Eine Aktienkurs-Manipulation überschattet die Jungfraubahnen. Mit im Zwielicht: Ihr Verwaltungsratspräsident Thomas Bieger, zugleich Rektor der Universität St.Gallen. Für «Die Ostschweiz» nimmt Bieger nun Stellung zu den Vorgängen - und zur Frage, ob er sich persönlich bereichert hat.
Im Zusammenhang mit einem Finma-Verfahren gegen die Jungfraubahnen wegen Manipulation des eigenen Aktienkurses hat ein prominenter Ostschweizer Aufmerksamkeit auf sich gezogen: Thomas Bieger, Verwaltungsratspräsident des Bahnunternehmens und Rektor der Universität St.Gallen. Die Meldung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Die Uni muss sich schon an anderen Fronten erklären und verteidigen, so in einer Spesenaffäre.
Bieger hat das VR-Präsidium 2006 übernommen. Damals war er an der Universität St.Gallen «nur» Professor, noch nicht Rektor. Bei seiner Berufung an die HSG-Spitze wurde ihm bewilligt, das Mandat bei den Jungfraubahnen zu behalten - neben anderen. Die Bewilligung sei im Rahmen der «Richtlinien für Nebenaktivitäten und den Nebenerwerb von Dozierenden an der HSG» erteilt worden, erklärt die Kommunikationsabteilung der HSG. Mit anderen Worten: Es sprach nichts dagegen.
«Die Ostschweiz» hat die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Aktienkurs-Manipulation prominent publiziert. Auf unsere Bitte nimmt Thomas Bieger nun Stellung zur Sache. Wir veröffentlichen seine Stellungnahme ungekürzt und im Original weiter unten.
In der Kurzzusammenfassung: Bieger stellt klar, dass es sich nicht um strafbare Vorwürfe handelt, sondern um einen aufsichtsrechtlichen Tatbestand. Zudem seien keine Sanktionen ausgesprochen worden. Eine persönliche Bereicherung für ihn habe es nicht gegeben durch die Manipulationen. Aber Bieger räumt ein, dass es zunehmend schwieriger wird, das Amt des Rektors mit weiteren Verpflichtungen zu kombinieren. Das dürfte auch Auswirkungen auf seinen Nachfolger haben.
Die Stellungnahme von Thomas Bieger im Wortlaut:
«Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA hat ein Enforcement-Verfahren gegen die Jungfraubahn Holding AG mit einer Rüge wegen unzulässigem Marktverhalten abgeschlossen und diese am 13.9.2018 in einer Medienmitteilung veröffentlicht. Es handelt sich um einen Verstoss gegen das aufsichtsrechtliche Verbot der Marktmanipulation und betrifft die Jahre 2014 bis 2016. Marktmanipulation ist im Gegensatz zu Kursmanipulation nicht strafbar, es handelt sich um einen aufsichtsrechtlichen Tatbestand.
Die FINMA stellt fest: «Die Jungfraubahn Holding AG hat Massnahmen zur Verbesserung der Abläufe und internen Kontrollen im Zusammenhang mit dem Handel von eigenen Aktien beschlossen und mittlerweile umgesetzt.» Es werden keine weiteren Massnahmen wie Gewinneinzug etc. verfügt.
Die Verfügung/der Bericht der FINMA ist nicht öffentlich. Die Jungfraubahnen erwähnen in ihrer ad hoc Medienmitteilung vom 13.9.2018, dass es ihr darum geht, die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Unternehmens zu wahren, nicht als Spekulationsobjekt ausländischer Investoren wahrgenommen zu werden und damit auch den regionalen Wirtschaftsstandort zu sichern.
Der Fall ist aufsichtsrechtlich abgeschlossen. Weitere Angaben zum Fall werden aus verschiedenen Gründen nicht gemacht: Der FINMA-Bericht ist nicht öffentlich und die Jungfraubahnen sind ein börsenkotiertes Unternehmen, das ad hoc Publizitätsverpflichtungen der Schweizer Börse unterliegt.
In den Medien ist nun meine Person als Verwaltungsratspräsident in Verbindung mit meinem Amt als Rektor der Universität St.Gallen in den Vordergrund getreten. Ethisches und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten sind für mich sowohl als Person als auch in meiner Rolle als Rektor und Verwaltungsratspräsident zentrale Werte.
Was die medialen Vorwürfe der persönlichen Bereicherung betrifft: Als Resultat des gerügten Marktverhaltens waren die Jahresendkurse jeweils tiefer, was über die Bewertung der Aktien eine Wirkung auf die Vermögenssteuer hat. Diese Wirkung ist jedoch minim und macht rund 0,5 Prozent der Vermögensreduktion aus. Bei einem Aktienbestand im Wert von einer Million würde ein um vier Prozent tieferer Wert also zu Einsparungen von unter 200 Franken führen.
Wie an der Jahresmedienkonferenz vom 14.9.2018 erwähnt, werden im Moment die Regelungen zum Nebenerwerb an der HSG überprüft. Für mich ist klar, dass Organfunktionen immer schwieriger mit der zunehmenden Exposition eines Rektors zu vereinbaren sind.
Im Hinblick auf die derzeit laufende Nachfolgeregelung im Rektorat wird auch die Frage zu beantworten sein, ob ein zukünftiger Rektor oder eine Rektorin aufgrund der zunehmenden Exposition dieses Amtes noch Organfunktionen wahrnehmen soll und kann.»
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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