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JazzNight mit Nicole Johänntgen

Wie spielt man auf 3'000 Metern Saxophon?

Sie nennt die Natur ihre Inspirationsquelle – und beweist das gleich mit ihrem nächsten Konzert. Am Samstag, 25. März, steht Nicole Johänntgen auf dem Säntis. Was sie dabei beachten muss, erklärt sie im Interview. 

Manuela Bruhin am 18. März 2023

Am Samstag, 25. März, findet die JazzNight auf dem Säntis statt. Ist es für Sie das erste Mal, das Sie auf einem Berg spielen?

Für mich ist es bereits das dritte Mal, allerdings zum ersten Mal mit der eigenen Band. Ich habe vor zwei Jahren auf dem Gotthard mein Saxophon «Solo II»- Album aufgenommen, aber ohne Publikum. Und in Indonesien habe ich mit einer indonesischen Band auf dem Berg Gunung beim Gunung Jazzfestival als erste Jazzmusikerin aus Europa gespielt. Gotthard und Gunung waren atemberaubende Erlebnisse für mich. So freue ich mich nun ganz besonders auf das Säntis-Erlebnis!

Müssen Sie bei dieser Höhe eigentlich etwas beachten?

In Indonesien hatte ich auf 3000 Metern keine Probleme, Saxophon zu spielen. Ich spiele ja keinen ganzen Tag lang. Vielleicht klingt mein Saxophon anders, vielleicht aber auch nicht. Das bleibt eine Überraschung!

Im Herbst 2023 ist es so weit und Sie können Ihr neues Album «Labyrinth» präsentieren. Wo haben Sie sich inspirieren lassen?

Seit Jahren fasziniert mich die Reduktion. Früher habe ich immer mit einem Harmonieinstrument gespielt: beispielsweise Gitarre oder Piano. Ein solches Instrument wegzulassen, heisst für mich, andere Wege zu gehen. Inspirierend für mich ist die Klangvielfalt der Besetzung. Perkussion, gepaart mit einem erdigen Bass in Form der Tuba - und als Melodieinstrument oder auch als Perkussionsinstrument kommt mein Saxophon zum Einsatz. Man kann es durch die Slap-Technik als Perkussionsinstrument einsetzen. Die Technik ist alt, aber ich habe sie intensiv gelernt. Das Minimalistische im Fluss finde ich spannend - und von dieser Bewegung lasse ich mich inspirieren: die Trance.

Labyrinth soll die unterschiedlichen Wege des Lebens betonen. Wenn Sie zurückblicken: Was hat Sie am meisten «geformt»?

«Live» spielen war und ist für mich das Wichtigste. All die Wege, die ich bisher gegangen bin, die mir bisher blockiert waren, oder auf denen ich bin, führen irgendwohin. Ich weiss, dass ein Labyrinth auch etwas Unheimliches sein kann. Der Mut, trotzdem weiterzugehen, hat mich «geformt».

Wie hat sich Ihre Musik über all die Jahre verändert?

Eine gute Frage. Poetisch gesehen kommt die Musik aus meinem Saxophon. Mein Saxophon ist also meine Musik. Es ist meine verlängerte Lunge. Mein Sound ist weicher geworden. Ich vertraue mehr darauf, was daraus sprudelt. Alles ist geformter und bewusster, wilder und auch unbewusster. Aus Unbewusstem entsteht Bewusstes. Nämlich dann, wenn ich alte Klänge mit neuen Sounds unbewusst vermenge und es mir nachträglich gefallen hat. Ich versuche es, nachzuahmen und es in meine Musik einfliessen zu lassen. Zum Beispiel habe ich vor Kurzem tiefe Töne, aber mit der Oktave dazu, gespielt. Dann erklangen zwei Töne gleichzeitig in Oktaven, ohne Effektboard, ganz natürlich. So verändert sich meine Musik stets aufs Neue.

Sie gehen auch musikalisch neue Wege, beispielsweise mit dem neuen Trio. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Wir proben in einem Luftschutzbunker in Zürich. Ich habe alle Songs geschrieben – teilweise ohne, teilweise wiederum auf Notenpapier. Wir proben intensiv, probieren aus, verschiedene Geschwindigkeiten, wie sich ein schneller Song im Medium Tempo gespielt anhört. Gleichzeitig lassen wir uns aber auch viel Freiräume. Wenn etwas nicht gut klingt, sagen wir das direkt offen. Das schätze ich. Jon Hansen spielt Tuba. Er beherrscht sein Instrument unglaublich und liefert mir einen satten Bass. Er kommt aus Seattle und lebt nun in der Schweiz. David Stauffacher an der Perkussion war immer wieder in Südamerika und spielt viel lateinamerikanische Musik. Dieser Mix in unserer Band ist super. Ich freue mich besonders auf das Konzert auf dem Säntis, denn wir haben auch einen «special guest» mit dabei. Lukas Wyss ist Posaunist. Mit ihm habe ich sehr viele Konzerte spielt. Er bringt wieder eine weitere schöne Farbe in die Labyrinth Welt.

Welche Projekte stehen bei Ihnen demnächst an?

Am meisten wird mich die CD-Release von Labyrinth beschäftigen. Ich bin auf der Suche nach einer Promoterin oder Promoter in Frankreich. Das ist nicht so einfach. Ich würde gerne in Frankreich Fuss fassen. Also, ich bleibe dran. Versprochen! Ausserdem plane ich wieder Solo-Konzerte und bereite mich auf meine Saxophon-Berg-Workshops im April und Juni im Berner Oberland vor. Wie Sie sehen, ich bin unter anderem Fan der Berglandschaft! Die Natur ist meine Inspirationsquelle.

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Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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