Über den Autor
Stefan Millius
Stefan Millius (*1972) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz». Seine Stationen führten über das «Neue Wiler Tagblatt», Radio aktuell, die ehemalige Tageszeitung «Die Ostschweiz» zum «Blick».
Stefan Millius (*1972) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz». Seine Stationen führten über das «Neue Wiler Tagblatt», Radio aktuell, die ehemalige Tageszeitung «Die Ostschweiz» zum «Blick».
Alle sprechen von der berühmten Nacht vor der Bundesratswahl. Hier sollen angeblich letzte Entscheidungen fallen und Komplotte geschmiedet werden. Unser Protokoll dieser Nacht - wir haben es schon, bevor sie beginnt - zeigt ein anderes Bild.
Die Wandelhalle im Bundeshaus: Bei Bundesratswahlen herrscht hier etwas mehr Betrieb.
Der Sessionstag vor dem Tag der Bundesratswahl verläuft unspektakulär. Keine einzige Wortmeldung, alle Anträge werden einstimmig abgesegnet. Kein Wunder: Die Parlamentarier sind in Gedanken bereits bei morgen. Ein bisschen wie in einer Primarschule am Tag vor dem Ausflug ins Verkehrshaus - keiner kann sich auf das konzentrieren, was gerade ansteht.
Und endlich ist es soweit: Die National- und Ständeräte werden in den Feierabend entlassen. Die «Nacht der langen Messer» beginnt. Und das geschieht im Einzelnen.
18.00 Uhr
Die Fraktionen gehen geschlossen zum Abendessen. Ausser der SVP. Die versammelt sich in ihrem Fraktionszimmer. Unter der Leitung eines Germanisten gehen alle Parlamentarier noch einmal die korrekte Schreibweise der Bundesratskandidaten durch. Man will nicht riskieren, dass eine Wahl aufgrund eines Schreibfehlers falsch verläuft. Eine runde Stunde lang wird an «Heidi Z’graggen» geübt. Mehrere Nationalräte wollen wissen, ob «Karin Keller» denn nicht reiche, ohne das «Sutter». Die St.Galler Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder hält eine flammende Rede zugunsten des Doppelnamens. Die ersten Mägen knurren. Man verzichtet daher darauf, auch «Hans Wicki» zu üben.
Wen man wählt, hat man in allen Fraktionen längst vereinbart.
19.30 Uhr:
Die Fraktionen ziehen in die verschiedenen Bars rund ums Bundeshaus . Es wird feucht-heiter. Walter Müller (FDP, SG), der angekündigt hat, 2019 nicht mehr anzutreten, sondert sich von den anderen ab. Er schreibt auf einer Serviette einen Rücktritt vom Rücktritt an seine Partei, weil er nun doch bei der nächsten Bundesratswahl wieder dabei sein will.
Mehrere Parlamentarier umringen Toni Brunner (SVP, SG). Sie wollen wissen, wie man das schafft, ein Buch mit dem eigenen Namen zu kriegen. Hansjörg Brunner (FDP, TG) will auch eines. Man erklärt ihm, dafür müsse er länger als ein Jahr im Nationalrat sein, ansonsten reiche es nur für einen Flyer.
Barbara Gysi (SP, SG) erklärt ihren Fraktionskollegen, dass sie «leer» wählen wird. Nachdem sie am letzten Samstag nicht Präsidentin des Gewerkschaftsbundes geworden ist, hat sie keine Lust, jemand anderem ein Ämtli zu verschaffen.
21.30 Uhr
Die Fraktionen beginnen sich zu vermischen. Mike Egger (SVP, SG) stösst in einer Bar dazu und entschuldigt sich für die Verspätung, er hatte bei der Arbeit nicht frei bekommen. Die anderen teilen ihm mit, dass Toni Brunner immer noch im Amt ist und er dieses Mal noch nicht mitmachen kann. Barbara Gysi bietet ihm seinen Platz an, da sie ja sowieso nicht wählen will.
Es wird getrunken.
22.30 Uhr
Thomas Müller (SVP, SG) schlägt vor, anstelle eines CVP-Kandidaten Christoph Blocher zu wählen. Claudia Friedl (SP, SG) bringt die Idee ins Spiel, statt Karin Keller-Sutter Eveline Widmer-Schlumpf zu wählen. Beides stösst nicht auf Anklang. Man befürchtet, dass im schlimmsten Fall beide gleichzeitig in den Bundesrat gewählt werden. Das wäre zwar lustig, aber nicht besonders effektiv für das Land, so eine Mehrheitsmeinung.
David Zuberbühler (SVP, AR) und Lukas Reimann (SVP, SG) sondern sich ab, landen in einer Karaokebar und holen mit «Last Christmas» im Duett den zweiten Platz. Das aber auch nur, weil Paul Rechsteiner (SP, SG) bereits vor ihnen dort war und den Sieg mit dem Kampflied «Die Internationale» erringt.
