt, erklärt Geschäftsführerin Katharina Lichtner im Interview.

Manuela Bruhin am 22. Februar 2021

Die Familie Larsson-Rosenquist Stiftung mit Sitz in Frauenfeld hat sich der Förderung der wissenschaftlichen und öffentlichen Anerkennung von Muttermilch als aus Sicht der Wissenschaft bester Ernährung für Neugeborene verschrieben. Daz gehört die Förderung der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der Medizinaltechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Säuglingsernährung mittels Muttermilch und Säuglingspflege.  Katharina Lichtner, Geschäftsführerin der Stiftung, im Gespräch über den Zusammenhang dieser Thematik mit Corona.

Die Impfung gegen Covid-19 spaltet die Gesellschaft. Während die einen sich unbedingt so schnell wie möglich impfen lassen wollen, sind die Anderen skeptisch. Das schliesst natürlich auch Schwangere und stillende Mütter mit ein. Wie erleben Sie das in der täglichen Arbeit?

Schwangerschaft und Stillen sind sehr sensible Phasen im Leben einer Mutter, und es ist deshalb sehr verständlich, dass die COVID-19-Pandemie und die nun erhältlichen Impfungen Mütter enorm beschäftigen. Sie müssen wichtige Entscheidungen für sich selbst und für ihre Babys fällen. Als Stiftung wollen wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich keine Frau mit diesen schwierigen Entscheidungen allein gelassen fühlt. Deshalb unterstützen wir Forschungsprojekte, die nach bewährten wissenschaftlichen Methoden vorgehen und mehr Klarheit schaffen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden dabei helfen, weltweit die Unsicherheit bei Müttern auszuräumen.

Die University of California San Diego, School of Medicine, gibt eine Eilstudie in Auftrag, die die Familie Larsson-Rosenquist Stiftung (FLRS) in Frauenfeld mit einer Spende von über 200'000 US-Dollar unterstützt. Was wird dabei genau untersucht?

Stillende Mütter wurden bisher in keiner der aktuellen Studien zum SARS-CoV-2-Impfstoff berücksichtigt. Wegen dieses Mangels an zuverlässigen Daten müssen sich viele Mütter derzeit entscheiden, ob sie trotz Impfung weiter stillen wollen. Die Studie wird zwei Hypothesen überprüfen.

Welche wären das?

Erstens: Gelangen Antikörper gegen COVID-19, die die Mutter nach der Impfung entwickelt, über die Muttermilch in den Körper ihres Babys? Von anderen Infektionskrankheiten wissen wir, dass Antikörper, die so weitergegeben werden, Babys schützen. Das ist auch bei COVID-19 zu erwarten. Zweitens: Können die Spike-Proteine, die sich im Körper der Mutter nach der Impfung mit dem mRNA-Botenstoff (wie bei Pfizer-BioNTec und Moderna) bilden, und die ihr Immunsystem gegen COVID-19 aktivieren, über die Muttermilch in den Körper ihres Babys gelangen? Besteht also die Möglichkeit, dass die Mutter ihr Baby über die Muttermilch «impft» und so das Immunsystem des Babys einen eigenen Schutz gegen COVID-19 aufbauen kann?

Wie möchte man das herausfinden?

Die University of California San Diego, School of Medicine, unter der Leitung von Professor Lars Bode, hat bereits grosse Erfahrung mit der Auswertung dieser Art von Muttermilch-Proben. Sie konnte schon letztes Jahr zeigen, dass das COVID-19-Virus nicht mit der Muttermilch übertragen wird. Diese Erkenntnisse haben mit dazu beigetragen, dass die WHO ihre Richtlinien für stillende Mütter anpasste. Für die neue Studie werden spezifisch Milchproben von Müttern gesammelt, die COVID-19 hatten oder sich impfen lassen, und die weiterhin stillen. Die Proben werden auf Antikörper und Spike-Proteine hin untersucht. Danach wird untersucht, ob Babys, die nach der Impfung ihrer Mütter weiter gestillt wurden, weniger an COVID-19 erkranken als Babys, die nach der Impfung keine Muttermilch mehr erhielten. Schon über 500 Mütter haben ihre Teilnahme zugesichert.

Erste Ergebnisse werden im Frühjahr erwartet und sollen die Unsicherheiten bei Müttern aus der Welt schaffen. Wie geht es dann weiter?

Die Resultate dieser Studie werden Müttern zusätzliche Informationen für den Entscheid geben, ob sie sich gegen COVID-19 impfen lassen, während sie ihr Kind stillen. Die Ergebnisse sind auch von zentraler Bedeutung für globale Gesundheitsorganisationen, um bessere, wissenschaftlich abgestützte Empfehlungen entwickeln zu können. Der erste Teil der Studie stützt sich ab auf die heute verwendeten Impfstoffe und auf Frauen, die in San Diego leben. Im weiteren Verlauf der Untersuchung ist es dann notwendig, die Erkenntnisse auf alle Impfstoffe und auch Frauen in Entwicklungsländern auszudehnen. So erhält man möglichst breit abgestützte Daten, die alle Frauen weltweit unterstützen.

Gibt es bereits Ergebnisse für die Fälle, in welchen die Mütter bereits an Corona erkrankt sind – geben diese Antikörper über die Muttermilch weiter?

Ja, dies konnten frühere Untersuchungen nachweisen, und weitere sind im Gang, um die Vorgänge noch besser zu verstehen. Die von der FLRS unterstützte Studie will zeigen, dass diese Weitergabe von Antikörpern auch nach einer Impfung geschieht.

Katharina Lichtner

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.