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Mediensubventionen

Guter Millionär, böser Millionär

Wer viel Geld hat und sich gegen Mediensubventionen einsetzt, steht ganz weit rechts – oder schlimmer. Wer viel Geld hat und die Steuerzahler noch für sich bezahlen lassen will, ist hingegen ein «guter Reicher». Die Debatte wird seltsam.

Stefan Millius am 06. Oktober 2021

Finden Sie, dass die grossen Verlagshäuser in der Schweiz nicht mit noch mehr Steuergeldern für ihre Arbeit belohnt werden sollen? Dann sind Sie zumindest in der Nähe des Faschismus angelangt. Das finden einige Befürworter der vorgesehenen Mediensubventionen, über die wir im Februar 2022 abstimmen werden. Das ist nicht mal übertrieben formuliert, es wird direkt so vermittelt.

Denn wer das Referendum gegen die erwähnten Subventionen unterstützt, ist in richtig schlechter Gesellschaft. In dieser Gruppe befinden sich laut den Subventionsjägern auch jede Menge «Rechte». Es ist ein weiter Weg von «rechts» zu Faschismus, aber er lässt sich mit einigen Worten zurücklegen.

Zunächst die grundsätzliche Überlegung: Wer alles auch noch für etwas einsteht, sollte bei der Beurteilung einer politischen Frage keine Rolle spielen. Wir erinnern uns an die Abstimmung über die Frage, ob der 1. August zum offiziellen Feiertag erhoben werden soll. Das Anliegen wurde vor allem von den «Schweizer Demokraten» vertreten, einer rechtsnationalen Partei. Viele Linke wollten die Initiative deshalb nicht mittragen, obschon sie inhaltlich nichts einzuwenden hatten. Es waren eben die «Falschen», die dasselbe wollten.

Wenn nun der «Verein für Demokratie und Medienvielfalt» in Bezug auf die Mediensubventionen lamentiert, das Referendum werde von «libertären Multmillionären und ihren ganz rechten Helfershelfern» mitgetragen, eröffnet das – neben Kopfschütteln – einige Fragen. Zunächst: Sollten Millionen auf dem Konto (oder eher in Firmen) zum Ausschluss aus dem politischen Entscheidungsprozess führen? Wer oder was ist «ganz rechts» und warum wird der Ausdruck diffamierend verwendet? Ist es verboten, rechts der Mitte zu stehen, solange man sich auf dem Fundament der Verfassung bewegt? Und wie kann man die inhaltslose Hülle von «ganz rechts» kurzerhand zu «Faschismus» befördern?

Verlage, die es nicht geschafft haben, die digitale Entwicklung für ihr eigenes Geschäftsmodell zu nützen, die zu lange an alten Zöpfen hingen und die deshalb heute kein funktionierendes Kerngeschäft haben, mit Steuergeldern zu stützen, ist ein Unding. Man muss nicht «rechts» sein, um das zu finden. Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Sie entzieht sich der üblichen ideologischen Trennung.

Zumal die bewussten Verlage nach wie vor viel Geld verdienen. Die Leidenschaft, mit der Millionäre wie die Besitzer dieser Verlage von links unterstützt werden, ist erstaunlich. Man lebt in einem Schloss, man besitzt eine Yacht – und darf staunend zusehen, wie sich Linke mit einem solidarisieren. Es scheint verschiedene Arten von Millionären zu geben. Diejenigen, die gegen Mediensubventionen sind, sind böse Millionäre, die schwerreichen Verleger vertreten offenbar das Gute.

Inkonsequenz ist sowieso ein Merkmal der ganzen Sache. Sprechen Kritiker der Coronamassnahmen von «Faschismus» in Bezug auf Zertifikatspflicht oder indirekten Impfzwang, wird ihnen vorgehalten, den Faschismus zu verharmlosen, der Vergleich sei unhaltbar. Das kann man durchaus so sehen, historische Vergleiche sind immer schwierig. Wieso dieselben Kreise dann aber umgekehrt jeden zum Nazi machen dürfen, der sich gegen Mediensubventionen wendet, ist ein Rätsel.

Es wird im Februar 2022 um eine ziemlich simple Sachfrage gehen: Soll der Bund ein umfangreiches Paket als Unterstützung für Verlage schnüren, denen es unterm Strich sehr gut geht und die als Teil des freien Markts selbst für ihr Heil sorgen müssen? Die Hysterie, die diese Frage bei den Subventionsanhängern verursacht, ist massiv. Wer schon Monate vor dem Urnengang die Faschismuskeule auspacken muss (die zudem völlig abwegig ist), hat keine Argumente.

Aber wenn man schon Millionäre gegeneinander ausspielen möchte, kann man das gern tun. Es gibt Millionäre, die dafür einstehen, dass der Steuerzahler mit seinem hart verdienten Geld keine Millionäre unterstützen muss. Und es gibt Millionäre, die die Steuerzahler für ihren Lebensstil bezahlen lassen wollen. Wenn man wirklich gut und böse trennen will, ist das also eine ziemlich einfache Sache.

Transparenz: Der Autor ist Mitglied des Referendumskomitees «Staatsmedien Nein» und definitiv kein Millionär.

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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