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Tod von Patientinnen

Ausserrhoder Gesundheitsdirektor weist Vorwürfe zurück, die Aufsicht über Bioarzt Thomas Rau zu verschlampen

Gegen den Direktor des «Biomed Center Sonnenberg» in Schwellbrunn laufen Strafermittlungen wegen fahrlässiger Tötung von Patientinnen. Die Frage stellt sich, warum die Ausserrhoder Gesundheitsbehörden (noch) nicht eingreifen. Gesundheitsdirektor Yves Noël Balmer nimmt Stellung.

Odilia Hiller am 21. November 2023

Der Ärger ist dem Ausserrhoder Landammann und Gesundheitsdirektor Yves Noël Balmer anzumerken. Zwei Dinge möchte er festgehalten haben: Die Todesfälle im Umfeld des «Biomed Center Sonnenberg» in Schwellbrunn würden sehr ernstgenommen. «Wir weisen die in der ‹NZZ am Sonntag› erhobenen Vorwürfe, im Fall von Thomas Rau unsere Aufsichtspflicht zu vernachlässigen, jedoch in aller Form und dezidiert zurück.» Und zweitens: «Ein Verdacht genügt nicht, um jemandem die Berufsbewilligung zu entziehen oder eine Klinik zu schliessen.»

Die «NZZ am Sonntag» von vorgestern 19.11.23 hat publik gemacht, dass gegen den Ausserrhoder Arzt und Klinikleiter Thomas Rau wegen fahrlässiger Tötung in mindestens zwei Fällen ermittelt wird. Während im Artikel zitierte rechtsmedizinische Gutachten zu, gelinde gesagt, vernichtenden Einschätzungen der medizinischen Leistungen des selbsternannten Erfinders der «Biologischen Medizin» kommen, weisen die Beschuldigten, Thomas Rau und eine Ärztin seiner Klinik, jede Schuld - oder Mitschuld - am Tod mindestens zweier Patientinnen als Folge von Behandlungen in Schwellbrunn weit von sich. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Kritik an Ausserrhoder Gesundheitsbehörden

Im Artikel wird indessen nicht mit Kritik an den Ausserrhoder Gesundheitsbehörden gespart, die Bewilligung, Kontrolle und Aufsicht der im Halbkanton angesiedelten Gesundheitsinstitutionen unter sich haben: Obwohl bereits mehrfach Vorwürfe gegen Rau im Raum standen, und er auch umstrittene Behandlungsmethoden verfolgt, ergriff das Amt für Gesundheit noch nie Massnahmen.

Yves Noël Balmer entgegnet auf Anfrage von «Die Ostschweiz», das Amt für Gesundheit übe seine Aufsichtspflicht bei allen Gesundheitsinstitutionen des Kantons gleichsam und im Rahmen des gesetzlichen Auftrags aus. Im April 2021 habe Thomas Rau selbst Meldung erstattet wegen des Todes einer Patientin. Anschliessend habe das Amt bis im November 2022 Abklärungen getätigt – deren Inhalt allerdings dem Amtsgeheimnis unterliege.

«Keine Hinweise auf schwere Verstösse»

Während dieser Abklärungen seien keine Hinweise auf schwere Verstösse gegen die Berufspflichten der Involvierten aufgetaucht, wie es das kantonalen Gesundheitsgesetz verlangte, damit eine Bewilligung entzogen würde. Balmer selbst habe erst im Rahmen der Medienanfragen in der vergangenen Woche vom Fall Kenntnis erhalten, sich nun eingehend informiert und komme zum Schluss: «Das Amt für Gesundheit hat seine Aufgaben aus meiner Sicht sehr gut erfüllt.»

Auf Nachfrage präzisiert der Landammann, für ein schnelleres Handeln hätte es klare Verstösse und Hinweise auf Falschbehandlung gebraucht. Diese habe es nicht gegeben.

Nun sei man verpflichtet, die Ergebnisse der Strafuntersuchung abzuwarten. Sollten im Rahmen juristischer Verfahren Verstösse nachgewiesen werden, werde man selbstverständlich unverzüglich handeln.

«Nicht irrelevant für die Volkswirtschaft»

Und zum Thema Naturheilmethoden im Appenzellerland: Natürlich sei die Alternativmedizin für die Ausserrhoder Volkswirtschaft «nicht irrelevant». Doch Balmer sagt, dass «Aufsicht Aufsicht ist» – egal, um wen es sich handle. «Wir behandeln selbstverständlich alle gleich und unterscheiden nicht zwischen Schul- oder Alternativmedizin.»

Nicht äussern könne er sich zur Frage, ob die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Rau bereits im Gange waren, als dieser sich beim Amt für Gesundheit in der Sache meldete.

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(Bild: Odilia Hiller)

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Autor/in
Odilia Hiller

Odilia Hiller (*1976) ist Co-Chefredaktorin von «Die Ostschweiz».

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