Das geplante Asylzentrum Sonneblick in Walzenhausen ist nicht bei allen willkommen. Nach einem Urteil des Bundesgerichts soll es nun aber damit vorwärts gehen. Die Bevölkerung wird an einem Anlass über Details informiert. Allerdings erst in über zwei Monaten.
Die Vorgeschichte ist lang. Vor fünf Jahren evaluierte das zuständige Ausserrhoder Departement mehrere Objekte im Kanton, die für die Schaffung eines Asylzentrums geeignet sein könnten. Grund war der damalige rasche Anstieg an Asylbewerbern. Schon damals, 2015, hiess das offizielle Ergebnis: Der «Sonneblick» in Walzenhausen erfüllt punkto Lage und Gebäulichkeiten die Kriterien am besten. Ein Jahr später unterzeichnete der Kanton mit der Eigentümerin, einer Stiftung, einen Zehn-Jahres-Mietvertrag.
Damit war das Ganze aber noch nicht gegessen. Denn die baurechtliche Seite musste für die «Umwandlung» in ein Asylzentrum gegeben sein - und es gab die Möglichkeit zur Einsprache dagegen. Solche kamen dann auch. Zudem war es keine reine Ausserrhoder Angelegenheit, St.Gallen wollte sich anschliessen. Es folgte eine entsprechende Vereinbarung.
Und die Gemeinde Walzenhausen stellte sich quer. Sie trat 2017 in einen schriftlichen Dialog mit dem Kanton, und die Baukommission lehnte die Umwandlung in ein Asylzentrum ab. Dagegen wiederum rekurrierten der Kanton und die Stiftung als Besitzerin. Was hiess, dass die nächste Instanz entscheiden musste, das Bau- und Umweltdepartement.
Und diese warf das Urteil der Baukommission über den Haufen und machte damit den Weg fürs Asylzentrum wieder frei. Theoretisch wenigstens, denn die andere Seite schluckte diese Entscheidung nicht und wandte sich ans Obergericht. Parallel dazu sprach die Ausserrhoder Regierung plötzlich von einem alternativen Standort in Herisau. Das Obergericht wiederum stellte ebenfalls fest, die Umwandlung sei rechtens. Was wiederum zwei Anwohner dazu brachte, sich ans Bundesgericht zu wenden. Dieses hat im vergangenen April im Sinn des Kantons entschieden: Der Sonneblick kann zum Asylzentrum werden. Zwischenzeitlich wurden noch die Mietmodalitäten angepasst beziehungsweise massiv flexibilisiert.
Womit wir in der Gegenwart wären. Laut dem zuständigen Departement «laufen die Vorbereitungsarbeiten für die zeitgerechte Eröffnung», nun, da die Bahn frei ist. Oder fast, die Gemeinde Walzenhausen muss noch die Baubewilligung erteilen, aber nach dem Urteil des höchsten Gerichts ist das eine Formsache.
Was nun noch aussteht: Auch die breite Bevölkerung muss für das Ganze gewonnen werden. Am 19. November 2020 findet nun für die Bevölkerung ein Informationsanlass im Mehrzweckgebäude Walzenhausen statt. Dabei wird der Betrieb, das Betreuungs- und Beschäftigungsprogramm sowie das Sicherheitskonzept vorgestellt. Der Bevölkerung werde die Gelegenheit geboten, Fragen an die Verantwortlichen zu richten und die künftige Leiterin des Zentrums, Ines Hausser, kennenzulernen, heisst es in einer Mitteilung. Sie hat langjährige Erfahrung im Asyl- und Flüchtlingsbereich und ist derzeit im Leitungsteam eines Zentrums des Kantons St.Gallen tätig. Im Sonneblick soll ein bereits eingespieltes Team von Mitarbeitenden des Zentrums Landegg seine Arbeit fortsetzen.
Die Stimmung am öffentlichen Anlass dürfte nicht ganz entspannt sein. Dass sich nicht alle mit dem Urteil des Bundesgerichts abfinden können, wurde klar, als kürzlich jemand am Gebäude des Sonneblick einen Brand verursachen wollte. Das kann natürlich Zufall sein. Aber es ist unwahrscheinlich.
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