Ab Juni veröffentlich die Stadt Wil ihre amtlichen Mitteilungen auf einer kantonalen Webplattform. Das gefällt nicht allen.
Die Entwicklung war abzusehen. Gemeinden sind nicht mehr länger verpflichtet, ihre amtlichen Publikationen auf Papier zu veröffentlichen - sprich in regionalen Zeitungen. Neu können sie dafür auch Online-Kanäle nutzen.
Das wird die Stadt Wil nun ab dem 1. Juni 2019 auch tun, wie sie bekanntgibt. Sie werde die amtlichen Publikationen «auf der kantonalen Publikationsplattform im Internet» veröffentlichen. Wie diese genau aussieht, ist nicht bekannt.
Anzunehmen ist aber, dass weitere Gemeinden auf den Zug aufspringen werden, wenn der Kanton ein entsprechendes Angebot schafft. Und ebenfalls klar ist, dass Tageszeitungen darunter leiden werden, wenn die amtlichen Mitteilungen nicht mehr kostenpflichtig bei ihnen publiziert werden.
Entsprechend kritisch ist man auf Verlagsseite. Stefan Schmid, Chefredaktor des St.Galler Tagblatts, das in Kooperation mit der Wiler Zeitung steht, schreibt auf Twitter: «Die Stadt Wil publiziert amtliche Anzeigen künftig auf einer kantonalen Online-Plattform statt in der Wiler Zeitung. Kann man machen. Nur sollten sich die Lokalpolitiker später nicht darüber beklagen, dass das Angebot der Regionalpresse ausgedünnt werden muss.»
In der Tat steht die ganze Sache in einem gewissen Widerspruch zu den Verlautbarungen der St.Galler Regierung, die sich zum Erhalt der Medienvielfalt bekannt und Wege aus der Krise gesucht hatte. Mit der Schaffung eines eigenen Onlineangebots torpediert der Kanton die Bemühungen der Medienhäuser, ihre Kanäle wirtschaftlich zu gestalten - Print oder Online.
Auch bei der Bevölkerung wird der Schritt wohl nicht nur auf Begeisterung stossen. Nicht jeder mag online lesen. Man werde «auf Bestellung» einen Printservice anbieten, schreibt die Wiler Stadtkanzlei. Dafür muss man sich allerdings aktiv anmelden, was erfahrungsgemäss längst nicht jeder tun mag.
Die Stadt Wil rechtfertigt den Schritt mit dem Hinweis darauf, dass amtliche Publikationen schon heute «überwiegend elektronisch konsultiert» würden. Dort seien sie allerdings bis heute nicht rechtsverbindlich, wenn sie beispielsweise Fristen beinhalten. Mit dem neuen Publikationsgesetz - und dank der ominösen Publikationsplattform des Kantons - sehe das anders aus.
Weiter heisst es, durch die tagesaktuelle Publikation würden die jeweiligen Fristen früher zu laufen beginnen, was die Verwaltungsverfahren beschleunige. Davon haben allerdings nur die Leute etwas, die sich auf dem bewussten kantonalen Plattform informieren und nicht mit der versprochenen Printausgabe.
Alles in allem dürften die Neuerungen zu Einsparungen führen, weil die Gelder an Verlage, die bisher als «amtliches Publikationsorgan» dienten, wegfallen. Verwaltungsintern hingegen dürften durch die Bewirtschaftung weiterer Kanäle zusätzliche Kosten anfallen.
Neu betreibt die Stadt nämlich auch einen WhatsApp-Kanal. «So können die Informationen des Stadtrats und der Stadtverwaltung bequem per Mobiltelefon konsumiert werden», heisst es dazu. Die bisherigen Kommunikationskanäle der Stadt Wil – Website, Newsletter und Medieninformationen – bleiben bestehen. Mit Facebook und LinkedIn werden zudem zwei weitere Social-Media-Kanäle bedient.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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