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Fachbeitrag

Zwischenmenschliche Erfolgsfaktoren in der Unternehmensnachfolge

Die Schweiz gilt weltweit als attraktivster Standort für Familienunternehmen. Mit 320'000 sind 99 Prozent aller Firmen klein oder mittelgross.  Veränderungen führen bei ihnen zu komplexen Herausforderungen.

Nellen & Partner am 15. Juli 2022

Autorin: Fabienne Sonderegger / Konsulentin bei Nellen & Partner in Zürich

Fast 90 Prozent von ihnen befinden sich swissinfo.ch zufolge im Besitz von Familien. Circa 20.000 werden jährlich verkauft oder liquidiert, wie die Neue Zürcher Zeitung berichtete. Im Rahmen der Nachfolgeplanung offenbaren sich diverse Spannungsfelder zwischen Unternehmen und Familie sowie Zukunft und Vergangenheit. In dieser Komplexität beeinflussen zahlreiche Aspekte den Erfolg der Übergabe an die nächste Generation. Doch worin bestehen die oft vernachlässigten, aber besonders anspruchsvollen zwischenmenschlichen Faktoren in der Unternehmensnachfolge?

Für Familienunternehmen ergeben sich aufgrund der wechselseitigen, untrennbaren Verbindung zwischen Unternehmerfamilie und Firma spezifische Herausforderungen. So müssen sie sowohl eine Eigner- als auch eine Unternehmensstrategie erarbeiten und diese miteinander in Einklang bringen. Je nach Inhaber- und Governancestruktur gilt es nicht zuletzt die Abhängigkeit der Organisation von der Führung des bisherigen Eigentümers und Unternehmers zu lösen. Dies ist eine emotionale Angelegenheit, die entsprechendes Gespür, Kommunikation und vermittelndes Geschick zwischen den Interessen, Erwartungen, Vorstellungen, Zielen sowie Wertvorstellungen der verschiedenen Anspruchsgruppen verlangt. Eine personenunabhängige Führung bedingt eine solide Unternehmenskultur sowie eine passende Organisationsstruktur mit klaren Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie verlässlichen Prozessen.

Ausgangslage objektiv bestimmen

Grundlage hierfür bilden eine Analyse der aktuellen Situation und eine Standortbestimmung auf Basis möglichst objektiver Kriterien. Diese erfolgt mit dem Ziel, aus interner Perspektive Stärken und Schwächen zu ermitteln sowie aus externer Sicht Chancen und Gefahren zu erkennen. Die Ergebnisse dienen einerseits dazu die Bedürfnisse des Unternehmens hinsichtlich der Nachfolge möglichst klar zu identifizieren sowie andererseits eine neutrale Informationsgrundlage im Sinne einer gemeinsamen Gesprächsbasis zu etablieren. Die unterschiedliche Beurteilung der Ausgangslage eines Unternehmens sowie das eigene Selbstverständnis stellen häufig erste kritische Diskussionspunkte zwischen Eigner und Nachfolger dar. Es gilt die Grundlagen hinsichtlich Business und Family Governance getrennt voneinander zu beleuchten und ein geteiltes Verständnis derselben im offenen Austausch miteinander aufzubauen.

Unternehmensstruktur und -kultur weiterentwickeln

Im Rahmen eines Nachfolgeprojektes ist es empfehlenswert, die aktuelle Unternehmensstruktur und -organisation zu überprüfen und gegebenenfalls in Übereinstimmung mit der erarbeiteten strategischen Ausrichtung sinnvoll neu zu definieren. Damit die Führung von einem langjährigen Inhaber zu einem Nachfolger migriert werden kann, bedarf es darüber hinaus einer partizipativen und inklusiven Kultur. Insbesondere im Hinblick auf das Generationenmanagement ist eine gemeinsame Vision der Zukunft entscheidend, die nicht nur innerhalb der Familie, sondern im gesamten Unternehmen bekannt und mitgetragen werden sollte.

Dazu gehören im Weiteren eine möglichst klare Mission sowie ein Konsens über den Weg zum Ziel im Sinne der Strategie. Eine solide Wertebasis, zu welcher sich alle beteiligten Entscheidungsträger bekennen, hilft als Leitfaden insbesondere bei kontroversen Fragestellungen. Vor diesem Hintergrund bedingt eine erfolgreiche Nachfolgeplanung eine transparente und ehrliche Kommunikation mit sämtlichen Parteien innerhalb und ausserhalb der Inhaberfamilie, wobei auch deren Definition für Kontroversen sorgen kann. Im Kontext einer Unternehmensübergabe kann Widerstand – wie bei anderen Transformationsprojekten – nicht nur vom Patron kommen, sondern auch aus den Reihen der Mitarbeitenden. Der Umgang hiermit bedingt Empathie, Integrität und ein ausserordentliches Level an Authentizität und Selbstverpflichtung.

Nachfolger identifizieren und Dialog mit Eigner sicherstellen

Die Komposition des Teams sowie die Besetzung von Vakanzen sind entscheidend für den Erfolg. Inhaber und potenzieller Nachfolger müssen sich individuell und gemeinsam mit selbstkritischen Fragen auseinandersetzen und sich möglichst konstruktiv darüber verständigen. Nachfolger sollten ehrlich für sich klären, worin die eigenen Kompetenzen liegen und ob diese mit den Bedürfnissen des Unternehmens übereinstimmen. Dabei hilft zu überlegen, welche persönlichen sowie formellen Voraussetzungen an die Rolle und die damit verbundenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten gestellt sind. Da Glaubwürdigkeit und die Sicherstellung der Akzeptanz und des Respekts durch die wichtigsten Interessengruppen eine essenzielle Rolle spielen, besteht eine weitere Obliegenheit darin, sich mit den relevanten Stakeholdern wie Mitarbeitenden, Aktionären, Lieferanten und Geschäftspartnern auseinanderzusetzen. Nicht zuletzt lauten relevante Fragen: Kann ich auf die Unterstützung des bisherigen Eigners zählen und sind wir uns über die entscheidenden Punkte hinsichtlich der Unternehmensübergabe einig?

Wenn der Nachfolger aus diversen Gründen nicht aus der Familie oder dem bestehenden Management gewonnen werden kann, gilt es im Rahmen eines Management Buy-ins externe Optionen zu prüfen. Hier hilft der Beizug von Experten, mit deren professioneller Unterstützung das passende Profil erarbeitet sowie fachlich kompetente und persönlich überzeugende Kandidaten identifiziert und angesprochen werden können.

Generationen- und Nachfolgemanagement souverän meistern

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass erfolgreiches Generationen- beziehungsweise Nachfolgemanagement in Familienunternehmen aufgrund der Emotionalität sowie der Komplexität viele Ressourcen beansprucht. Um den Wandel aktiv und strategisch zu gestalten sowie das erforderliche Leadership in Transformationsprojekten zu meistern, bedarf es fachlicher und persönlicher Exzellenz. Vorausschauendes sowie nachhaltiges Denken und Handeln sowie die Berücksichtigung der zwischenmenschlichen Erfolgsfaktoren dienen nicht nur der Gewährleistung der zukünftigen Existenz des Unternehmens, sondern zielen auch darauf ab, den ebenso wertvollen Familienfrieden zu sichern.

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