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Zeyer zur Zeit

Wir werden alle sterben

Das ist leider ein wahrer Satz. Nur: wann und woran, das weiss man eben nicht so genau. Da wir alle Angst davor haben, ist es leicht, uns zu damit zu schrecken. Nur: verantwortlich ist das nicht.

«Die Ostschweiz» Archiv am 01. September 2021

Wer dieser Tage zur Welt kommt, wird sie im Schnitt nach 81,9 Jahren wieder verlassen, oder nach 85,6 Jahren, falls das Neugeborene kein Schnäbi hat.

Das ist ziemlich viel, im Mittelalter wurden Frauen, geschwächt von vielen Geburten, im Schnitt nur 25 Jahre alt, Männer 32. Der Tod gehört also zum Leben und ist nicht wirklich der Rede wert.

Ausser, es grassiert eine Seuche, moderner eine Pandemie. Da bricht dann Hysterie und Panik aus, selbsternannte Propheten verkünden das Ende der Welt, wenn nicht ...

Wenn nicht Busse getan wird, ein gottgefälliges Leben geführt, den Weisungen der Obrigkeit gehorcht, jeder Zweifel an deren weisen Entscheidungen unterdrückt wird. So war das jedenfalls im Mittelalter.

Heutzutage versuchen sich Wissenschaftler als selbsternannte Propheten, und auch an den weisen Entscheidungen der Regierenden sollte besser kein Zweifel geäussert werden. Gottgefällig muss das Leben nicht mehr unbedingt sein, aber dem rechten Glauben sollte schon nachgelebt werden. Dem Glauben an die Rettung durch Impfung.

Zu ihrem Bedauern ist es heutzutage so, dass die Obrigkeit nicht mehr einfach alles befehlen kann, gerade bei Eingriffen in die persönliche Freiheit reagiert der Eidgenosse eher empfindlich bis angefasst.

Also muss er halt überzeugt werden, mit guten Worten und besseren Argumenten; sollte das alles nichts nutzen, hilft auch zunehmender Druck mit allen Mitteln, ausser der Zwangsimpfung.

Schauen wir uns doch ein Argument etwas genauer an, wir verwenden dafür selbstverständlich nur offizielle Zahlen, möglichst konkret am Beispiel des Kantons St. Gallen. Wie schaut es denn aktuell mit der tödlichen Bedrohung durch COVID 19 aus? Rafft das Killervirus die Ostschweizer massenhaft, zumindest überproportional häufig dahin?

Um das zu beurteilen, gibt es den Begriff der Übersterblichkeit. Denn Menschen sterben nun mal, mit oder ohne Virus. Dazu hat St. Gallen selbstverständlich eine Statistik parat.

Uns interessiert hier nur diese Entwicklung:

Statistik

Quelle: Bundesamt für Statistik, «Statistik der Todesursachen und der Totgeburten»

Sie zeigt das graue Band der aus dem historischen Mittel zu erwartenden Anzahl Todesfälle. Genauer zwei Bänder, eines für die Altersgruppe 0 bis 64, das zweite für 65 und älter.

Überraschungsfrei ist die Anzahl Todesfälle bei Ü-65 entschieden höher als im jüngeren Teil der Bevölkerung. Denn trotz allen Fortschritten der Medizin klingelt in dieser Altersgruppe das Totenglöcklein entschieden häufiger als bei Jüngeren.

Für manche bis heute überraschend ist es aber so, dass seit Anfang der Pandemie, also seit Januar 2020, bei den Unter-65-Jährigen die tatsächliche Anzahl Todesfälle sich konstant und immer im Band der Erwartung bewegte. Mit zwei klitzekleinen Ausreissern, lediglich in zwei von 80 Wochen. Von Anfang an bis heute.

Bei den älteren Mitbürgern gab es einen Ausreisser zwischen Oktober 2020 bis Ende Januar 2021. Das wird daran liegen, dass es zwar Lockdowns gab, man aber dabei versagte, den Schutz von Hochrisikogruppen (betagt, schwere Vorerkrankung, zusammenlebend in Institutionen) zu gewährleisten.

Zurzeit bewegen sich die tatsächlichen Todesfälle unterhalb der Mitte des Erwartungsbandes. Nicht zuletzt aus diesem Grund, und weil eine Intensivstation nur dann rentiert, wenn sie zu über 85 Prozent belegt ist, wurden entsprechend Betten abgebaut.

Diese Kapazitäten können übrigens jederzeit stark ausgebaut werden, wie das auch in der Vergangenheit schon der Fall war. Engpässe gibt es höchstens beim Personal, aber das widerspiegelt das Versagen der Verantwortlichen, keinesfalls eine Bedrohung durch die Pandemie.

Nun haben sich wahre Corona-Kreischen entwickelt, die nur in der Schreckung der Bevölkerung eine Möglichkeit sehen, sich ihre fünf Minuten Ruhm abzuholen. Unterstützt werden sie von willfährigen Medien, die sich durch Wohlverhalten möglichst viel Staatssubventionen ergattern wollen. Denn die Hand, die einen füttert, beisst man doch nicht.

Im Mittelalter gab es so vieles um den Menschen herum, das keine Erklärung hatte, angefangen bei Blitzschlägen, aber auch bezüglich Krankheiten und Seuchenzügen, dass man sehr irrational, mit Aberglauben, mit hanebüchenen Heilserwartungen darauf reagierte. Busse tat, Kirchen baute, Rosenkränze betete, Opfergaben darbrachte.

Heute ist das alles anders. So vieles um den Menschen herum ist erklärt, der Verursacher eines Seuchenzugs wird schnell enttarnt, sinnvolle Verteidigungsstrategien entwickelt. Kein Platz mehr für Aberglauben, kein Platz mehr für die Verfolgung von Ungläubigen, Andersdenkenden, Zweiflern, Skeptikern.

Stattdessen wird der Dialog gepflegt, werden Argumente ausgetauscht, basierend nicht auf Glauben, sondern auf Fakten. So sollte es sein, so könnte es sein. So ist es aber um die Ostschweiz herum nicht. So ist es leider auch in der Ostschweiz nicht. Dabei liegen die Fakten vor. Die sagen zweifellos: Wir werden alle sterben. Früher oder später. Sonst sagen sie nichts.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
«Die Ostschweiz» Archiv

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.

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