Mai und Juni sind traditionellerweise die Monate des Qualifikationsverfahrens. Die Lernenden zeigen dort, was sie in den Lehrjahren gelernt haben und erlangen den eidgenössischen Fachausweis.
Dieser rote Umschlag in die Hände zu nehmen, bedeutet ein wichtiges Etappenziel erreicht zu haben. Die Berufsbildung ist in der Schweiz bedeutender, denn je zuvor.
Die Schweizer Wirtschaft wächst. Es entstehen stetig neue Arbeitsplätze. Da gleichzeitig aber die Geburtenrate sinkt und die Pensionierung der Babyboomer-Generation näher rückt, ist die Gefahr gross, dass immer mehr Stellen unbesetzt bleiben. Die Folge: ein Mangel an Fachkräften und damit Schwierigkeiten in der Rekrutierung. Der Wettbewerb um Fachkräfte wächst und treibt damit die Lohnspirale in die Höhe. Das stellt besonders kleine und mittlere Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Denn mit den «grossen Spielern» auf dem Markt mitzuhalten, ist in finanzieller Hinsicht problematisch. Eine zusätzliche Schwierigkeit ist der geringere Bekanntheitsgrad von KMU, was die Besetzung der Vakanzen zusätzlich erschwert. Dadurch steigen die Recruiting-Kosten, um mit der Konkurrenz auf dem Markt mithalten zu können. Die Berufsbildung ist ein Schlüsselelement im Kampf gegen den Fachkräftemangel und kann nachhaltig dazu beitragen, dass Sie ihre offenen Stellen mit passenden Kandidat:innen besetzen können. Durch das Ausbilden von Fachkräften eröffnet sich Ihnen die Chance junge Fachkräfte von Beginn an in ihrer beruflichen Laufbahn zu begleiten, was sich oft auch nach der Berufslehre für Ihr Unternehmen auszahlen kann. Nur wenn wir ausbilden, können wir sicherstellen, dass in unseren Branchen genügend Fachkräfte gefunden werden. Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Weder für die Lernenden noch für die Lehrbetriebe. Ausbilden und ausgebildet werden fordert viel Energie und ein stetiges Miteinander.
Die Lernenden fühlen sich dort wohl, wo sie verstanden werden. Die zwischenmenschliche Beziehung ist für sie enorm wichtig. Sie möchten, dass ihre Anliegen aufgegriffen werden; sie erwarten Verständnis, Geduld und eine gute fachliche Einarbeitung. Sie wollen vor allem ernst genommen werden, entdecken, ausprobieren und ein Teil des Erfolgs sein. Die Lehrbetriebe müssen attraktive Lehrstellen schaffen. Sie müssen in die Nachwuchsförderung investieren, sich für die Ausbildung Zeit nehmen, zeitgemässe Anstellungsbedingungen schaffen, Erwerbschancen und Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Die Ausbildung eines Jugendlichen ist eine Investition in die Zukunft. Wichtig ist das Miteinander! Sie als Unternehmer müssen in die Jugendlichen investieren, an sie glauben, ihnen früh Verantwortung übertragen und ihnen klare Rahmenbedingungen geben. Nur mit dieser Haltung kommt man an künftige Fachkräfte heran. Die Unternehmen müssen sich aktiv mit den Herausforderungen der verschiedenen Generationen befassen. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung für den gemeinsamen Erfolg. Nur wer attraktive Lehrstellen bietet, gewinnt!
Felix Keller ist Geschäftsführer des Gewerbeverbands Kanton St.Gallen.
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