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Fachbeitrag

Zwischen Genie und Wahnsinn – die Macht der Vorbildwirkung nutzen

Vorbilder gibt es wohl seit Menschengedenken. Denn beim Nachahmen von beobachtetem Verhalten handelt es sich um eine intuitive Lernmethode. Auch in Zeiten rationaler KPIs, von Automatisierung und künstlicher Intelligenz haben sie nicht ausgedient.

Renata Kratzer am 01. November 2022

Vorbilder sind einflussreich, können Gutes und Schlechtes bewirken. Deshalb ist es wichtig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Doch wie können Unternehmen die Kraft der Vorbildwirkung lenken? – Indem sie sich zunächst mit der Natur auseinandersetzen.

Bei einem Vorbild handelt es sich um eine lebende, verstorbene oder fiktive Person, die in ihrem Sein oder Handeln zur Nachahmung inspiriert, wie auf der Website der nushu GmbH zu lesen ist. Vorbilder dienen als eine Art Referenzgrösse für die persönliche Entwicklung sowie zur Definition von eigenen Zielen und Werten. Sie haben die Macht, die Vorstellungskraft ganzer Gesellschaften zu erweitern wie auch zur Nachahmung negativen Verhaltens zu führen, insbesondere, „wenn sie Stereotype reproduzieren, eine faktenferne Vorstellung von der Welt vermitteln oder antisoziales Verhalten vorleben“. Der Mechanismus von Vorbildern zu lernen, ist nach Erläuterungen von Führungskräftetrainer Axel Kranz derart tief in den Menschen verankert, dass sie ihn das gesamte Leben anwenden, auch unbewusst. So orientieren sich Menschen etwa an scheinbar erfolgreicheren Personen beziehungsweise an solchen, die als Autoritäten empfunden werden. Deshalb wirken Führungskräfte immer als Vorbild – „ob sie es wollen oder nicht“.

Mehr als 50 faszinierende Eigenschaften

Daraus ergibt sich für Unternehmen im zweiten Schritt, dass sie auf eine positive Vorbildwirkung ihrer Führungskräfte achten sollten, am besten bereits bei der Einstellung. Zahlreiche Eigenschaften stehen für gute Vorbilder. „Vor allem das grosse Wort ‚Verantwortung‘ wird gern benutzt, wenn es um Moral in der Arbeitswelt geht“, schrieb Andreas Weck im Magazin t3n. Nach moralischen Wertvorstellungen agieren und nachvollziehbare Entscheidungen treffen, nannte es Anja Merklin-Wendle. Ein weiteres Merkmal: eine starke persönliche Ausstrahlung. Dazu gehören Klarheit, Leidenschaft und Mut. Florian Hochenrieder führte in seinem Buch „Führen durch Vorbild“ klare Zielorientierung, einen runden Charakter, offene Wahrnehmung, positive Wirksprache, starkes Selbstbewusstsein, entschlusskräftige Initiative und ausdauernde Robustheit als bewährte Bausteine an. Axel Kranz betonte unter anderem Kongruenz und Wertschätzung für sich selbst mit allen Stärken und Schwächen, um nicht etwa Mitarbeiter für abgelehnte eigene Eigenschaften zu kritisieren. Nicht zuletzt brachte es Medienmacher Jochen Mai mit folgenden Worten auf den Punkt: „Es gibt viel, was an einem Vorbild faszinieren kann: Worte, Taten, Talente, Charisma, Eigenschaften, Erfolge.“ Insgesamt 51 Merkmale, die ein Vorbild auszeichnen, listete er auf – von Ausdauer über Fairness und Optimismus bis hin zu Zuverlässigkeit.

Perfektion ist nicht anstrebenswert

Darauf, möglichst viele Eigenschaften zu vereinen, kommt es jedoch nicht an. Denn: „Personen, die den Eindruck erwecken, sie seien uns moralisch überlegen, können starke Abwehrreflexe in uns auslösen“, so die nushu GmbH. Als moralisch unterlegen oder vermeintlich „schlechterer Mensch“ dazustehen, kratze am Selbstwert. Nicht umsonst trat beispielsweise Greta Thunberg eine Armada von zornigen Stimmen gegen sich los. Zudem birgt die Überhöhung einer bestimmten Person enorme Risiken, so Jochen Mai. Nachahmung sei immer dann schädlich, wenn Menschen bei dem Versuch, die andere Person zu kopieren, ihre eigene Persönlichkeit verlieren. Deshalb sollten sie sich lediglich am Vorbild orientieren, jedoch nicht probieren, genauso zu werden. Immerhin stufen sich Menschen zu Halbwüchsigen zurück und geben ihre Eigenschaft des Erwachsenseins ab, wenn sie selbst jemandem zum Vorbild küren, wie Führungsexperte Dr. Reinhard Sprenger in seinem Buch „Die Entscheidung liegt bei dir!“ zu bedenken gibt. Mit dieser Aussage polarisiert er zwar, jedoch beruht sie auf einem wahren Kern. Bei der Suche nach Vorbildern sollte es nicht darum gehen, dass andere ein Abbild werden.

Auf den Zweck kommt es an

Vielmehr hilfreich ist eine Leitfigur, die eine oder mehrere Aufgaben durch Vorleben erfüllt. Dadurch demonstriert sie, dass angestrebtes Verhalten möglich ist. Dementsprechend sind Unternehmen gut beraten, Persönlichkeiten als Führungskräfte zu suchen, die sich durch Eigenschaften auszeichnen, die im Team benötigt werden. So können beispielsweise Visionskraft und Führungsstärke speziell Gründer inspirieren. Elon Musk, Steve Jobs, Richard Branson und Jeff Bezos gelten nicht ohne Grund als deren Top-Vorbilder. Weibliche Vorbilder wie die amerikanische Geschäftsfrau Sheryl Sandberg vermögen wichtig für die im Unternehmen empfundene Gleichberechtigung zu sein. „Die Schweizer Unternehmerszene braucht mehr weibliche Vorbilder“, stellt beispielsweise die Fachhochschule Nordwestschweiz fest. Was benötigen Sie?

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Autor/in
Renata Kratzer

Renata Kratzer ist Management Consultant bei Nellen & Partner. Sie hat Biochemie studiert und in führenden Unternehmen in der Schweiz 18 Jahre praktische Erfahrung als Researcherin im Executive Search gesammelt. Sie unterstützt Mandanten aus der Bau- und Immobilienbranche bei der Besetzung von Kader- und Spezialistenpositionen.

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