Der Nationalrat hat überdeutlich einen Antrag verworfen, der verlangt hatte, grundsätzlich allen Medien den Zugang zu den Medienkonferenzen rund um Corona im Bundeshaus freizugeben. Eine Debatte darüber gab es nicht.
Der Antrag des Ausserrhoder SVP-Nationalrats David Zuberbühler im Rahmen des Marathon-Sessionstags vom Montag war so simpel wie eindeutig. Er forderte den grundsätzlichen Zugang aller Medien in der Schweiz zu den Medienkonferenzen von Bundesrat, Bundesamt für Gesundheit und so weiter, wenn es um die Coronathematik geht.
Der Ausgang des Anliegens gleich an dieser Stelle in aller Kürze: 54 Nationalratsmitglieder waren dafür, 137 dagegen, 4 enthielten sich der Stimme. «Debattiert wurde nicht darüber», so Zuberbühler. Sein Anliegen wurde abgeschmettert.
Der Herisauer hatte ein Bedürfnis aufgenommen, dass «Die Ostschweiz» bereits früher deponiert hat. Eine Anfrage unsererseits auf den Zugang zu den Corona-Medienkonferenzen wurde von den zuständigen Stellen abgelehnt. Zugelassen zu diesen seien nur Redaktionen, die allgemein im Bundeshaus akkreditiert seien. Eine solche Akkreditierung ist von der Erfüllung eines ganzen Kriterienkatalogs abhängig. Regionale Medien, die nur schon aus Ressourcengründen keine laufende Präsenz in Bern haben können, erfüllen diese nicht.
Zuberbühler hatte argumentiert, dass die Coronathematik wenig zu tun hat mit der eigentlichen Bundeshauspolitik, die ganzjährig von den grossen Medien abgedeckt wird. Da die Kantone eine grosse Rolle bei der Umsetzung der Massnahmen und in Form von Vernehmlassungen zu diesen spielen, sei es wichtig, dass auch Medien, die nicht national berichten, direkt vor Ort Informationen entgegenehmen und Fragen stellen können. Damit, so der SVP-Nationalrat, seien lokale und regionale Redaktionen auf die Rolle der Zuschauer im Livestream reduziert – und können nicht mehr tun, als das Gesagte zu protokollieren.
Dies sei umso störender, weil im Rahmen der aktuellen Debatte um die Medienförderung vom Bundesrat stets die «demokratierelevante Rolle der Medien» in der Schweiz betont werde. Diese komme aber auch den kleineren Verlagen zu, die näher an der Leserschaft sind. Ausgerechnet ihnen sei beim aktuell wichtigsten Thema im Land der Zugang direkt an die Quelle der Informationen verwehrt.
Zwar ist es auch für regionale Zeitungen wie die unsere grundsätzlich möglich, Interviewanfragen zu deponieren oder einzelne Fragen durch die Kommunikationsdienste im Bundeshaus beantworten zu lassen. Doch «die Musik» spielt anderswo: Dort, wo der Bundesrat und Konsorten regelmässig ihre Erkenntnisse und Schlussfolgerungen und Massnahmen verkünden und eine direkte Reaktionsmöglichkeit darauf besteht.
Das ist, wie viele Reaktionen in den sozialen Medien zeigen, auch der Wunsch der Leserschaft. Diese beobachtet verwundert, wie Regierung und Behörden in Medienkonferenzen mit Samthandschuhen angefasst werden. Kritische Fragen bleiben aus, präsentierte Zahlen werden nicht hinterfragt. Ein grosser Teil der Bevölkerung fühlt sich durch die anwesenden Journalisten nicht vertreten. Weil die Zweifel der Menschen nicht bis vor die entscheidenden Gremien durchdringt.
Und das wird so bleiben. Der Nationalrat hat es diskussionslos überdeutlich gemacht, dass er keinen Handlungsbedarf sieht. Nach wie vor sollen nur akkreditierte Bundeshausmedien, die vor der Krise genau so wenig mit Corona zu tun hatten wie jeder andere Medienschaffende, vor Ort direkt durch Fragen und Anmerkungen Einfluss nehmen können.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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