logo

Der Franken wird stärker und stärker

«Wollen wir auch in Zukunft von der Schweizer Preisstabilität profitieren, müssen wir akzeptieren, dass der Franken immer teurer wird»

Thomas Stucki, Investmentchef der St.Galler Kantonalbank, zur aktuellen Frankenstärke, der Währungspolitik der Schweizerischen Nationalbank - und welche Schlüsse es daraus zu ziehen gilt.

Thomas Stucki am 22. Januar 2024

Der Franken wird stärker und stärker. Das ist zwar kein Naturgesetz, kommt ihm aber recht nahe. Der Euro und der US-Dollar haben sich in den letzten Tagen im Verhältnis zum Franken wieder etwas erholt. Das ist aber lediglich eine Gegenreaktion auf die starken Kursverluste über das Jahresende.

Ein US-Dollar kostete im November 2022 noch einen Franken, nun sind es 13% weniger. Für einen Euro musste man vor einem Jahr auch noch einen Franken hinblättern, nun sind es noch knapp 95 Rappen.

Lange ignorierte die SNB (Schweizerische Nationalbank) die Frankenstärke mit dem Hinweis, dass sich der reale Aussenwert des Franken aufgrund der hohen Inflation im Ausland nur wenig verändert habe. Diese Haltung wird schwieriger, da sich die Inflationsraten in der Eurozone und den USA dem Wert in der Schweiz angenähert haben.

Stabilität der Schweiz erklärt Vorgänge nicht

Viele Marktteilnehmer sehen in der politischen und wirtschaftlichen Stabilität der Schweiz die Grundlage für den starken Franken. Das mag in Krisenzeiten gelten, wenn der Franken als sicherer Hafen gesucht ist. Die grosse Krise erlebten die Finanzmärkte im letzten Jahr aber nicht, und dennoch wertete sich der Franken substanziell auf. Die Stabilität der Schweiz ist zwar positiv, aber kann die Vorgänge im Devisenmarkt nicht erklären.

Ökonomisch naheliegender ist die Kaufkraftparität, der Ausgleich unterschiedlicher Inflationsraten über die Währung. Im Vergleich zu den USA war im Durchschnitt die Inflationsrate in der Schweiz in den letzten 30 Jahren 1.9% tiefer, der US-Dollar hat über diese Zeit zum Franken pro Jahr 2.0% verloren.

Der Euro sank über diese Zeit zum Franken mit einer Rate von 1.8% pro Jahr bei einer Inflationsdifferenz von 1.4%. Da kommt noch etwas Eurokrise dazu.

Schwierige Aufgabe für die SNB

Ein Gegenmittel zum starken Franken wäre die Inflationierung der Schweizer Wirtschaft. So gut ist diese Idee aber nicht. Wenn von der SNB nun verlangt wird, sie müsse etwas gegen den starken Franken machen, bürdet man ihr eine schwierige Aufgabe auf. Den Leitzins zu senken bringt nur kurzfristig etwas, und die Wirkung auf den Franken verpufft rasch.

Niemand kauft Franken auf der Suche nach Rendite im Schweizer Obligationen- oder Geldmarkt. Zudem müsste die SNB ihren Zins deutlich stärker senken als die Fed (Notenbank der Vereinigten Staaten) und die EZB (Europäische Zentralbank). Bei einem aktuellen SNB-Zins von 1.75% ist man da schnell wieder bei den Negativzinsen.

Wenn sich die SNB gegen den Aufwertungsdruck des Frankens stemmen will, bleibt ihr nicht viel anders übrig, als Währungspolitik zu betreiben, wie sie es zwischen 2011 und 2021 gemacht hat. In dieser Zeit konnte sie den Wechselkurs des Frankens einigermassen stabil halten, musste aber über Devisenmarktinterventionen ihre Devisenreserven um 750 Milliarden Franken aufblähen, in etwa der Grössenordnung des jährlichen BIP (Bruttoinlandprodukt) in der Schweiz. Das kann auch nicht die Lösung sein.

Mögliche Devisenmarktinterventionen

Dass die SNB punktuell im Devisenmarkt eingreift, um einer kurzfristigen Aufwertungsspekulation gegen den Franken entgegenzutreten, ist richtig und wichtig. Ob sie es im Dezember gemacht hat, wissen wir nicht, aber möglich ist es.

Es muss gefährlich sein, auf Kredit und mit Leverage auf einen starken Franken wetten. Wenn wir auch in Zukunft von der Preisstabilität in der Schweiz profitieren wollen, müssen wir und die Schweizer Wirtschaft jedoch akzeptieren, dass der Franken über die Zeit immer teurer wird.

St. Galler Kantonalbank AG

Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 51.0 Prozent des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer Dienstleistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2022 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1337 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von 53,6 Milliarden Schweizer Franken. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und ein Aa1 Deposit Rating (Rating für Kundeneinlagen) und ein Aa2 Unsecured Debt Rating (Rating für Obligationenanleihen) von Moody's.

(Bild: PD)

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Er hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Stucki führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden und ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 7,5 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.