Laut einer Umfrage in Ostschweizer Lehrbetrieben müssen sich 65 Prozent von ihnen mit unmotivierten Lernenden auseinandersetzen. Da stellt sich die Frage, was motiviert Jugendliche? Antworten darauf lieferte der Verein Triebwerk am diesjährigen Forum.
«Die Motivation ist ein wunder Punkt in der Schule», sagt Marlis Angehrn, Leiterin der Dienststelle Schule und Musik der Stadt St. Gallen. Denn die Entwicklungspsychologie besage, dass Kinder von 0 bis 4 Jahren komplett selbstorganisiert lernen. Sie lernen hochmotiviert reden, weil sie teilhaben wollen. Sie lernen motiviert laufen, weil sie mitkommen wollen. Doch dann nimmt die Motivation von Schuljahr zu Schuljahr ab. «Bis zur 3. Oberstufe sinkt sie sogar bis auf 0», so Angehrn.
Diese Entwicklung scheint sich danach weiterzuziehen, wie eine Umfrage des Vereins Triebwerk zeigt: 65% der befragten Lehrbetriebe in den Ostschweizer Kantonen gaben an, sich mit unmotivierten Lernenden auseinandersetzen zu müssen. Und so stellt sich unweigerlich die Frage: Was motiviert denn Jugendliche? Genau das wollte der Verein Triebwerk am diesjährigen Forum herausfinden und lud Experten sowie Jugendliche ein. Dass diese Frage vielen unter den Nägeln brennt, zeigte die Rekord-Anmeldezahl von über 160 Teilnehmenden aus Lehrbetrieben, Schulen und Berufsberatungen.
Mit realen Aufgaben Jugendliche fordern
Matthias Vogel, Schulleiter der Maitlisek Gossau, lieferte eine erste Antwort: «Wissen allein reicht nicht, es braucht Wollen und Können, damit das Tun Erfolg bringt.» Und dieses Wollen und Können erreiche man bei den Jugendlichen, indem man ihre Impulse aktiviere und echte Lernaufgaben schaffe. Er meint damit ein Problem darzulegen, das neugierig macht, eine Situation aus dem Leben aufgreift, eine Handlung erfordert, die einen mehrschrittigen Ablauf beinhaltet und dabei sollen sich die Lernenden aktiv beteiligen können. «Wir wollen Betroffene zu Beteiligten machen», so Vogel.
Wertvolle Perspektiven und Tipps lieferte auch Achi Brunnschweiler, Coach und betrieblicher Mentor. «Wir machen dem Baby alles vor, auch noch dem Kind. Aber beim Teenager hören wir plötzlich damit auf. Von ihm erwarten wir, dass er alles selbst kann oder lernt». Die Motivation müsse zwar vom Jugendlichen selbst kommen, aber man könne sie aus ihm herauskitzeln. Aber nicht, indem man ihm drohe, den Teenager anbrülle oder ihm die Verantwortung abnehme. Was vielmehr wirke, sei: echtes Interesse am Jugendlichen zu zeigen, als Mentor und Freund Würde und Selbstwert geben, ihm Grosses zuzutrauen und Verantwortung zu übergeben.
Dass dies funktioniert, zeigte er eindrücklich an einem eigenen praktischen Beispiel in seiner Lernwerkstatt. Kleine Anreize wie ein Mc Flurry im Mc Donalds und ein lobendes Plakat am Fenster reichten aus, damit der Lernende eine geniale Software entwickelte, die selbst gestandene IT-Profis ins Staunen versetzte. «Wir haben den Lernenden unser Vertrauen geschenkt und ihnen diesen wichtigen Auftrag zugetraut», so Brunnschweiler.
Vertrauen schenken und zuhören
Eine entscheidende Frage stand da noch im Raum: Sehen es die Jugendlichen genauso? Schüler Mattia nickte, er wolle dann in der Lehre vom Chef auch ernst genommen werden und ausprobieren können. Elias ist bereits in der Lehre und schwärmte vom Betrieb, weil er eigenständig entscheiden dürfe. Regelrechte Motivationskiller seien Blossstellungen, fehlende Wertschätzung, langweilige Arbeit und mangelnde Unterstützung. Letztlich waren sich die anwesenden Jugendlichen einig: «Motivation kommt, wenn man uns zuhört, Vertrauen schenkt und ein gutes Umfeld bietet.»
Nathalie Schoch ist freischaffende Journalistin und Mitinhaberin von Merkur Kommunikation. Sie lebt und arbeitet in Teufen.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.