In einem Gastbeitrag vom September 2021 wies unser Autor Kurt Weigelt auf die ungesund enge Bindung zwischen dem Staat und vielen Zeitungsverlagen hin. Wie recht er damit lag, zeigen die jüngsten Ereignisse rund um Ringier.
Als «Begleitorchester» bezeichnete Kurt Weigelt in seinem Beitrag vom vergangenen Herbst, nachzulesen hier, diverse Medien aufgrund ihres Verhaltens während der letzten zwei Jahre. Während sich die Coronasituation entwickelte, machten Verlage verstärkt auf ihre angeblich missliche finanzielle Situation aufmerksam, und der Bundesrat zeigte sich in Rekordzeit grosszügig. Unter anderem mit einer Art «Not-Paket» für private Medien, nachdem zuvor schon die SRG in den Genuss von Millionen gekommen war.
Was zunächst noch wie durchaus verständliche Hilfe in grösster Not aussah, war, wie Weigelt in seinem Beitrag zeigt, ziemlich problematisch, weil Unternehmen aus anderen Branchen nicht mit so schneller, grosszügiger Unterstützung rechnen durften. Um das zu begründen, wurde das (in den meisten Fällen gar nicht gefährdete) Überleben der Zeitungen als relevant für System und Demokratie verkauft. Der Gedanke liegt aber nahe, dass der Bundesrat einfach zunächst einmal denen die Hand reichen wollte, von denen er im Gegenzug etwas erwarten konnte. Oder um es mit den Worten von Kurt Weigelt zu sagen: «Für die Mächtigen ist eine wohlwollende mediale Berichterstattung das Salz in der politischen Suppe. Ganz besonders in einer ausserordentlichen Lage. Wer mit Notverordnungen regiert, ist auf bedingungslose Gefolgschaft angewiesen.»
Die Einschätzung vom September hat sich Ende 2021 auf ungeahnt direkte Weise bewahrheitet, als enthüllt wurde, wie Ringier seine Medien weltweit zur Regierungstreue verpflichtet. Wobei sich das regierungstreue Verhalten der Medien nicht auf diesen Verlag beschränkt, sondern ziemlich umfassend ist – für den Leser, die Leserin bietet sich seit vielen Monaten ein einheitliches Bild.
Mit dem Medienförderungsgesetz, das am 13. Februar zur Abstimmung kommt, will der Bundesrat noch eine grosse Schippe nachlegen, und das über Jahre hinaus. Dass sich Zeitungen handzahm verhalten, weil sie den Staat bei der edlen Mission der Pandemiebekämpfung konstruktiv unterstützen wollen, ist die offizielle Lesart, die als reine Kommunikationsarbeit zu verstehen ist. Viel naheliegender ist: Es geht um Geld. Um viel Geld.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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