Familie Streuli hatte den verspäteten Flieger nach Amsterdam bestiegen, von wo aus sie in die Dominikanische weiterreisen wollten. Zehn Tage all inclusive am karibischen Sandstrand locken. Aber es liegen noch ein paar Hindernisse davor.
Peter Streuli verbrachte den Flug nach Amsterdam leicht nach vorne gekrümmt, als könne er damit bewirken, dass sich das Flugzeug schneller bewegte. Statt um 7.20 Uhr war man erst um 11.30 Uhr in Zürich gestartet. Der Weiterflug nach Punta Cana sollte um 14.25 abheben. «Das schaffen wir schon noch», munterte Peter seine Frau Marlis und die beiden Kids immer wieder auf, «in einer Stunde und vierzig Minuten sind wir in Amsterdam, dann haben wir immer noch mehr als eine Stunde fürs Umsteigen. Das Gepäck ist ja durchgecheckt, und einen Sicherheitscheck müssen wir auch nicht mehr machen.»
Nicht gerade ein Booster für die Laune war allerdings, dass das Kabinenpersonal sich in der Kombüse verschanzt und jeden Service eingestellt hatte. Denn es wurde von Horden von Passagieren belagert, die wissen wollten, was denn nun mit ihren Anschlussflügen sei. Auch Streuli gesellte sich dazu, aber als er immer wieder die Antwort hörte «please contact the information desk at the airport», wurde ihm klar, dass hier auch niemand etwas wusste.
Streuli schaute gerade wieder auf die Uhr, fast eins. «Gleich landen wir», verkündete er seiner Familie. In diesem Moment schepperte eine Ansage des Kapitäns durch die Lautsprecher: «Due to heavy traffic our decent will be delayed. At the moment we are number 12 so I expect landing in about 35 minutes.» – «Was hat er gesagt», fragt Marlis, deren Englisch nicht gerade gut ist. Das von Peter ist auch nicht viel besser, aber den Schluss hatte er verstanden. «Die Landung verzögert sich ein wenig», sagte er diplomatisch. «Thirty five oder so», fragte Marlis, «das heisst doch 35 Minuten, oder nicht?» – «Nun ja», räumte Peter ein, «aber die werden dann sicher am Flughafen dafür sorgen, dass wir den Anschluss noch erwischen.»
Im Gedrängel nach der Landung reisst die Schlaufe der Handtasche von Marlis, die sie sich extra für diese Ferien gekauft hat. Peter ignoriert ihr Jammern und hastet zur Anzeigetafel, vor der sich bereits Hunderte von Passagieren ballen. «Hier ist er», verkündet er, «KLM 3087 nach Punta Cana. Ha, wir haben Glück, geplanter Start um 16.20 Uhr. Alles kein Problem, der hat auch Verspätung.»
Aber auch dieses Glück ist nicht ewigwährend. 16.20 Uhr kommt – und geht. Dann um 18 Uhr eine Lautsprecherdurchsage, als die Passagiere den Schalter immer lautstärker belagern. «We are sorry to inform you that KLM 3087 destination Punta Cana is cancelled. Please check with the transfer desk for further information.»
Bevor Marlis fragt, übersetzt Peter die Hiobsbotschaft. Mit zwei lautstark quengelnden Kindern stellt sich Familie Streuli in die Riesenschlange vor dem Transferschalter. Schliesslich hält Peter tapfer die Stellung, während Marlis mit den beiden Kindern nach einer Toilette und einem Erfrischungsgetränk sucht. Zwei Stunden später ist die Familie wiedervereinigt. Keine guten Nachrichten. Die Toilette war in einem üblen Zustand, Erfrischungsgetränke waren aus, und Peter muss mitteilen, dass es auch hier keine freien Hotelzimmer gibt, man aber auf den morgigen Flug umgebucht sei. «Aber die müssen uns doch verpflegen und in ein Hotel bringen» protestiert Marlis. Peter zuckt die Schultern: «Well, sue us», hat der am Schalter gesagt, «verklag uns doch.»
Wir breiten den Mantel des Schweigens über die nächsten 24 Stunden. Denn die gute Nachricht ist: Der Flug nach Punta Cana hebt am nächsten Tag ab. Die schlechte: erst um 22.40 Uhr. Was mit der Zeitverschiebung bedeutet, dass Familie Streuli mitten in der Nacht in der Dominikanischen ankommen wird.
Hier geht’s zum ersten Teil, Fortsetzung folgt.
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.