23.30 Uhr
Erstmals an diesem Abend taucht da und dort die Frage auf, wo eigentlich die Bundesratskandidaten sind. Diese haben sich zu Vorbereitungen bereits ins Hotel zurückgezogen. Hans Wicki (FDP, LU) feilt an seiner Lobesrede für Karin Keller-Sutter, die er nach seiner Wahlniederlage halten will. Heidi Z'graggen hat sich einen «Duden der Schimpfwörter» besorgt, um herauszufinden, welche Wörter in einer allfälligen Dankesrede nicht opportun sind - «Depp» befindet sich übrigens darunter. Viola Amherd spricht mit ihrer Heimatstadt Brig die Zusammenstellung des Wahlfeier-Menüs ab. Und Karin Keller-Sutter telefoniert mit ihrem Hund Picasso, weil sein Bellen ihre Nerven beruhigt.
00.30 Uhr
Einige SVP-Parlamentarier bringen den Kollegen aus anderen Parteien die richtige Schreibweise von Heidi Z'graggen bei. Bei den letzten Versuchen befinden sich etwa elf «G» im Namen. Da es phonetisch keinen Unterschied macht, sollte man damit im Stimmbüro durchkommen.
Nicolo Paganini (CVP, SG) versucht den ebenfalls anwesenden Bundeskanzler davon zu überzeugen, dass die nächste Bundesratswahl in der Olma-Halle stattfinden soll. Die Akustik sei besser, und man sollte auch mal die Ostschweiz berücksichtigen.
Marcel Dobler (FDP, SG) zieht mit einem Bestellformular von Bar zu Bar und versucht, seinen Parlamentskollegen einige Produkte von Franz Carl Weber zu verkaufen, immerhin ist bald Weihnachten.
Markus Ritter (CVP, SG) gerät in einen Streit mit einem Barbetreiber, der «Williams» mit Birnen verkauft, die nicht aus der Schweiz stammen. Toni Brunner (SVP, SG) kommt ihm zu Hilfe. Bevor es ausartet, geht Walter Müller dazwischen. Er braucht dringend eine zweite Serviette für sein Rücktritt-vom-Rücktritt-Schreiben.
Andrea Caroni (FDP, AR) erklärt am Tresen, wie sich die Wahl des Bundesrats durch die Jahrzehnte juristisch betrachtet verändert hat. Sehr schnell herrscht Aufbruchstimmung.
01.30 Uhr
Die Parlamentarier gehen zu Bett, man muss früh raus. Vor allem die SVP, sie hat vor Beginn des Sessionstags noch einen Auffrischkurs zur Namensschreibung. Diverse Parlamentarier aus allen Parteien wissen im Moment allerdings ohnehin nicht mehr, wer alles kandidiert, andere wissen nicht, was morgen eigentlich ansteht, und eine dritte Gruppe weiss nicht, wo sie sich befindet.
Das war sie, die Nacht der langen Gläser.
Es ist das letzte Wochenende vor den Bundesratswahlen. Die neusten Umfragen dürften Keller-Sutter freuen.
Bei einer Wahl von Karin Keller-Sutter in den Bundesrat feiert auch Wil «seine» Politikerin. Nun vermeldet auch Jonschwil seine Ansprüche.
Europa? Asyl? Steuern? Klimawandel? - Unsinn. Die Schweiz hat wichtigere Themen. Zum Beispiel eine Zahnlücke.
Die FDP schickt für die Bundesratswahlen vom 5. Dezember Ständerätin Karin Keller-Sutter und Ständerat Hans Wicki ins Rennen. Die Ostschweizerin gilt als Favoritin, was bei der Besetzung dieses Amtes durchaus ein Nachteil sein kann.
Heute entscheidet die Fraktion der FDP.Die Liberalen in der Bundesversammlung, wen sie ins Rennen für die Ersatzwahlen in den Bundesrat schickt. Stünde die Wilerin Karin Keller-Sutter nicht auf dem Ticket, wäre das eine grosse Überraschung. Wirklich spannend wird es erst am 5. Dezember.
Sie wollen in den Bundesrat. Aber auf dem Weg dorthin möchten sie nur über Themen sprechen, die ihnen genehm sind. In einer Umfrage verweigern drei FDP-Kandidaten jede Antwort auf eine Frage, die nicht direkt die politische Arbeit betrifft. Das ist ganz schön volksfern - und nicht sehr schlau.
Dass die St.Galler Ständerätin Karin Keller-Sutter nun die nächste Hürde Richtung Bundesrat genommen hat, gefällt nicht allen. Die Rede ist von Lesern, die sich online Luft verschaffen - mal ernsthaft, mal leicht bizarr, meist aber sehr unterhaltend.
Die Grünen fordern: Job-Sharing im Bundesrat. Wir zeigen exklusiv alle Vorteile dieses Modells.
Karin Keller-Sutter über Rückschläge in ihrem Leben, die schmerzliche Niederlage vor acht Jahren und ihre politische Stossrichtung als künftige Bundesrätin.
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